Gelesen von Reinhold Werner



Auszug aus dem Langener Wochenblatt Nr. 8 vom 29.Januar 1898

Der Brunnen im Langener Stadtwalde


In früherer Zeit, zu welcher die Stallfütterung namentlich des Rindviehs noch nicht eingeführt war, wurde dieses bei unseren Vorfahren den größten Theil des Jahres über auf die Weide getrieben. Diese bestand aus der Wald- und Wiesenweide, welche letztere in Vor- und Nachweide unterschieden wurde. Die Nachweide fand nach der Grummet-Ernte, die Vorweide im Frühjahr bis längstens 1. Mai statt. Von da an trieb man die Herden in die Wälder, wozu die Gemeinde Langen und mehrere Nachbargemeinden nicht nur in der Koberstadt und Mitteldick, sondern auch im Frankfurter Wald berechtigt waren…

Der Langener und Egelsbacher Wald bildete bis zum Jahre 1732 eine Markwaldung. Diese lieferte mit ihren Riesen-Eichen und Buchen nicht nur eine vorzügliche Mast, sondern auch der vielen Lichtungen wegen, den ganzen Sommer über für die Herden beider Gemeinden genügend Grasweide….

Zur Tränkung des Viehs dienten mehrere Tümpel oder s.g. Seelöcher, die im Wald verstreut lagen. In manchen Sommern trockneten dieselben aber aus. Auch mangelt es an einer Quelle mit trinkbarem Wasser für die Hirten. Man sah sich daher veranlasst, einen Brunnen zu graben. Dies geschah im Jahr 1719 und zwar an einer Stelle, welche damals, weil der Sage nach, daselbst die Leiche eines unbekannten Mannes gefunden worden war, „am toten Mann“ genannt wurde und nächst der Mitteldicker Allee zwischen der Steingrund- und der Brunnenschneise sich befindet Dieser Brunnen, von denen noch eine geringe Vertiefung sichtbar war und im vergangenen Jahr wiederhergestellt worden ist, hatte eine Tiefe von 13 Metern. Ursprünglich war er mit einem Schwengel und einem 3 Schuh langen Troge versehen, von welchem beim Ausputzen Teile in der Tiefe gefunden worden sind…
Zu den Kosten des Brunnens hatte die Gemeinde Langen 2/3, Egelsbach 1/3 beizutragen.

Als der Brunnen fertig war und zum ersten male Wasser gezogen wurde, versammelten sich die Schultheißen und Bürgermeister von Langen und Egelsbach und die Märker, Förster und die Gemeindeleute sowie die Maurer und Gesellen zu einem Umtrunk mit Brod, Käs, Wein und Schnaps.