Leben und Karriere
Hier erfahren Sie etwas über das Leben von Henri Vieuxtemps. Wir zitieren auszugsweise über seine ersten Lebensjahre aus der Niederheinischen Musikzeitung aus dem Jahr 1857:Henri Vieuxtemps ist zu Verviers in Belgien am 17. Februar 1820 geboren. Sein Vater, ein Arbeiter in einer Tuchfabrik, war Liebhaber der Musik und spielte abends auf seiner Geige. Mit dieser Geige hantierte denn auch der kleine Knabe Henri am liebsten, sie war sein einziges Spielwerk; ja, er machte mit seinem künftigen Instrumente buchstäblich genommen schon in der Wiege Bekanntschaft. Wenn seine Mutter ihn nicht still bekommen konnte und doch nach der Küche sehen musste, so gab sie ihm die Violine auf sein Belieben, er krabbelte mit den Händchen darauf herum, und die Thränen waren verschwunden. Noch augenblicklicher schmerzstillend wirkten aber vollends auf ihn die Töne, wenn der Vater die Sailen anstrich. So kam es denn wie von selbst, dass man ihm schon in seinem dritten Jahre Instrument und Bogen in die Hände gab, und vier und ein halbes Jahr alt spielte er schon recht artig nach Noten.
Soweit das Zitat. Der folgende Text basiert auf einer Veröffentlichung von Gernot Schmidt
Die musikalische Erziehung übernahm dann der angesehene Lehrer und tüchtige Geiger Joseph Lecloux aus Verviers. Als Sechsjähriger trat Vieuxtemps 1826 erstmals öffentlich als Solist auf und bereits 1827 folgte seine erste Konzertreise, auf der ihn sein Vater und sein Lehrer Joseph Lecloux begleiteten. Bei einem Auftritt in Amsterdam hörte ihn der Violinist Charles de Beriot und übernahm seine weitere Ausbildung, zunächst in Brüssel (1828), später in Paris (Ende 1828) und 1831 wieder in Brüssel. Die zweite Kunstreise mit seinem Vater führte ihn im Jahre 1833 nach Deutschland. In Frankfurt am Main stellte er sich im „Hotel Weidenbusch“ zum ersten Mal dem deutschen Publikum vor. Auch in Wien feierte er große Erfolge. In Leipzig erntete er das Lob Robert Schumanns, der ihn mit Niccolo Paganini verglich. Noch im selben Jahr lernte Vieuxtemps den berühmten Virtuosen in London persönlich kennen. In Paris studierte er dann Kompositionstechniken.
1838 reiste Vieuxtemps als 18 jähriger erstmals nach Russland. In den folgenden Jahren trat Vieuxtemps in vielen europäischen Städten als Konzertsolist auf, auch mit eigenen Kompositionen. Im Jahre 1843 brach er zum ersten Mal zu einer Tournee in die Neue Welt auf. Auf dieser Reise begleitete ihn die Wiener Pianistin Josephine Eder. Erst nach der Rückkehr in die Heimat im Jahre 1844 wurde sie seine Frau, die Hochzeit war in Frankfurt am Main. Im Verlauf ihrer gemeinsamen Konzerte in Amerika trat sie als seine Schwester auf und wurde daher als „Josephine Vieuxtemps“ angekündigt: „Seine Schwester, eine schöne Blondine, die ihm gar nicht ähnlich sieht, geht mit ihm auf Tournee und begleitet ihn am Flügel“, so schrieb eine New Yorker Tageszeitung im Jahre 1844. Beide Künstler befürchteten offenbar, dass die „prüden“ Amerikaner die Konzerte eines unverheirateten Paares weniger oder gar nicht besuchen könnten. Im Jahre 1846 ging er als Erster Geiger nach St. Petersburg an den Hof des Zaren Nikolaus I. Er entschloss sich 1852 nach Westeuropa zurückzukehren.
Auf seine Dreieichenhainer Zeit zwischen 1855 und 1864 kommen wir später zu sprechen.
Wegen der sich verschlechternden politischen Verhältnisse in Deutschland zog er Ende 1864 zunächst für drei Jahre nach Frankfurt, dann übersiedelte er nach Paris, wo er seine internationale Karriere weiter ausbaute. Am 20. Juni 1868 starb seine Frau an der Cholera.. Er kehrte dann 1871 wieder nach Brüssel zurück und gab aber auch weiterhin Konzerte. 1873 erlitt Vieuxtemps einen Schlaganfall, durch den seine linke Körperhälfte und besonders sein linker Arm gelähmt blieben. Trotz seiner Behinderung war ihm das Komponieren nach wie vor möglich und mit der Zeit konnte er sich auch wieder kammermusikalisch betätigen, jedenfalls in privatem Rahmen.
Im Jahre 1879 zog er, nachdem eine erfolgreiche Fortsetzung seiner Karriere sich endgültig als aussichtslos herausgestellt hatte, zu seiner Tochter Julie und seinem Schwiegersohn nach Algerien. Dort setzte er zwar seine kompositorische Arbeit fort, litt aber sehr darunter, dass er seine Arbeiten nicht mehr selbst spielen konnte und es sich auch keine Aufführungsgelegenheiten mehr ergaben. Er starb am 6. Juni 1881 in Mustapha/Algerien.
Vieuxtemps war ohne Zweifel einer der größten Geigenvirtuosen seiner Zeit. ln seiner Kunst vereinigten sich technische Vollendung und hohe Musikalität.
Hier der Eintrag über Henri Vieuxtemps in Wikipedia