Ysenburg - Hanau Lichtenbergische Grenzsteine
Die Grenzline, über die hier berichtet werden soll, liegt im Koberstädter Wald südlich von Dreieichenhain. Sie verläuft von der Langener/Offenthaler Straße/Im Haag in der Nähe der Dreieichenhainer Sportanlagen über die B 486 (Straße Langen - Offenthal) und südlich davon weiter entlang der Grenzschneise bis zum Rutschbach. Diese Grenze schied die Territorien der Grafschaften Ysenburg und Hanau Lichtenberg. Sie können -->hier gleich zu unserer Grenzsteintour springen, ohne sich mit Details aufzuhalten.
Die Entwicklung der Territorialherrschaften in der Landschaft Dreieich ist sehr komplex: Nachdem die Hagen-Münzenberger Linie 1255 "im Mannesstamme" ausgestorben war, kam es zur Erbteilung, bei der das Haus Hanau 1/6 des Besitzes erhielt. Das Haus Falkenstein konnte in der Folgezeit die restlichen Teile 5/6 aufkaufen, die nach dem Aussterben der Linie an das Haus Ysenburg gingen. Durch Erbteilung im Haus Hanau entstand 1458 die Herrschaft Hanau-Babenhausen, die durch Heirat das Lichtenberger Gebiet im Elsass erhielt und sich seit 1480 Hanau-Lichtenberg nennt. Die Burg Lichtenberg im "Pay d'Hanau" ist übrigens ein schönes Ausflugsziel. 1592 teilten sich die Herren von Hanau-Lichtenberg, Isenburg-Birstein und Isenburg-Ronneburg den gemeinsamen Wald. Dabei erhielt Hanau-Lichtenberg ein schmales Stück des Koberstädter Waldes, das nach Norden und Osten an das Fürstentum Ysenburg-Büdingen, nach Süden an die Landgrafenschaft Hessen Darmstadt und im Westen an Isenburg-Ronneburg (ab 1600 ebenfalls Hessen-Darmstadt) grenzte. Im Jahr 1810 fiel die Hanauer Koberstadt an Hessen-Darmstadt. In der Karte von Nahrgang (2) ist dieses Gebiet violett eingezeichnet. Thema dieser Beschreibung ist die Ostgrenze dieses Territoriums.
Die Grenze und deren Besteinung wurde von Rolf K. Nieß in der Landschaft Dreieich 2007 beschrieben (Lit. Nieß (3)). Basis war eine Grenzbegehung im Jahr 2000. In der Publikation ist eine Bestandskarte aus dem Jahr 1957 abgebildet, in der die Grenzsteine eingezeichnet sind, mit durchgehender Nummerierung von Süd nach Nord. Die dort angegebenen Abstände sind dem Protokoll einer Grenzbegehung aus dem Jahr 1726 entnommen (Staatsarchiv Darmstadt). Mir liegen weiterhin Unterlagen von Frau Luise Hubel vor, die die Grenze 2004 dokumentiert hatte (unveröffentlicht).
Meine Grenzbegehungen im Herbst 2010 und Spätwinter 2011 erbrachte das sehr erfreuliche Ergebnis, dass 6 von Nieß als fehlend gekennzeichnete Steine von mir aufgefunden werden konnten. Von den ursprünglich gesetzten 53 Steinen habe ich noch 42 identifizieren können. In der Übersichtsdatei können die von Nieß und mir erhobenen Stati verglichen werden. Ein von ihm beschriebener Stein (Nr. 36) konnten weder L. Hubel noch ich identifizieren, dafür fand ich eine Stabbrandbombe in der Nähe des Standortes. Nieß konnte die Standorte der Steine 1 - 4 am Hegbach wegen Unzugänglichkeit nicht überprüfen. Nr. 4 konnte ich im Spätwinter im Wassergraben finden, die Nr. 3 und 2 standen auf der Wiese und störten beim Mähen. Sie existieren nicht mehr an dieser Stelle. Besonders aufregend war, dass ich den Stein Nr. 1, der im Steinsetzungsprotokoll von 1726 erwähnte Wappenstein, identifizieren konnte. Er war bisher in der Literatur noch nicht beschrieben worden. Dies dürften die ersten Fotografien sein, die von diesem Stein publiziert worden sind. Links (Osten) ist das Ysenburger und rechts (Westen) das Hanau-Lichtenberger Wappen abgebildet. Auffällig ist, dass die Winkel des Hanau-Lichtenberger Wappens nach unten weisen, korrekterweise müssten sie nach oben stehen.
Die Grenze wurde zuerst 1648 besteint, zumindest gibt es den ersten Bericht darüber. Eine Grenzbegehung 1698 war Anlass die Grenze neu zu vermessen und mit Grenzsteinen zu versehen. 1726 wurden die Steine und deren Abstände voneinander protokolliert. 1774 wurden die Steine 48 - 52 mit sehr schön gestalteten Wappensteinen neu gesetzt. Im Jahr 1787 wurden 25 "abgängige" Steine erneuert gesetzt. Aus dieser Besteinungsgeschichte folgt, dass die verschiedensten Steintypen zu finden sind:
1726 (9 Steine) | 1726 (7 Steine) | 1774 (3) Steine | 1787 (18 Steine) |
Es gibt 9 Steine, die 1726 gesetzt worden und die mit einem etwas schiefem "G" auf der Westseite gekennzeichnet sind. 7 Steine sind mit einem deutlichen "G" auf der Westseite markiert, davon haben 4 einen flachen und 2 einen (unterschiedlich stark) gewölbten Kopf. Von den 5 Wappensteinen von 1774 sind noch 3 vorhanden. Die 1787 gesetzten Steine tragen ein Y auf der Ostseite und ein L auf der Westseite (gewölbter Kopf). Davon sind noch 18 vorhanden. Der Stein Nr. 5 ist mit "Y" auf der Ostseite und "LL" (Landgraf Ludwig ?) gekennzeichnet. Es liegt auf der Hand, dass es neben den in den Protokollen erwähnten Steinsetzungen weitere Ersatzsteine an die ursprünglichen Standorte verbracht worden sind.
Erstaunlich ist der Grenzstein an der Dreieicher Ringlandwehr im Süden (Y-HL 04a). Er hat einen dreieckigen Grundriss, wobei auf allen Seiten ein "G" eingemeißelt ist. Es kann sich daher nicht um einen typischen Dreimärker handeln. Er ist definitiv kein Stein der besprochenen Serie. Stein 4 steht nur 2 Meter entfernt, ebenfalls im versumpften Graben.
Wir haben uns bisher mit der Ostseite des Territoriums entlang der Grenzschneise beschäftigt. Die Südseite des Hanau-Lichtenberger Gebietes grenzt gegen das Hessen-Darmstädtische Territorium am Rutschbach (der bachabwärts Hegbach genannt wird). Auf Nordseite der Benzenwiese verläuft die Dreieicher Ringlandwehr, im Süden die Arheilger (?) Ringlandwehr. Die heutige Grenze zwischen den Kreisen Offenbach und Darmstadt-Dieburg bildet der Rutsch/Hegbach. Ich habe historische Grenzsteine entlang der Arheilger Landwehr (unmarkierte Läufersteine) gefunden, zusätzlich einige entlang des Hegbachs. Hier sind auch moderne Granit-Markierungssteine gesetzt.
Auf der Nordseite der Benzenwiese findet man eine Reihe nummerierte Steine. Leider liegen alle aufgefundenen 12 Grenzsteine am nördlichen Wiesengraben heraus. Sie sollten daher in ein Lapidarium verbracht werden. Der erste Stein der Serie mit der Nummer 4, liegt relativ dicht am Dammweg; es ist daher davon auszugehen, dass dort die Nummerierung mit "1" begann. Diese Steine markierten demnach wahrscheinlich die Südgrenze der Hanauer Koberstadt, weil östlich der Grenzschneise nur kleinere und nicht nummerierte Steine zu finden sind. Allerdings verlief die damalige Grenze am Rutschbach. Ich konnte, wie erwähnt, am Rutschbach einige historische Grenzsteine finden, einer mit der Inschrift "20". Es existiert unter den oben erwähnten herausliegenden Grenzsteinen einer, der ebenfalls die Nummer 20 aufweist. Das passt alles nicht so recht zusammen.
Nachtrag 11/2012: Das passt sehr wohl zusammen: Es handelt sich um Gütersteine, welche die Grenze des Waldes der Hanauer Koberstadt von den bewirtschafteten Benzenwiese markierten. Die Gemarkungsgrenze (bzw. die Kreisgrenze) verläuft auf der Südseite des Hegbachs. Dort findet man einige historischr Rotliegende und einige moderne Granitsteine, teileise herausliegend. Noch weiter südlich findet man die Markierungssteine der Darmstädter Heege (s. Kapitel OF-DA Grenze). Es sollte noch angemerkt werden, dass die oben erwähnten herausliegenden Steine seit Oktober 2012 im Lapidarium des Langener Forsamtes aufgestellt worden sind.
Die Westseite der Hanauer Koberstadt (gegen Hessen-Darmstadt), verläuft entlang des Dammweges. R. K. Nieß stellte fest, dass dort keine Steine zu finden sind. In mir vorliegenden Skizzen der Denkmalschutzbehörde aus den 1980er Jahren sind in der Nähe der Schutzhütte an der Kreuzung mit der Lindenschneise und südlich des Koberstädter Falltorhauses zwei Grenzsteine markiert, die ich trotz intensiver Suche nicht finden konnte. Ich bin mir jedoch sehr sicher, dass ich Anfang der 1980er Jahre am westlichen Rand des Dammwegs bei einer Fahrradtour einen herausliegenden Grenzstein gefunden habe. Herr Reinhold Werner aus Langen übermittelte mir eine Aktennotiz von Gerd Grein aus dem Jahr 1977, in der ein einzelner Grenzstein am Dammweg, südlich des Koberstädter Falltorhauses beschrieben wird. Auf der einen Seite zeigt er den Hessenlöwen (Landgrafenschaft Hessen-Darmstadt), auf der anderen Seite das Wappen der Grafen von Hanau. Leider ist dieser Stein verlorengegangen.
Nachtrag 2/2012: Ich fand im Archiv des Forstamtes Langen eine alte Forstkarte, auf der die Westgrenze der Hanauer Koberstadt mit Grenzpunkten abgebildet war. Es wurde deutlich, dass die Grenze nicht direkt entlang des Dammwegs verlief, sondern einige Meter - teilweise auch mehr - östlich von diesem im Wald. Ich konnte an den Grenzpunkten südlich der Lindenschneise nicht nur die beiden oben erwähnten Steine, sondern drei weitere finden! Wenn ich die Grenze nochmals komplett abgesucht habe, werde ich an dieser Stelle berichten.
Die nur 120 Meter lange Nordseite der Hanauer Koberstadt (Grenze zu Ysenburg) verläuft entlang der Langener Straße (Waldweg zwischen Langen und Götzenhain). Von der Beschreibung der Ysenburgisch - Hessen Darmstädtischen Grenze kennen wir den Dreimärker, der am Berührungspunkt der drei Territorien kaum auffindbar in der Erde steht. 120 Meter weiter östlich stand der jetzt nicht mehr vorhandene der Wappenstein Nr. 53. Im Protokoll aus 1787 wird angemerkt: "In der Nähe seyn ein Stein mit einem Kreuz". Dieser Kreuzstein steht ca. 50 Meter westlich der Einmündung der Breite Haagwegschneise in die Langener Straße auf deren Südseite ca. 5 Meter in den Wald hinein. Auch über diesen Stein (und ähnliche) wird an anderer Stelle berichtet.
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Die Grenzsteintour
Die Karte links wurde von Frau Luise Hubel 2004 gezeichnet und von mir mit den zusätzlich gefundenen Grenzsteinen und den Nummern ergänzt. Frau Hubel, eine pensionierte Lehrerin aus Offenbach, ist eine sehr exakt arbeitende Zeichnerin. Sie ist viele historische Grenzen im Offenbacher Raum abgelaufen und die Grenzsteine dokumentiert. Sie hat aber die Ergebnisse leider nicht veröffentlicht. Ihre Arbeit war nicht umsonst, vieles in dieser Website basiert auf ihren Unterlagen. Die Grenze verläuft entlang der Grenzschneise im Koberstädter Wald. Sie ist mit dem Fahrrad nicht durchgängig passierbar, daher empfehlen wir eine Wanderung, südlich der Grenzschneise entlang und zurück über den Dammweg.
Wir sollten es aber nicht versäumen den Wappenstein Nr. 51 im Lapidarium in der Hainer Burg (zwischen Burgkirche und Palas) zu bewundern. Auf der einen Seite erkennt man das Hanau-Lichtenberger (rechtes Bild) und auf der anderen Seite das Ysenburger Wappen (linkes Bild). Die genaue Lage der anderen beiden Steine dieser Serie sollen aus verständlichen Gründen hier nicht beschrieben werden. Sie stehen in der Fortsetzung der Grenzschneise nach Norden. Bedauerlich ist, dass der vierte, im Jahr 2000 noch vorhandene Wappenstein, trotz sehr intensiver Suche nicht aufgefunden werden konnte. Er stand 15 m von der Bundesstraße entfernt in einem Hohlweg östlich des Anwesens, das auf der Südseite der Bundesstraße steht. Hinweise auf den Verbleib dieses Steines nimmt der Autor gerne entgegen.
Wenn man die Grenzlinie abwandern möchte, dann parkt man am besten am Parkplatz an der neuen Radarstation, geht einige Meter Richtung Langen und biegt links in die Grenzschneise ab. An der Südostecke der Kreuzung steht der ziemlich lädierte Stein Nr. 47, von dem erst kürzlich ein Stück des Kopfes abgefahren wurde. Im Protokoll von 1774 wird vermerkt, dass er "noch gut steht". Die Tatsache, dass er keine Beschriftung hat, deutet darauf, dass er später neu gesetzt wurde. Die Steine Nr. 46 und 45 fehlen, sie sind wahrscheinlich Opfer von Baumaßnahmen. Stein 44 steht am östlichen Rand des Grenzgrabens, der östlich des Dammwegs verläuft, ca. 55 m nördlich der Pfaffenrodschneise. Anhand der Karte kann man die folgenden Steine relativ leicht finden: der Stein 43 steht 70 Meter südlich der Pfaffenrodschneise, daneben liegt ein weiterer grob zugehauener Stein, der möglicherweise ein Vorgängergrenzstein gewesen sein könnte. Wir finden ähnliche Steine auf unserem weiteren Weg. Einige der Steine sind mit blauer Farbe gekennzeichnet, andere sind mit einem weißen Punkt markiert. Dies soll Beschädigungen durch Waldarbeiten verhindern. Interessant ist der Stein 39: Die Grenzschneise macht hier einen Bogen um ein Hügelgrab. Stein 39 steht auf der Spitze dieses Hügelgrabes. Der Grenzgraben verläuft gut erkennbar im Wald. In der Nähe sehen wir eine kleine und eine größere Stele senkrecht im Waldboden stehen. Sie stammen vermutlich aus der Bronzezeit und lagen lange Zeit unbeachtet im Wald. Sie wurden vor einiger Zeit von der Denkmalschutzbehörde aufgerichtet und fest im Boden verankert. Man wollte vermeiden, dass sie Füße bekommen...
Stein 37 steht wenige Meter südlich des Wasserschiebers neben der Grenzschneise. Stein 36, von R. K. Nieß 2000 noch aufgefunden, müsste genau 88 Meter weiter südlich stehen. Vielleicht findet ein Leser dieser Zeilen diesen Stein. Jetzt folgt eine Lücke in der Steinreihe. Der nächste Stein 33 südlich der Hochspannungsleitung liegt heraus. Die Steine 30 - 26 stehen jetzt auf der westlichen Seite der Grenzschneise. Stein 26 steckt tief am Rande der Fahrspur im Weg und ist relativ schlecht zu erkennen. Die folgenden Steine befinden sich wieder auf der Ostseite der Grenzschneise. Einige liegen heraus , sollen aber vom Amt für Bodenmanagement wieder aufgerichtet werden. Über den letzten Stein 4 bzw. 4a auf unserer Grenzwanderung wurde weiter oben berichtet. Die fehlenden Steine 3 und 2 standen auf einer jetzt bewirtschafteten Wiese und dürften deswegen entfernt worden sein. Stein 1, der oben beschriebene Wappenstein steht im Schlamm unter Brombeerranken ca. 50 m nördlich des Rutschbachs. Das Gelände steht unter Naturschutz und darf nicht betreten werden.
Das gleiche gilt für den Waldrand Richtung Westen. Wir gehen die Grenzschneise zurück, biegen in die erste Schneise nach links ein und kommen dann zum Dammweg, dem wir nach Norden folgen, am Brunnen des ehemaligen Falltorhauses vorbei. Halten Sie bitte die Augen auf, vielleicht senen Sie einige Grenzsteine in einem Graben, der einige Meter östlich des Dammwegs verläuft. 6 dieser Steine stehen zwischen Dammweg und der Schutzhütte rechts im Wald, gekennzeichnet mit "G" und "DG". Am nördlichen Waldrand, an der Bogenschneise können wir den Dreimärker sehen, der im Kapitel "LL-L Gütersteingrenze beschrieben wurde. Dort biegen wir nach Osten ab, um wieder an unseren Ausgangspunkt, der Radarstation, zu kommen.
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