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Als 1783
dieser Stein gesetzt wurde, regierte auf der westlichen Seite dieser Grenze Landgraf
Ludwig IX. Er wurde 1719 in Darmstadt geboren. Er hatte ein Faible für das
Militärwesen und tat Dienst in verschiedenen Armeen. 1768 folgte er seinem
Vater Ludwig VIII. als Landgraf von Hessen Darmstadt nach. Die von seinem Vorgänger
exzessiv betriebene und die Bevölkerung belastende Parforce-Jagd schaffte er ab
und versuchte, das Land nach preußischem Vorbild zu reformieren. Wie auch in
Preußen wurde viel Geld in das Militärwesen investiert. Der Landgraf verbrachte
den Großteil seiner Zeit in seiner Garnisonsstadt Pirmasens. In Darmstadt
besorgte seine Ehefrau, die „Große Landgräfin“ Henriette Karoline, die
Regierungsgeschäfte. Sie war eine kluge Frau und besaß freundschaftliche
Beziehungen zu vielen Geistesgrößen jener Zeit.
Nach dem Tod
Ludwigs IX. übernahm 1790 sein Sohn als Landgraf Ludwig X. die Regierung. Diese
fiel in die turbulente und kriegerische Zeit der Koalitionskriege zwischen den
europäischen Monarchien und dem revolutionären Frankreich. Mit dem Sieg der
französischen Armee im Ersten Koalitionskrieg wurde der Rhein 1797 Frankreichs
Ostgrenze.Hessen-Darmstadt verlor dabei Gebiete im
Elsass, die erst1736 als Erbe aus der Grafschaft Hanau-Lichtenberg an die
Landgrafschaft gefallen waren. Um die linksrheinischen Verluste der deutschen
Fürsten und Grafen zu kompensieren, säkularisierten Kaiser und Reich 1803 durch
ein Reichsgesetz, den sog. Reichsdeputationshauptschluss, kirchliche
Besitzungen und ordneten sie weltlichen Territorien zu. Unter den
beträchtlichen Zugewinnen der Landgrafschaft Hessen Darmstadt befanden sich auch
die kurmainzischen Besitzungen im Osten des heutigen
Landkreises Offenbach.
1806 sagten
sich unter dem Druck Napoleons 16 kleinere und mittlere Territorien vom
Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation los und gründeten den Rheinbund. Die
Rheinbundstaaten, unter ihnen die Landgrafschaft Hessen Darmstadt, bildeten
eine Allianz mit Napoleon und verpflichteten sich, ihm im Kriegsfall Soldaten
zu stellen. Der Übertritt auf die Seite Napoleons brachte der Landgrafschaft
Hessen-Darmstadt die der Erhebung zum Großherzogtum Hessen und weitere territorialen
Gewinne ein. Ludwig X. trug nun den Titel Großherzog Ludewig I. Hessische
Soldaten kämpften in der Folgezeit auf Seiten Frankreichs unter hohen Verlusten
auf den verschiedensten Schlachtfeldern. Nach der französischen Niederlage in
der Völkerschlacht bei Leipzig wechselte das Großherzogtum Hessen als letzter
Rheinbundstaat die Seiten und kämpfte seitdem wieder gegen Frankreich. Mit der Gründung
des Deutschen Bunds und der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1814/1815
musste das Großherzogtum Hessen einige Gebiete abtreten, gewann aber mit dem
linksrheinischen, seitdem so genannten Rheinhessen und dem Fürstentum Isenburg
weitere bedeutende Gebiete hinzu. Der Großherzog konnte sich danach Ludewig I.
von Hessen und bei Rhein nennen. Mit der Übernahme des Fürstentums Isenburg
durch Hessen-Darmstadt verlor die Grenze, mit der diese Steine 1783 markiert
wurden, ihre politische Bedeutung.
Text: Wilhelm Ott, Sprecherin: Kim Bagus, Intro: Ulrich Fogel
Literatur: M. Knodt, Die Regenten von Hessen-Darmstadt, 1976