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Nach der
Niederlage Napoleons in den Kriegen gegen die alliierten europäischen
Monarchien verhandelten die Sieger 1814/15 auf dem Wiener Kongress über die
Neuordnung Europas. Viele Forderungen, Ansprüche und Interessen prallten dort
aufeinander. Dabei gab es Gewinner und Verlierer. Zu den Verlierern gehörte das
Fürstentum Isenburg, denn der im französischen Militärdienst stehende Fürst
Carl hatte nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 zu spät die Seiten
gewechselt. Das Fürstentum Isenburg wurde von alliierten Truppen besetzt und
kam 1813 vorübergehend in die Verwaltung eines Generalgouvernements mit Sitz in
Frankfurt.
In Wien
kämpfte die Gattin des geflohenen Carl, Fürstin Charlotte, entschlossen für die
Wiederherstellung der Isenburgischen Landesherrschaft. Sie stieß dabei auf das Wohlwollen
einiger Abgesandter. Allerdings lag der Erhalt des Fürstentums Isenburg nicht
im Interesse der damaligen Großmächte Bayern und Österreich. Diese verhandelten
über den Tausch von Gebieten, um ihre Territorien abzurunden. Österreich war
daran interessiert, die damals bayerischen Gebiete, insbesondere Tirol,
Vorarlberg und Salzburg, zu übernehmen. Dafür sollte dem Königreich Bayern
unter anderem das Fürstentum Isenburg angeboten werden. Bayern hatte seine Grenzen mit dem Erwerb der
Fürstbistümer Bamberg, Würzburg und Teilen des Kurfürstentums Mainz erheblich
erweitert. In einem Geheimvertrag zwischen beiden Staaten vom 3. Juni 1814 sagte
Österreich Bayern das Rhein-Main-Gebiet inklusive der Festung Mainz zu. Damit
sollte eine Landbrücke zwischen Unterfranken und der bayerischen Pfalz
geschaffen werden.
Die von
Bayern und Österreich geschmiedeten Pläne konnten jedoch nicht realisiert
werden. Zum einen protestierte der hessische Großherzog Ludewig I. mit russischer
Unterstützung energisch gegen die bayerischen Annexionsgelüste. Zum anderen sollte
Frankfurt als Hauptstadt des zukünftigen Deutschen Bundes als Freie Stadt unabhängig
bleiben. Österreich hatte danach kein Interesse mehr an dem Isenburger Territorium
als Tauschobjekt. 1815 wurde dieses übergangsweise der österreichischen
Souveränität unterstellt, dann aber 1816 zwischen dem Großherzogtum Hessen und
Kurhessen aufgeteilt. Seitdem sind die Neu-Isenburger, Sprendlinger,
Dreieichenhainer, Götzenhainer und Offenthaler hessische Bürger.
Es ist reizvoll, darüber nachzudenken, was wäre, wenn der bayerische Plan aufgegangen wäre und die Landschaft Dreieich heute von München aus regiert würde. Weißbier statt Äppelwoi? Weißwürste statt Frankfurter Würstchen?
Text: Wilhelm Ott, Sprecherin: Kim Bagus, Intro: Ulrich Fogel
Literatur: M.
Mayer, Die Geschichte der Mediatisirung des Fürstentums Isenburg, 1891