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Die
Jagd war
von alters her ein Privileg der Landesherren. Auch die hessischen
Landgrafen galten
als begeisterte Jäger. Sie besaßen um Darmstadt
herum ausgedehnte Wälder, in
denen sie ihrer Leidenschaft nachgehen konnten. Ihr Jagdgebiet umfasste
in der
Landschaft Dreieich westlich dieser Grenzlinie den Forst Mitteldick und
die
Koberstadt weiter im Süden. Ernst-Ludwig von Hessen-Darmstadt
regierte die
Landgrafschaft von 1678 bis 1739. In dieser Zeit ließ er in
und um Darmstadt
repräsentative Gebäude errichten, z.B. das Schloss
Wolfsgarten und das
Jagdschloss Mönchbruch. Die Jagd war damals ein
großes höfisches Ereignis. In
aufwändiger Vorarbeit trieben die Jagdgehilfen das Wild in
einen umstellten
Raum und dann durch einen mit Jagdtüchern, den
„Lappen“, eingegrenzten „Lauf“
der Jagdgesellschaft zum Abschuss zu.
Die
Jagdmethode der Parforcejagd kam im 18. Jahrhundert von Frankreich nach
Deutschland. Ein vorher ausgewählter Hirsch wurde mit einer
Hundemeute so lange
durch Wald und Flur gehetzt, bis die Hunde ihn stellten. Der Jagdherr
oder dessen
Ehrengast gab ihm dann den Fangschuss. Ludwig VIII., der von 1739 bis
1768 die
Landgrafschaft Hessen-Darmstadt regierte, war ein besonders eifriger
Anhänger
dieser Jagdmethode. Am 30. Juni 1742 fand im Mitteldicker Wald eine
Parforcejagd statt, an der auch Kaiser Karl VII. teilnahm, der zu
dieser Zeit in
Frankfurt residierende. An der Stelle, an der der Regent den Hirsch
schoss,
setzte man einen Gedenkstein: den Kaiserstein. Dort steht heute eine
Replik.
Nur unweit entfernt erinnert ein weiterer Kaiserstein - diesmal ein
Original -
an eine andere Parforcejagd, auf der der Kaiser einen gehetzten Hirsch
ebenfalls
erlegte.
Der
Darmstädter
Jagdlandgraf Ludwig VIII. ruinierte mit seiner luxuriösen
Hofhaltung und seiner
mit großem Aufwand betriebenen Jagdleidenschaft beinahe die
Staatsfinanzen. So
ließ er sich zum Beispiel mit einer Kutsche, die sechs
weiße Hirsche zogen, von
Darmstadt nach Kranichstein bringen. Bei seinem Tod im Jahr 1768
hinterließ er einen
hohen Schuldenberg. Sein Sohn und Nachfolger Ludwig IX. beendete als
eine
seiner ersten Amtshandlungen die Parforcejagd. Bei seinen Untertanen
wird das
wohl mit großer Erleichterung aufgenommen worden sein, denn
bei dieser Art des
Jagens nahmen die adeligen Herren bei ihrem wilden Treiben keine
Rücksicht z.B.
auf frisch eingesäte Felder. Darüber hinaus waren die
damals noch leibeigenen
Bauern neben vielen anderen Diensten auch als Treiber und Jagdgehilfen
zwangsverpflichtet.
Ludwig
IX.
entwickelte allerdings eine andere kostspielige Leidenschaft,
nämlich die für
das Militärwesen. Die Staatsgelder wurden jetzt
übermäßig in Soldaten, Waffen
und Garnisonen investiert. Dies ist aber Thema an einem anderen Stein.
Text: Wilhelm Ott, Sprecherin: Kim Bagus, Intro: Ulrich Fogel
Literatur:
R.v.
Hessen, Die Hessens, 2016