Die Steine an der Hessisch-Bayerischen Grenze
April 2020Im Kulturlandschaftskataster RheinMain entdeckte ich eine Reihe Symbole von Grenzsteinen an der Hessisch-Bayrischen Landesgrenze, genauer gesagt an der Grenze zwischen dem Kreis Offenbach und dem Kreis Aschaffenburg bzw. Mainhausen-Mainflingen und Stockstadt). Das war für mich Anlass, in einem explorativen Spaziergang und zwei anschließenden Fahrradtouren mir diese Steine anzuschauen und zu fotografieren. Aus verschiedenen Gründen entwickelte sich das zu einer spannenden Angelegenheit. Es fing damit an, dass ich mich in Stockstadt verfranzte aus Versehen am sog. Dorfplatz strandete, wo ein Meilenstein sehr prominent aufgestellt ist. Lesen Sie -->hier meine "Entdeckungsgeschichte". Im Rahmen des Spessartprojektes wurden in dieser Grenzgegend einige interessante Informationstafeln aufgestellt, die -->hier abrufbar sind.
Im Mai/Juni 2020 dokumentierte ich die sich südlich anschließende Grenze Stockstadt - Babenhausen/Harreshausen (Teil 2). Ich kam dabei in Kontakt mit dem Feldgeschworenen von Stockstadt, Herrn Kneisel, und den beiden Grenzsteinobleuten von Babenhausen und Schaafheim, Herrn Schroth und Herrn Sauerwein, denen ich hier für die interessanten zusätzlichen Informationen danken möchte. Es war erforderlich, den Teil 1 mit diesen Informationen zu ergänzen.
Die Hanauer Koberstadt und Dietzenbach kamen als ehemaliges Hanau-Lichtenbergische Besitzungen 1771 formal zu Hessen-Darmstadt, Amt Schaafheim. Das war für mich Grund, mich mit dem Partiifikationsrezess von 1771 zu beschäftigen und auch die Dokumentation um die Steine an der Harreshausener - Schaafheimer Grenze zu Großostheim zu erweitern (Teil 3).
Sehr interessant war außerdem, dass es im nördlichen Bereich dieser Grenzlinie einige Wappensteine gibt, die in der "Bibel" der hessischen Grenzstein- Aficionados abgebildet sind: Richard Zorn: "Die Grenzsteine des Rhein-Main-Gebietes", Selbstverlag 1931, Tafel 20, "Landes-Grenzsteine (Großherzogtum Frankfurt).
Teil 1: Die Grenze Stockstadt-Mainhausen
Die Grenzlinie im Südosten des Kreises Offenbach (s. Karte links aus dem Kulturlandschaftskataster) verläuft nördlich der Staustufe Kleinostheim in der Mitte des Mains. Dort, wo sie an Land stößt, findet man auf der Höhe des Gersprenz-Wehrs eine Markierung mit der Inschrift "0,0". Wenige Meter weiter südlich steht ein würfelförmiger (25 x 25 x 25 cm), unbeschrifteter Granitstein mit Zentrierloch. Unweit davon, an der Zufahrtstraße zur Siedlung "Am Schwalbennest" führt eine historische Brücke, die Grasbrücke über den "Speckgraben", den Beginn der Bachgauer Landwehr, der hier die Landesgrenze bildet. Es handelt sich um die Geleitsübergabestelle, an der ein Seligenstädter Beamter (Fauth) mit seinen Mannen den Geleitschutz der zur Frankfurter Messe ziehenden Kaufleute übernahm (Infotafel). Die Grenze überquert dann zwei Straßen und verläuft dann westlich der Stockstädter Baggerseen. In diesem Naturschutzgebiet habe ich nicht nach Grenzsteinen gesucht. Allerdings fand ich entlang der Fortsetzung des Speckgrabens, der dort auf hessischem Gebiet verläuft, einige Gütersteine. An der Abfahrt von der vierspurigen B 469 zur Mülldeponie geht die Grenze zunächst parallel zu dieser Straße um dann etwas nach Süden abzuknicken. Hier folgt sie der Trasse der aufgelassenen alten B 469. Die mit einem Klick oben rechts abrufbare Karte aus dem Meilenstein-Kapitel zeigt den Grenzverlauf und die Trasse der alten Straße. Mit einem Pfeil ist der Parkplatz gekennzeichnet, von dem aus man die Grenze dort am besten erkunden kann. Man beachte, dass man von Stockstadt kommend hinter dem Friedhof nach rechts abbiegen muss, um zu diesem Platz zu gelangen. Von dort aus unterquert man durch einen schmalen Durchlass die Schnellstraße und geht bergan, bis man zu einer Wegegablung gelangt. Von hier aus erkennt man den Grenzgraben, der bergab zur Trasse der alten Straße führt. In dem mit Wasser gefüllten Straßengraben steht der erste Grenzstein der Steinserie dieser Grenzlinie. Er ist auf der Karte links mit einem blauen Punkt gekennzeichnet. Bis zum anderen blauen Punkt konnten insgesamt 32 Grenzsteine gefunden werden. Geht man nach Norden der Trasse entlang, erreicht man den Gedenkstein, der den ursprünglichen Standort des Stockstädter Grenzsteins markiert. Unterwegs kann man noch einen herausliegenden modernen Grenzstein entdecken. Anmerkung 6/2010: Der Feldgeschworene von Stockstadt, Herr Kneisel, machte mich darauf aufmerksam, dass es zwischen diesem "ersten Grenzstein" und dem Main sehr wohl noch Grenzsteine gibt. Dazu weiter unten mehr.
Bevor wir uns den Grenzsteinen im Detail zuwenden, sollen wir uns etwas mit der Geschichte dieser Grenze beschäftigen. Das Gebiet westlich des Maines war Teil des Wildbanns Dreieich. Im Dreieicher Weistum von 1338 wird die Grenze beschrieben: ... die Brubach inne mitten in den Meyne vffen tzu Stockstadt an den isern phale, den Meyne aber offen tzu Aschaffenburg mitten uff die brucken an das crutze, ..." (Lit. Grimm). Die Mark Seligenstadt befand sich wie das Gebiet um Aschaffenburg seit 1063 im Besitz des Erzstiftes Mainz. Im weiteren Verlauf der Geschichte kam der ganze Ostkreis unter die Herrschaft des Kurfürsten zu Mainz. 1803 gab es eine Zäsur: Kurmainz wurde säkularisiert. Infolge des Reichsdeputationshauptschlusses kam das Amt Seligenstadt (inklusive Mainflingen und der sog. Abtswald) an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt bzw. das Großherzogtum Hessen. Dem letzten Mainzer Erzbischof Karl Theodor von Dalberg wurde dabei das Fürstentum Aschaffenburg geschaffen, zu dem auch Stockstadt (und seit 1806 auch Frankfurt) gehörte. Das Fürstentum ging 1810 in das Großherzogtum Frankfurt ein. Dalberg dankte 1813 nach der Völkerschlacht von Leipzig ab. Infolge der Pariser Verträge kam Aschaffenburg am 26.06.1814 zu Bayern. Bei den Verhandlungen während des Wiener Kongresses versuchte Bayern vergeblich, sich das restliche linksmainische Gebiet sowie die Stadt Frankfurt einzuverleiben. Die "Ausstülpung" des hessischen Gebietes im Südosten des Kreises Offenbach rührt vermutlich auf der Abtswald-Teilung von 1786, wodurch die Stockstädter Hübner zwei Drittel des ehemaligen Seligenstädter Abtswaldes ("Unterwald" links der Gersprenz) erhielten. Das andere Drittel verblieb bei dem Kloster und bildet heute die genannte "Ausstülpung". In den Buxbaum-Karten von Mainflingen wird diese als Abtswald bezeichnet. Interessant ist in diesem Zusammenhang die seit dem Mittelalter existierende Hübnerverwaltung in Stockstadt.
Es gibt verschiedene Typen von Grenzsteinen auf der Grenze: Wappensteine, Grenzmarkierungen aus rotem Sandstein (beschriftet mit H/B) und Steine aus Granit (beschriftet mit einer Nummer). Auf der Karte sind sie mit grünen, roten und blauen Symbolen bzw. mit den Suffixen W, S und G gekennzeichnet. Bei den roten Sandsteinen gibt es einige mit sehr schlechtem Zustand. Weiter südlich gibt es noch umgearbeitete ältere Steine und unbeschriftete Steine mit unterschiedlichen Formaten. Bei den Wappensteinen können wir noch unterscheiden zwischen denen mit hessischen Löwen/Mainzer Rad und Hessischem Löwen/bayrisches Rautenwappen.
Der Stockstädter Feldgeschworene, Norbert Kneisel, erzählte mir, dass in den 1990er Jahren festgestellt wurde, dass sich die Besteinung der Grenze in einem schlechten Zustand befand. Nach einigem Hin und Her wurde beschlossen, an der Stockstädter Landesgrenze 40 neue Granitsteine aufzustellen. Ich konnte dies zunächst kaum glauben, dass man im Zeitalter von ausgefeilten Vermessungstechniken den Aufwand betrieb, 150 kg schwere Granitblöcke im Format 25 x 25 x 90 cm auf die Grenzpunkte zu setzen, von den Kosten ganz zu schweigen. Jeder dieser Steine war mit einer Nummer versehen, der zu der bestehenden fortlaufenden Nummerierung passte (Bild links von N. Kneisel aus dem Jahr 2000). Es gibt natürlich auch Karten, auf denen die Abstände zwischen den Steinen dokumentiert sind. Das war hilfreich bei der Zuordnung von nicht-nummerierten Steinen.
Wir beginnen unseren Spaziergang bei dem oben erwähnten Grenzstein HB 583 im Graben der aufgelassenen Straßentrasse Seligenstadt - Stockstadt (Abb. links). Während meiner Erkundung stand er im Wasser, die Westseite war beschädigt. Auf der Ostseite konnte man die obere Rundung des Mainzer Rades vermuten. Wir gehen jetzt den deutlich sichtbaren Grenzgraben bergan. Wenige Meter vor der o.g. Abzweigung finden wir den ersten, allerdings stark beschädigten Grenzstein HB 582 aus Sandstein nur wenig aus dem Boden ragen. Er ist mit einer Stange markiert. Wir folgen jetzt dem Grenzweg nach Südwesten. Bald kommen wir zu dem ersten Granitstein HB 581 (Abb. rechts). Die Grundfläche dieses Typs beträgt 25 x 25 cm, der Kopf ist gerade. Sie sind mit einer fortlaufenden Nummer beschriftet, die ich als Teil meiner Grenzsteinbezeichnung wählte. Dieser Stein trägt die Nummer 581. Nach ca. 50 Metern erreichen den wiederum stark beschädigten Stein HB 577 aus Sandstein. An der nächsten Wegkreuzung steht der Granitstein mit der Nummer 576. Die Zahlen stehen übrigens meist auf der Nordseite dieser Steine. Anschließend kommen wir an den ersten gut erhaltenen Sandstein HB 575. Er ist mit "H" und "B" beschriftet (Hessen, Bayern). Die Grundfläche dieses Typs beträgt ebenfalls 25x25 cm mit leichten Variationen. Der Kopf ist dachförmig mit einem sehr großen Innenwinkel. Die Beschriftung ist interessanterweise "traufständig". Wir erreichen jetzt an der Autobahn A3 den Knick der Grenze nach Westen. Dort befindet sich durch einen Stock markiert der Sandstein HB 573, der kaum zu erkennen ist. Auf der Nordseite des Parallelwegs zur Autobahn finden wir drei weitere Grenzsteine aus rotem Sandstein und einen modernen kleinen Granitstein. Dieser Weg wird in den Karten übrigens als "Kaiserstraße" bezeichnet. nach Lit. Kurt (4), S. 92 handelt es sich um eine karolingische Wegverbindung von Mainz über Langen nach Aschaffenburg.
Bei Stein HB 568 macht die Grenze einen Sprung auf die südliche Seite des Weges. Der nächste Stein HB 564 der Grenzlinie besteht aus Granit, passt aber nicht in die Granitsteinserie (kleiner, unbeschriftet, mit Kreuz als Weisung). Dann erreichen wir den nächsten Wappenstein HB 565 (BTH: 36 x 21 x 70 cm). Auf der Südseite erkennt man das Bayrische Rautenwappen mit Krönchen und Zweigen, darunter ST (Stockstadt) und "1853". Der Stein stammt demnach nicht aus der Dalberg-Zeit. Die Nordseite ist mit dem Hessischen Löwenwappen und "G H" versehen. Auf der Westseite ist "565" eingemeißelt. Am Knick der Grenze an der Rampe der Autobahnüberführung steht der Sandstein HB 564 etwas versteckt unter abgelegten Holzstämmen. Er ist der letzte dieses Typs an dem Grenzabschnitt.
Bis zum nächsten (leichten) Knick der Grenzlinie sind es 450 Meter. Auf dieser geraden Strecke stehen fünf Granitsteine und ein Wappenstein. Der Wappenstein HB 559 ist leider mit grüner Farbe besprüht. Auf der Ostseite ist der Hessische Löwe eingemeißelt, sowie G und H für Großherzogtum Hessen. Auf der Ostseite erkennt man das Mainzer Rad, daneben GF und FP (jeweils untereinander) und darunter ein verschlungenes ST. Auf der Südseite ist "1810" und auf der Nordseite "No 559" zu lesen. Auf dem Kopf ist eine gerade Weisung aufgebracht (BTH: 32 x 16 x 38 cm). Ein solcher Stein ist bei Zorn unter der Nummer 165 abgebildet. Allerdings schreibt er, dass der Stein an der Landstraße von Seligenstadt nach Stockstadt steht. Daraus kann geschlossen werden, dass die Zeichnung eigentlich zum Stein 583 gehört (der Wappenstein, der an der alten Straßentrasse in Wasser steht). Die Bedeutung der Beschriftungen: GF = Großherzogtum Frankfurt, FP = Fürstprimas, ST = Stockstadt). Ein Fürstprimas war der erste Bischof des Reiches (= Mainzer Erzbischof).
Der übernächste Granitstein am leichten Grenzknick ist interessant und aufschlussreich: Seine vier Seiten sind beschriftet: H / LG / B / 1929 (LG = Landesgrenzstein). Der Kopf ist leicht gewölbt und trägt eine Weisung. Offensichtlich hat man diesen Stein als Vorbild für die neuen Granitsteine genommen. Nach 7 weiteren Granitsteinen erreichen wir bei Stein HB 550 die "Neue Straße", die dort schräg in den Stockstädter Weg mündet. Stein 549 fehlt.
170 Meter weiter nordöstlich an einem 90 Grad Grenzknick am Stockstäder Weg steht der stark beschädigte Wappenstein HB 548. Er besitzt eine fast dreieckige Grundfläche (ca. 34x31x28x12 cm, H=50 cm), was auf einen Dreimärker hindeutet. Hier stoßen Stockstadt, Mainflingen und der Abtswald zusammen, wobei der Abtswald heute auf Mainflinger Gemarkungsgebiet liegt. Auf einer Seite ist nur ein "G" zu erkennen, auf der zweiten Seite das Mainzer Rad mit dem Oberstrich des F und einem P (von F P = Fürstprimas) sowie darunter das umschlungene ST (Stockstadt), das wir vom anderen Wappenstein kennen und auf der dritten Seite ein Hessischer Löwe sowie ein G H und darunter ein M (Mainflingen?). Ein ähnlicher Stein ist bei Zorn unter der Nummer 163 abgebildet. Man erkennt dort ein Z und nicht ein M unter dem Hessischen Löwen. Weiterhin beschreibt Zorn, dass der Stein an der Stelle steht, an der die Gemarkungen von Stockstadt, Mainflingen und Zellhausen zusammenstoßen. Das tun sie an diesem Stein 458 nicht, wie auch aus der Buxbaum-Karte hervorgeht. Am Berührungspunkt der drei genannten Gemarkungen sitzt der Granitstein HB 544. Sollte sich Zorn in zwei Punkten geirrt haben? Oder wurde der von Zorn beschriebene Stein durch einen Granitstein ersetzt?
Wie dem auch sei: Dieser Stein hat eine interessante Geschichte: Er wurde um 1995 gestohlen. "Wenige Tage nachdem ein Jäger aus Mainhausen den Grenzstein als vermisst gemeldet hatte, entdeckte ein Mitglied des Seligenstädter Geschichtsvereins das wertvolle Stück in der Gartenmauer eines Mitbürgers. Der hatte angeblich den Stein irgendwo im Gelände gefunden - auch in diesem Fall war der Nachweis nicht zu erbringen, dass da jemand lange Finger gemacht hatte. Wer auf frischer Tat erwischt wird, muss mit einer Geldbuße rechnen. 1978 und noch einmal 1990 hatte nämlich das Hessische Ministerium für Wirtschaft und Technik alle Grenzsteine unter den besonderen Schutz des Landes gestellt. Außerdem gelten für die Kleindenkmale die Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes. Da kein Täter namhaft gemacht werden konnte, mussten die beträchtlichen Kosten bei der Wiederaufstellung des Grenzsteins im Mainhausener Wald von der öffentlichen Hand bezahlt werden...." Artikelüberschrift: Der Steinkoloss zeigt wieder an, wo Hessen aufhört. Zitat aus einem Artikel der Frankfurter Rundschau vom 10.02.1996, zur Verfügung gestellt von Gesine Weber, Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach.
Wir folgen der Grenze jetzt in südwestlichen Richtung und kommen bald in einen Hohlweg. Auf der linken Seite am Hang, ca. 110 Meter von HB 548 erkennen wir an einer Markierung mit vier Pfählen den vierten Wappenstein HB 546. Er schaut nur wenig aus der Erde heraus. Beim vorsichtigen Freilegen kam der Hessische Löwe mit G H darunter zum Vorschein (Abb. rechts). Das Bild entspricht der Ostseite des Wappensteins 559. Herr Kneisel stellte mir einen Zeitungsartikel zur Verfügung, aus dem hervorgeht, dass man diesen Stein aus Furcht vor einem Diebstahl vergraben hatte (wahrscheinlich im Jahr 2000. Die Steine 547 und 545 konnte ich nicht finden. Der nächste Stein HB 544 ist wieder vom Granit-Typ. Er steht auf dem Berührungspunk der Mainflinger, Zellhäuser und Stockstädter Gemarkung. Der letzte Stein der Grenzlinie ist ein moderner Grenzstein. Er steht neben einem "ST Stein", der die Grenze des Eigentums der Straßenbauverwaltungen markiert. Hier stößt die Grenze an das Seligenstädter Dreieck. Damit ist unser Grenzgang beendet und man kann über die "Neue Straße" an den Ausgangspunkt zurückkehren.
Der Punkt, an dem die Kreise Offenbach, Aschaffenburg und Darmstadt-Dieburg mit den Gemarkungen Zellhausen, Stockstadt und Babenhausen zusammentreffen, dem eigentlichen Ende unserer Grenzsteinwanderung, liegt auf der anderen Seite des Seligenstädter Dreiecks. Um dorthin zu gelangen, muss man die Autobahn A3 am Stein HB 546 überqueren. Am Ende der Brückenrampe fällt ein Gedenkstein auf. Eine Tafel erinnert darauf, dass es den Hübnern gelungen ist, die Brücke über die A 3 bauen zu lassen, so dass sie ohne größere Umwege ihr Waldeigentum nördlich der A3 erreichen können. Nach einigen Abzweigungen erreichen wir den Schnittpunkt der drei Landkreise. Der Stein HB 539 ist ohne GPS Gerät nur schwer zu finden. Es handelt sich einen der üblichen Granitsteine, nur ist die Zahl 539 zweimal, auf der West- und Südseite eingemeißelt. Weiterhin besitzt er ein Zentrierloch auf seinem Kopf. Daneben befindet sich ein moderner Grenzstein. In den 1920er Jahre befand sich dort ein Stein, der bei Zorn die Nummer 168 besitzt. Folgt man von dort der Grenze nach Süden, dann findet man weitere mit einer fortlaufenden Nummer versehene Granitsteine. Es wäre interessant herauszufinden, wo Stein 1 dieser Serie steht. Mehr dazu weiter unten.
Herr Stenger aus Mainhausen hat mich auf einen Güterstein an der Nordgrenze des Abtswaldes aufmerksam gemacht. Interessehalber habe ich ihn aufgesucht (-->Standort). Auf der Nordseite ist ein "AS" eingemeißelt und auf der Südseite ein "OM". Das A in AS besitzt einen Oberstrich. Das Kürzel soll wohl Abtswald heißen. OM bedeutet nach Herrn Stenger "Obermark", die 1784 aufgelöste, gemeinsame Waldbewirtschaftung der Gemeinden Mainflingen, Klein-Welzheim und Zellhausen. Zitat aus der Mainflinger “Ortschronik”: Ein den drei Gemeinden Mainflingen, Klein-Welzheim und Zellhausen gemeinschaftlich zugehöriger Wald, die Obermark genannt, wurde am 18. Oktober 1784 nach Abschätzung des Grunds und Bodens und Holzbestandes mit Rücksicht der darauf liegenden Lasten nach Kopfzahl der Märker – welche einen eigenen Herd hatten – vertheilt. Interessant ist ein Blick in die Buxbaum-Karte. Der Standort des Steins ist dort mit einem roten Punkt markiert. Wenn man von diesem Stein den Weg Richtung Osten geht, dann kommt man kommod an den oben erwähnten Speckgraben mit den verschiedenen Gütersteinen.
Abschließend noch einige Anmerkungen zur Tafel 20 aus "Landes-Grenzsteine (Großherzogtum Frankfurt) von Richard Zorn aus dem Buch "Die Grenzsteine des Rhein-Main-Gebietes", Selbstverlag 1931. Die Abbildungen 165 a und b, 168, sowie 163 a und b haben wir bereits kennengelernt. Interessant sind die Zeichnungen 169 a und b. Die Lagebezeichnung: "An der Südgrenze des Abtwaldes, gegen den Stockstädter Unterhubnerwald". Das würde zum Wappenstein HB 565 passen. In der Tat, die Südseite des Steins entspricht recht genau der Abbildung (1853 vs. 1858), die Nordseite allerdings nicht. Es wird wohl ein Geheimnis bleiben, ob sich Zorn geirrt hat oder ein weiterer Wappenstein - wie der von Zorn gezeichnete - an der Südgrenze des Abtswaldes stand.
Nach Redaktionsschluss: Der Feldgeschworene von Stockstatt, Herr Kneisel, hat mit freundlicherweise ein sehr informatives Dokument übergeben, in dem von einer Grenzbegehung und Steinsetzung an der Landesgrenze bei Stockstadt im Jahr 2000 berichtet wird. Folgende Punkte sind erwähnenswert:
- Es wird berichtet, dass die Grenze an dem
Dreimärker
Harreshausen, Großostheim, Stockstadt (Stein 481) beginnt
und an
der
Gersprenzmündung mit Stein
624 endet (= 144 nummerierte
Grenzpunkte).
Die Strecke sei mit 162 Steinen bestückt ?? Anmerkung:
Der nördlichste
Stein, über den oben berichtet wurde, trägt die
Nummer 583.
Demzufolge gibt es noch 41
Grenzpunkte nördlich von HB 583 bis zum
Main. Ich habe auf
der von mir abgelaufenen Strecke zwischen HB 481 und HB 583 insgesamt
82 Steine identifiziert (bei 102 nummerierten Grenzpunkten). Einige
werde ich nicht gefunden haben, einige unterlagen wohl dem
natürlichen
Schwund (Forstarbeiten).
- Es wurde weiterhin dargestellt, dass 40 Granitsteine (25 x 25 x 90 cm) neu gesetzt worden seien. Anmerkung: Ich habe auf der beschriebenen Grenzlinie 32 dieser Granitsteine gefunden.
- Es werden drei Wappensteine mit erhabener Ausprägung erwähnt, mit dem Hessischen Löwen und dem Bayrischen Rautenwappen. Anmerkung: Ich habe zwei dieser Sorte entdeckt (HB 565 und HB 522). Sie sollen aus 1871 stammen. Nun ja, auf HB 565 ist die Jahreszahl 1853 zu finden.
- Es wird von 12 Wappensteinen mit vertieft erhabenem Mainzer Rad und Hessischem Wappen geschrieben. Anmerkung: Ich konnte nur 9 davon finden. Sie stammen aus der Dalberg-Zeit (1810)
- 19 alte, umgearbeitete Steine wurden 2000 gezählt. Anmerkung: Ich kann von 13 dieser Sorte berichten.
- Es wurde interpretiert, dass "HM" auf diesen Steinen "Harreshausener Mark" bedeutet. Anmerkung: Die Steine an der Babenhausener Grenze sind mit "HM" (über dem "GH") gekennzeichnet und auf der Harreshausener Grenze mit "BHM" (unter dem "GH").
- Die Sandsteine mit H/B wurden erwähnt, aber ohne Zahlenangabe. Anmerkung: Ich habe 9 davon gefunden.
Natürlich werde ich spätestens im nächsten Frühjahr diesen Grenzabschnitt erkunden.
Teil 2: Die Grenze Stockstadt-Babenhausen/Harreshausen Juni 2020
Natürlich konnte ich es nicht unterlassen, vom Stein 539 am Berührungspunkt der Mainflinger (Zellhäuser), Stockstädter und Babenhäuser Gemarkungen noch ein Stück weiter nach Süden zu gehen. Was ich dort vorfand, veranlasste mich die Grenze Stockstadt - Babenhausen vollständig abzugehen. Die Grenzlinie, die von diesem Punkt nach Westen verläuft (Zellhausen - Babenhausen wird an anderer Stelle beschrieben.
Betrachten wir den Grenzverlauf auf der nach Westen ausgerichteten Karte. Bei Punkt A beginnt der Grenzabschnitt am Berührungspunkt der Gemarkungen Zellhausen - Babenhausen - Stockstadt. Bei Punkt B erreicht die die Harreshausener Gemarkungsgrenze. Dann schneidet sie den (für den öffentlichen Verkehr gesperrten) Weg von Harreshausen nach Stockstadt (rotes x). Die Stelle ist durch die neue Asphaltierung auf bayrischer Seite leicht zu erkennen. Das Areal dort wird Schaafheimer Wiesen genannt. Am Punkt C befinden sich die romantischen Ruinen einer ehemaligen Papiermühle. Man kann die Gersprenz dort nicht überqueren! Punkt D symbolisiert das Ende dieser Grenzlinie, den Berührungspunkt der Gemarkungen Harreshausen - Stockstadt - Großostheim.
An diesem 4,8 km langen Grenzabschnitt habe ich 49 Grenzsteine entdecken können, 23 nördlich der Gersprenz und 26 südlich davon. Eine beträchtliche Grenzsteindichte! Davon sind 13 die oben beschriebenen Granitblöcke mit der eingeschnittenen Zahl. 15 sind ältere, beschriftete und umgearbeitete Steine (s. u.), 6 sind mit Wappen geschmückte Steine und 14 sind unbeschriftet und besitzen verschiedene Formate.
Man erläuft die Grenze vorzugsweis auf zwei Etappen. Den nördlichen Teil erreicht man, wenn man von Harreshausen den Stockstädter Weg nach Osten fährt, bis ein Schild die Weiterfahrt versperrt (auf der Karte mit einem P markiert). Nicht ganz legal kann man seinen Wagen am Pferdehof nördlich der Gersprenz abstellen und zu Fuß zur Grenze (rotes x) weiterlaufen. Ich bin von dort aus an der Grenzhecke/dem Grenzgraben entlang nach Norden gegangen, auf einen Holzsteg einen Graben überquert und mich weiter dem Grenzgraben folgend zum Punkt A begeben um dort die Grenzsteinwanderung beginnen zu können. Der Stein HB 539 ist nicht leicht zu finden, daher hier die Koordinaten: 32 U 501018 5537680. Stein HB 538 (aus Granit) steht markant an einer Wegkreuzung in der Böschung der Überleitung A45 / A3. Wir gehen am Zaun entlang Richtung Süden und passieren Stein HB 537 dessen lädierter Sandsteinkopf nur wenig aus dem Boden schaut. Nahebei steht ein Gedenkkreuz für ein verunglücktes Mädchen. Stein 536 konnte ich nicht finden.
Die nächsten vier Grenzsteine sind die umgearbeiteten älteren Steine. Ein ähnlicher ist bei Zorn erwähnt. Nach diesem stand der abgebildete Stein (Nr. 168) "im tiefen Walde, wo die Gemarkungen Zellhausen, Babenhausen und Stockstadt zusammenstoßen", d.h. wo jetzt der Stein HB 539 steht. Die Steine (hier HB 532) tragen die Beschriftung: H.M. = Hanau-Münzenberg, G.H. = Großherzogtum Hessen, G.F. = Großherzogtum Frankfurt, F.P. = Fürstprimas, ST = Stockstadt. Vor 1810 waren die Steine nur mit H.M. und C.M. beschriftet. Nach der Gründung des Großherzogtums Frankfurt 1810 wurden keine neuen Steine gesetzt, sondern auf der HM-Seite ein G.H. und auf der anderen Seite ein F.P. (und ST) zugefügt (Information aus Lit. Zorn). Aus dem C in C.M. konnte man kommod ein G machen. Der Versuch, ein M in ein F umzuwandeln, musste missglücken.
Einige Anmerkungen
zur Inschrift "H.M". Nach dem Aussterben der
Münzenberger
"im Mannesstamm" 1255 erhielten die Herren von Hanau 1/6 der Erbschaft,
darunter auch das Gebiet um Babenhausen (inklusive Dietzenbach und die
Koberstadt). 1429 wurde Reinhard II in den Grafenstand erhoben. Nach
seinem Tod erhielt sein Bruder Philipp I im Jahr 1456 das Amt
Babenhausen als eigene Grafschaft. Durch Heirat und Erbschaft
erwarb er die Herrschaft Lichtenberg im Elsass. Es gab nun
eine Grafschaft
Hanau-Lichtenberg und eine Grafschaft
Hanau-Münzenberg. Im 17.
Jahrhundert kam es zu einer Wiedervereinigung beider Grafschaften, dann
wieder zu einer Spaltung und zu einer erneuten Vereinigung. Als Johann
Reinhard III 1736 kinderlos starb, fiel Hanau-Lichtenberg an
Hessen-Darmstadt und Hanau Münzenberg an Hessen-Kassel. Um das
Amt
Babenhausen kam es fast zu einem kriegerischen Konflikt. Erst 1771
einigten sich beide Parteien: Babenhausen und einige Dörfer
kamen
zu Hessen-Kassel und Schaafheim nebst einigen Dörfern
(Dietzenbach) zu Hessen-Darmstadt. Die Grafschaft
Hanau
behielt aus verschiedenen Gründen zunächst eine
gewisse
Unabhängigkeit von Hessen-Kassel. Das Amt Babenhausen kam 1807
unter französische Verwaltung, wurde
1810 kurzfristig an das Großherzogtum Frankfurt
übergeben,
kam aber im gleichen Jahr zum Großherzogtum Hessen. Babenhausen
war formal nie ein Teil von
Hanau-Münzenberg. Möglicherweise wollten die
Kasseler Landgrafen bzw. die Hanauer Grafen nach 1736 ihre
Territorialansprüche auf Babenhausen demonstrierten, indem sie
das
Gebiet als hanau-münzenbergisch bezeichneten und die
Grenzsteine
auf diese Art markierten. Ich habe mir daraufhin den Partifikationsrezess
von 1771 (HStAD A6, 1258) angeschaut: Vertragsparteien
sind Hessen-Hanau-Münzenberg und
Hessen-Hanau-Lichtenberg. In 41
Paragrafen wurde die Teilung des Amtes Babenhausen besiegelt. Zur
Neubesteinung der Grenze s. unten.
Wir
gehen jetzt weiter nach Süden den Steinen am grenzbegleitenden
Weg
entlang. An dieser Strecke fehlt kein einziger Stein. Dann gehts bis zu
den Wiesen querwaldein. In der Nähe des Holzstegs
über einen
Graben kommt die nächste Überraschung: Ein sehr
schöner
Wappenstein mit Hessischem Löwen und bayrischem
blau-weißem Rautenwappen.
So etwas ist recht selten. Es soll Ende der 1950er Jahre von einem
Heimatvertriebenen ausgemalt worden sein. Auf der Seite steht NO 522.
(keine Jahreszahl). Der Stein ist ein Dreimärker,
hier
stoßen die Gemarkungen von Babenhausen, Harreshausen und
Stockstadt zusammen. Zorn hat ihn unter der Nummer 167
abgebildet. Wir
überqueren den Holzsteg und gehen einer Hecke entlang bis zum
Verbindungsweg von Harreshausen nach Stockstadt. Unterwegs fallen an
der Hecke noch zwei mit Pfählen bezeichnete Grenzpunkte auf,
die soweit ich das erkennen konnte, mit Granitsteinen markiert
sind.
Ein solcher - recht lädierter - Granitstein mit der Nummer 519
steht direkt am Weg, der neu
hergerichtet und asphaltiert wurde. Und: knapp 50 m weiter westlich
haben die
Arbeiter einen Wappenstein neu am Straßenrand
gesetzt. Er war zerbrochen, von Arbeitern des
Stockstädter
Bauhofs restauriert und wieder aufgestellt. Aus
Sicherheitsgründen wurde ein Pfahl daneben eingerammt. Auf der
Nordseite erkennt man den Hessischen
Löwen, auf der Südseite ein Wappen mit dem Mainzer Rad
und "FP". Auf den Schmalseiten sind "No 518" und "1811" zu
erkennen. Man kann nur hoffen, dass der schöne
Stein nicht
gestohlen wird. Die Grenze biegt dann nach Süden ab.
Stein HB 517
habe ich nicht gefunden, dafür aber Stein HB 516
am Rand des Grenzweges der über die Wiesen
führt. Man kann dem Grenzgraben bis
zur Gersprenz folgen. Dort steht der Granitstein mit der Nummer 513.
Zwei Steine auf der Wiese konnte ich nicht finden. Eine
Übersichtskarte mit den Standorten der Steine an der
nördlichen Gemarkungsgrenze ist -->hier
abrufbar. Die umgearbeiteten Steine sind hier mit einem rechteckigem
Symbol und den Suffix "S" gekennzeichnet.Um auf die Südseite der Gersprenz zu gelangen, geht man nach Osten bis zur Gersprenzbrücke und folgt dann dem Weg gesprenzaufwärts bis zu den romantischen Ruinen der ehemaligen Papiermühle. Dort steht der Stein HB 512 dicht am Gersprenzufer. Der Stein 511 direkt am Grenzweg ist in einem schlechten Zustand. Er ist mit GH, BH und GF, FP, ST beschriftet. Die Abkürzungen sind selbsterklärend. Es ist nicht zu erkennen, ob ein "CM" in ein "GF" umgearbeitet wurde. An der Seite ist "No - 32 -511" zu lesen. Konsequenterweise trägt der nächste Stein die Seiteninschrift "No - 31 - 510". Auf der Westseite liest man GH und BHM, wobei das H und das M zusammengefügt sind (= Babenhäuser Mark). Wenn man genau hinschaut, erkennt man, dass hier ein HM durch ein GH ersetzt wurde. Wegen des BHM konnte kein GH unter das HM gesetzt werden, wie auf den umgearbeiteten Steine nördlich der Gersprenz. Zur Erinnerung: Die Babenhäuser Mark gehörte zu Hessen-Hanau-Münzenberg. Stein HB 509 ist wiederum ein 1811 gesetzter Wappenstein (mit Mainzer Rad) in schlechtem Zustand. Ihm folgt ein Granitstein mit der Nummer 507. Wir überqueren nun die Bahnlinie Darmstadt - Aschaffenburg. Der nächste Stein ist wiederum einer von der umgearbeiteten Sorte. Auf der Seite ist zu lesen: "No - 28 - 505" Die Zählung verlauft demnach kongruent. Dazu mehr weiter unten. Stein HB 504 ist ein Granitstein. Stein HB 503 von der umgearbeiteten Sorte steht deutlich sichtbar an der Abzweigung eines Weges.
Die Grenze verläuft jetzt etwas östlich des Begleitwegs auf der gut sichtbaren Bachgauer Landwehr. Der umgearbeitete Stein HB 501 birgt keine Überraschung, wohl aber Stein HB 500. Es handelt sich um einen schönen Wappenstein aus dem Jahr 1811 mit dem Hessischen Löwen und dem Mainzer Rad. Die Seiteninschrift lautet: "No - 500 - 24 1/2". Ups, hier ist etwas mit der Zählung durcheinandergeraten. Der nächste (umgearbeitete) Stein trägt die Seiteninschrift "No - 24 - 499". Eine weitere Überraschung war der Stein HB 498. Es handelt sich um eine moderne Replik des Steins HB 500, nur dass auf der Seite folgendes eingemeißelt ist: "No - Die Replik wurde nach Auskunft von Herrn Schroth am 6.10.1995 mit großem Trara neu gesetzt, als Ersatz für einen zerbrochenen Stein an dieser Stelle.
Der weitere Grenzverlauf vom Stein HB 498 über die B26 hinaus zum Stein HB 480, wo die Stockstädter, Harreshausener und Großostheimer Gemarkungen zusammenstoßen ist unspektakulär mit seinen 16 unscheinbaren, unbeschrifteten Steinen verschiedenen Formats (Ausnahmen: HB 485 aus Basalt ist mit "G" beschiftet und HB 482 ist ein bezifferter Granitstein). Spektakulär dagegen ist der Erhaltungszustand der Bachgauer Landwehr. Auf dem Bild links erkennt man den Stein HB 496 auf dem Landwehrweg, der von zwei tiefen Gräben flankiert wird. Ein einmaliges Bodendenkmal! Sehr frustrierend war für mich, dass die Landwehr auf ca. 200 Metern von bayrischer Seite aus als Rückeweg missbraucht wurde. Die schweren Maschinen beschädigten das Profil dieses historischen Landschaftselementes ganz erheblich. Ich wendete mich an die Denkmalschutzbehörden von Bayern und Hessen mit der Aufforderung, dass der Verursacher dieser Schäden veranlasst werden soll, das Profil der Landwehr wieder herzustellen. Meine Intervention war Anlass für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege die Bachgauer Landwehr in die Denkmalliste einzutragen. Somit können künftige Beschädigungen strafrechtlich verfolgt werden.
Eine Übersichtskarte mit den Standorten der Steine an der südwestlichen Gemarkungsgrenze von Stockstadt ist -->hier abrufbar.
Teil 3: Die Grenze Harreshausen/Schaafheim - Großostheim
Die seht gut erhaltene Bachgauer Landwehr macht bei Stein HB 480 einen deutlichen Knick nach Südwesten. Sie bildet hier die Gemarkungsgrenze von Harreshausen und Großostheim bzw. Hessen-Hanau-Münzenberg und Kurmainz bzw. Großherzogtum Hessen und Großherzogtum Frankfurt. Wir kommen gleich an den Stein HB 479. Seine Ostseite ist mit GF / FP / Ortszeichen von Ostheim beschriftet, die Westseite mit GH / BHM. Wie oben bereits erwähnt, wurde 1811 das CM für Kurmainz in ein GF für Großherzogtum Frankfurt geändert. an diesem Stein sieht man ein besonders schön misslungenes CF. Auf der Westseite wurde das HM für Hanau Münzenberg etwas geschickter in ein GH für Großherzogtum Hessen umgewandelt. Hier konnte wegen des BHM (Babenhäuser Mark) kein GH unter das HM gesetzt werden. Auf der südlichen Schmalseite sind die fortlaufende Nummer 479 und eine 8 zu erkennen. Wir passieren jetzt 4 Steine der umgearbeiten Sorte (HB 478 - HB 475), die alle ebenfalls mit einer zusätzlichen Nummer (8 - 4) versehen sind. Sie stehen auf der Dammkrone der Landwehr. Der nächste Stein, HB 474, ist ein Wappenstein mit Hessischem Löwen und Mainzer Rad aus dem Jahr 1811. Die Schmalseite ist mit No / 474 / 3 ½ beschriftet. Er wurde an den westlichen Seitenwall gesetzt. Über die Gründe kann man spekulieren (korrekter Grenzverlauf?). Es folgen die umgearbeiteten Steine HB Steine HB 473 (3), HB 472 (2) und HB 471 (1). Und dann kommt der Dreimärker HB 470, an dem die Harreshausener, die Schaafheimer und die Großostheimer Gemarkungen zusammenstoßen.
HB 470 ist der Stein "0" der zweiten Nummerierungsfolge, die sich von hier bis zur Gersprenz hinzieht. Es ist schwierig, hier ein System zu definieren, z.B. welche Nummerierung ist die ältere? Hat sich der Steinmetz bei den "½" Steinen vertan?
In § 41 des oben erwähnten Partifikationsrezesses wurde festgelegt: Bei der ersten guten Witterung soll jeder Amtsanteil gegeneinander ordentlich abgegrenzt und auf gemeinschaftliche Kosten mit tüchtigen Hoheitssteinen versehen .. werden. Diese Steine sollen hier nicht behandelt werden, doch steht der Dreimärker HB 470 an der heutigen Hessisch-Bayrischen Grenze, dort wo 1771 Hessen-Hanau-Münzenberg (= Babenhausen), Hessen-Hanau-Lichtenberg (= Schaafheim) und Kurmainz (= Großostheim) aneinanderstießen ( -->Standort), wobei Hessen-Hanau-Münzenberg = Grafschaft Hanau, bzw. Landgrafschaft Hessen-Kassel und Hessen-Hanau-Lichtenberg = Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Der Dreimärker hätte eigentlich mit HD - HM - CM beschriftet sein müssen, wenn er 1771 aufgestellt worden wäre. Auf der Schaafheimer Seite ist er mit HD / Schaafheimer Ortszeichen / No / 470 beschriftet. Das passt. Auf der Babenhäuser Seite lesen wir GH / BHM, wobei sich durch das G ein Querstrich zieht. Das H sieht eigentlich unbearbeitet aus. Auf der Großostheimer Seite ist das übliche GF / FP und das Ortszeichen eingemeißelt.
Die nächsten beiden Steine auf dem Damm der Landwehr habe ich nicht gefunden, wohl aber den Stein HB 499 aus Granit (25 x 25 cm Grundfläche) und eingeschlagener Nummer. Am nächsten Granitstein HB 465 verlässt die Landesgrenze die Bachgauer Landwehrs. Sie kürzt einen Zwickel ab, auf dem die Landwehr komplett auf Hessischem Territorium verläuft. Mit etwas Glück findet man die Steine HB 464, HB 466 und HB 462 (Granit) im unwegsamen Waldgelände. Durch dichtes Unterholz kletternd erreicht man bei Stein HB 460 (Granit) wieder die Bachgauer Landwehr. Um dahin zu gelangen, kann man natürlich auch der Landwehr bzw. dem Begleitweg folgen. Wenige Meter hinter HB 460 macht die Landwehr einen Knick nach Süden. Ich hatte den Eindruck, dass der Weg auf dem östlichen Teil der Landwehr erbaut worden ist. Bis zum Industriegebiet Ringheim bzw. bis zur Friedensglocke (Spessartprojekt, Tafel 5) konnte ich nur noch einen Granitstein HB 451 finden. Der Verlauf der Landwehr bis zum Radheimer Wachturm ist im Gelände nicht mehr deutlich zu erkennen. -->Hier ist eine Karte dieses Grenzabschnitts mit den Lageangaben der Grenzsteine aufzurufen.
Anmerkungen:
- Es ist nicht allgemein bekannt, dass die nationalsozialistische Führung die historischen Grenzmarkierungen beseitigen ließen. In einem von Herrn Schroth zur Verfügung gestellten Artikel von Ewald Lang vom Geschichtsverein Bachgau Großostheim, Jahresausgabe 1986 "Die Landwehr im Bachgau" ist zu lesen: .. Ein Teil der Grenzsteine fiel ...der symbolischen Beseitigung der Grenzen im sogenannte "Großdeutschen Reich" zum Opfer. Nach Augenzeugenberichten marschierten einige übereifrige Parteimitglieder mit Vorschlaghämmern und Äxten ausgerüstet zur Landwehr ...
- Im genannten Artikel wird berichtet, dass 1774 ein langwieriger Grenzstreit zwischen Hessen-Hanau-Münzenberg (= Hessen-Kassel) und Kurmainz beigelegt und die Grenze neu besteint wurde. Aus dieser Zeit stammen die Steine, die mit HM und CM beschriftet waren und die dann 1811 wie oben beschrieben umgearbeitet wurden.
- 1778 erfolgte auch eine Einigung zwischen Hessen-Hanau-Lichtenberg (= Hessen-Darmstadt), so dass auch die Grenze zwischen Großostheim und Schaafheim mit Grenzsteinen versehen wurde. Einen solchen Stein habe ich an dieser Grenze nördlich von Ringheim nicht gefunden. Im Tordurchgang des Schaafheimer Rathauses steht jedoch der Stein HB 456 (von 1811) auf einem historischen Brunnen-Querbalken an der Seitenwand. Auf der einen Seite: Mainzer Rad / GF / FP , zwischen F und P das Ortszeichen von Großostheim (O mit einem innenstehenden S) Auf der anderen Seite: Hessischer Löwe / HD / Ortszeichen von Schaafheim (S mit einer Wolfsangelrune).
- Sehr ärgerlich ist die Tatsache, dass im Hof einer Schaafheimer Gastwirtschaft der Stein HB 469 zu finden ist. Dieser Stein stand 1986 noch auf dem Originalstandplatz. Wie er wohl in den Hof gekommen ist? Das geht aus einer Meldung von Frau Hella Pfannkuch an die Untere Denkmalschutzbehörde hervor. Auch der Stein HB 468 (stark beschädigt) war noch an Ort und Stelle vorhanden. Auch weiter südlich sind historische Grenzsteine verschwunden.
- 1983 wurden für die Großostheimer - Schaafheimer Grenze 20 Granitsteine bestellt, um die Grenze neu zu markieren. Ich habe nur 7 davon finden können. Eine magere Ausbeute, die wahrscheinlich der dichten Vegetation im Juni 2020 geschuldet ist.
- Bei
einem Spaziergang an der südlichen Grenze zwischen Schaafheim
und
Großostheim fand ich in den Nähe des Buchenkopfs den
Grenzstein HB 376 mit der Inschrift GH / KB (= Königreich
Bayern).
Teil 4: Die Suche nach dem Stein Nr. 1
Die Steine an der Hessisch-Bayrischen Grenze sind durchgehend nummeriert. Die Zählung beginnt mit Stein 624 an der Gersprenzmündung. Der südlichste Stein auf meinen Spaziergängen trug die Nummer 376. Für mich stellte nun sich die Frage, wie es mit der Nummerierung weitergeht. Ich wollte dann die Suche nach Stein Nr. 1 systematisch angehen und postulierte, dass die Zählung am Berührungspunkt von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg beginnt. Dieser Ort befindet sich in der Nähe von Hesselbach im südlichen Odenwald (-->Standort). Von dort aus kann man in 20 Minuten zum Dreiländereck laufen. Dies machten wir und fanden oben einen schönen Dreimärker, ca. 130 cm hoch und mit GB, KB und GH beschriftet. Auf der GB-Seite las man noch "171" und auf der GH-Seite "NI - 134 - 1837". Sollte das "NI" als Nummer 1 gelesen werden? Aber wieso 134? Die Auflösung kam, als wir der Grenze Richtung Norden folgten und auf eine dichte Reihe von sehr schönen Grenzsteinen stießen, die aber hier nicht beschrieben werden sollen. Der erste aus 1780 trug keine Nummer, wohl aber die nächsten: 117, 116, 115, usw. Der Dreimärker entsprach der Nummer 119. Das war also Fehlanzeige. Der Stein Nummer 1 muss demnach weiter nördlich stehen.
Eine Internet-Recherche brachte die Lösung: Auf der Website des leider verstorbenen Herrn Gutberlett www.grenzsteine.de sind auch die Steine dieses Grenzabschnitts abgebildet. Daraus ging hervor, dass der Stein mit der Nummer 1 im Bereich Eutergrund / Würzberg steht. Um zum Eutergrund zu gelangen, muss man in Bullau der öffentlichen Straße folgen, bis es an der Eutermühe nicht mehr weitergeht. Vorher, an der Brücke über den Euterbach, entdeckten wir Richtung Südwesten einen Grenzstein, der sich als der Gesuchte mit der Nummer 1 erwies (-->Standort). Die Beschriftung: Hessenseite: W (Würzberg) I / GH (Großherzogtum Hessen), BU (Bullau) Hessenlöwe / Bayernseite: KB (Königreich Bayern), BR (Breitenbuch?), Wappen mit gekreuzten Schwertern und eine Krone darüber. Nummernseite: W- I /Vierte Seite: "1839". Wenn man dann den Weg an der Eutermühle vorbei nach Norden geht kommt man bald an den Stein mit der Nummer 4.
Offen bleibt die Frage, wieso die Zählung im recht abgelegenen Eutergrund beginnt und nicht am Dreiländereck. Ist diese Zählung wirklich durchgehend oder gibt es einen weiteren Sten Nr. 1 weiter nördlich? Und: geht die Zählung nordöstlich des Mains Richtung Spessart weiter? Es bleibt spannend. Anmerkung: Wie die Suche ausgegangen ist, kann man weiter unten erfahren.
Anmerkung August 2020
Im Internet wurde ein Stein mit den Inschriften HD / KB / II(?) 444 angeboten. Ich wurde gefragt, wo dieser Stein gestanden haben könnte. Es ist offensichtlich, dass der Stein von der oben beschriebenen Grenzlinie stammt, zumal südlich von Schaafheim Steine ähnlichen Aussehens zu finden sind (z.B. Stein Nr. 376). Der Stein mit der niedrigsten Nummer, den ich an der Landwehrgrenze nördlich von Schaafheim gefunden habe, ist ein moderner Granitstein mit der Inschrift 451. Wenn man von diesem Stein der Grenze auf einer ALKIS-Karte (Hessenviewer) sieben Grenzpunkte nach Süden folgt, kommt man zu dem ursprünglichen Standort von Stein 444: UTM 32 U 501969, 5531188. Die entsprechende Karte kann man -->hier aufrufen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass dieser Stein erst kürzlich entwendet wurde; die Steine an diesem Weg nahe der Bebauung dürften schon vor geraumer Zeit "gesichert" worden sein. Das steht im Gegensatz zu dem oben erwähnten Stein HB 489, der eindeutig in den letzten 20 Jahren gestohlen wurde.
Anmerkung Juni 2021
Durch Herrn Thomas Hahn bin ich auf den "Hohen Stein" an der Hessisch-Bayerischen Grenze aufmerksam gemacht worden (-->Standort). Er ist, wie der Infotafel zu entnehmen ist, ein 1668 gesetzten Dreimärker am Berührungspunkt der Territorien von Kurmainz, Breuberg und des Oberamtes Umstadt, das unter der gemeinsamen Herrschaft von Hessen und der Kurpfalz lag. Der Originalstein wurde irgendwann gestohlen und nach geraumer Zeit (farbig angemalt) wieder zurückgebracht. Aus Sicherheitsgründen fertigte man eine Replik für den Originalstandort und bewahrte den Originalstein im Museum auf der Breuburg auf. Heute verläuft am Standort die Hessisch - Bayerische Grenze. Hier stoßen die Gemarkungen von Mömlingen, Hainstadt und Wald-Amorbach zusammen.
Für uns wichtiger ist der zweite, kleinere Stein. Wir kennen den Typ vom nördlichen Teil der Hessisch - Bayerischen Grenze. Der Stein trägt in einem Wappenschild das Mainzer Rad, links daneben ein "GF" (untereinander) wie Großherzogtum Frankfurt und rechts auf gleicher Höhe wie das linke "F" ein "P". Offensichtlich hat der Platz obendrüber nicht mehr für ein "F" gereicht (Fürst Primas). Vielleicht sollte man das "FP" von rechts nach links lesen. Mittig unter dem Wappenschild ist ein "M" zu erkennen. Das steht sicherlich für das benachbarte Mömlingen. Es handelt sich ebenfalls um eine Replik; die Rückseite ist nicht ausgeformt. Das Original befindet sich ebenfalls auf der Breuburg.
Ich folgte dann der Grenze Richtung Norden. Nach knapp 300 Metern kommt erreicht man den nächsten Grenzpunkt. Er ist mit einem Stein des gleichen Typs markiert. Der Kopf ist weiß gestrichen. Auf der Westseite ist ansatzweise der Hessische Löwe zu erkennen, auf der Ostseite wieder das Mainzer Rad und die üblichen Buchstabenkombinationen, wobei des zweite F jetzt an der richtigen Stelle steht. An den Seiten sind "No 272" und "1810" zu erkennen. Ich bin noch etwas weitergegangen. Nach ca. 50 Meter erreicht man einen der üblichen Granitsteine mit der Inschrift "273". Vielleicht sollte man sich die Mühe machen, die gesamte Grenze abzulaufen, zumal es Hinweise darauf gibt, dass es an den Grenzen zu Mömlingen noch weitere interessante Grenzsteine existieren.
Ein interessantes Problem liegt darin, dass die Grenze des Großherzogtums Frankfurt südlich von Eisenbach an den Main stieß. Dieser bildete bis östlich von Miltenberg die Südwest-Grenze des Großherzogtums. Heute verläuft die Hessisch - Bayerische Grenze im "Binnenland" links des Mains. Weiter oben in dem Artikel glaubten wir herausgefunden zu haben, dass der Stein mit der Nummer 1 im Eutergrund steht. Wieso sind dann die Steine des Fürstprimas mit einer Nummer gekennzeichnet, die ihren Ursprung nicht an seiner Grenze (am Main) beginnt, sondern weiter südlich? Ich werde in den nächsten Tagen nachschauen.
Ich habe nachgeschaut. Die Antwort auf die Frage nach Stein 1 ist so einfach, dass man eigentlich schon früher hätte draufkommen müssen. Die Grenze des Großherzogtums Frankfurt westlich des Mains verlief von Stockstadt im Norden bis nach Obernburg im Süden. Und die Grenze des Großherzogtums im Süden entsprach der (heutigen) westlichen und südlichen Gemarkungsgrenze von Obernburg. --> Hier ist eine Karte des Großherzogtums Frankfurt aufzurufen. Der Stein No 1 müsste dann an der Grenze von Obernburg und Wörth direkt am Main stehen! .....
Auf der nebenstehenden Karte erkennt man einen Stein 50, den man kommod vom Parkplatz "Runder Stein" (Standort) erreichen kann. Es handelt sich um einen schönen Stein des Großherzogtums Frankfurt. Die eine Seite zeigt den Hessischen Löwen mit G H und B, die andere das Mainzer Rad mit GF und FP mit einem O. Auf der Seite: No 50 und 1810. Ob noch weitere dieser Art bis zum Dreimärker No 40 stehen, habe ich nicht überprüft.
Den etwas lädierte Dreimärker erreichte ich von Seckmauren aus. Er steht im dichten Unterholz auf dem Berührungspunkt der Gemarkungen von Obernburg, Würth und Lützelbach/Seckmauern. Die Beschriftungen: "40" "O" "1829" (?) / "W" "128" (?) / "B". O bedeutet Obernburg, W sicherlich Wörth, B könnte Breuberg meinen, da Seckmauern bis 1806 zur Herrschaft Breuberg gehörte, danach zu Hessen. Die Bayerisch-Hessische Grenze verläuft von diesem Dreimärker Ost/Südost weiter. Nach 250 und weiteren 90 Metern entdeckt man zwei Steine mit der Aufschrift W (Wörth) auf der Südseite und wahrscheinlich ein "B" (auf der nicht zugänglichen Nordseite). Sie sind mit einem altertümlichen Schrifttyp mit 126 und 125 nummeriert. Das bedeutet, dass diese Steine nicht in das Nummernschema der Grenzen des Großherzogtums Frankfurt passen. Es gibt allerdings Steine nordöstlich des Dreimärkers, die in dieses Schema passen. Sie tragen keine Wappen, sondern sind nur mit "W" und "O" sowie mit "39", "No 38" und "No 36" gekennzeichnet. Auf den beiden letztgenannten ist noch "1810" zu erkennen. Den Stein No 37 habe ich nicht gesucht. Dies bedeutet, dass die Nummerierung des Großherzogtums Frankfurt in dieser Richtung entlang der Grenze Obernburg-Wörth fortgesetzt wurde. Diese Grenze verläuft ab Stein No 36 nicht mehr einem Weg entlang, sondern durch das Unterholz am Hang eines Taleinschnittes. Nur an einer Stelle, an der ein Pfad den Einschnitt quert, konnte ich noch einen Stein dieser Grenze finden, bei dem aber nur der Kopf zu erkennen war. Nach Auskunft des Obernburger Feldgeschworenen Vad stehen zwischen dem Dreimärker und dem Main keine Großherzoglichen Wappensteine mehr.
Und jetzt wurde es spannend: mit den Koordinaten des Grenzpunktes Obernburg - Wörth direkt am Fluss versehen, fuhr ich auf dem Fahrradweg entlang. Genau an der vorberechneten Stelle entdeckte ich einen großen Grenzstein im Gebüsch. Allerdings war es keiner der historischen Sorte, sondern ein moderner, der wahrscheinlich anlässlich der Eröffnung des Fahrradwegs vom Heimat- und Verkehrsvereins Obernburg 2004 gesetzt wurde. Auf der südlichen Seite ist das Wappen von Wörth, auf der nördlichen Seite das Wappen von Obernburg sehr schön eingemeißelt. Die Rückseite ziert ein Fahrrad. Dieser Stein steht natürlich nicht auf einem Grenzpunkt. Dieser befindet sich - mit einer Vermessungsmarke versehen - einige Meter weiter Richtung Main im Unterholz.
So endete die Geschichte nach dem Stein No 1 an der Hessisch-Bayrischen Grenze. Letzters ist nicht ganz korrekt, denn die Steinnummerierung erfolgte 1810 nach der Gründung des Greoßherzogtums Frankfurt. Der Fürstprimas Dalberg hatte offensichtlich nichts Besseres zu tun, als gleich nach der Etablierung seiner Herrschaft seine Grenze ordentlich zu besteinen. Sein Reich hielt sich nur drei Jahre bis dann die Bayern im Wiener Kongress mit starkem Druck gelang, das Frankenland um Aschafffenburg (und Miltenberg) unter ihre Kontrolle zu bringen. Das Ziel, sich auch noch Frankfurt einzuverleiben, erreichten die Bayern glücklicherweise nicht.
Anmerkung Juli 2021: Clara Hartmann machte mich auf einen Stein an dieser Grenze bei Hainstadt aufmerksam. Er ist flachgewölbt, besteht aus rotem Sandstein und trägt die Inschrift "GH", "1863" sowie "KB" (-->Standort). Das Besondere an dem Stein liegt in der Tatsache, dass er mit 1863 relativ spät gesetzt wurde und trotzdem die alte Nummerierung aus der Zeit des Großherzogtums Frankfurt aufweist. Unterhalb von "KB" befindet sich eine weitere Inschrift, die aber auf dem Foto nicht zu erkennen ist. (Foto: Clara Hartmann). Ich habe nachgeschaut: Die Inschrift unter dem KB lautet LG oder LC. Im Lapidarium in Mömlingen steht ein ähnlicher Stein ohne LG/LO mit der Nummer 190. Dort steht auch ein "Dalberg-Stein", vermutlich mit der Nummer 220 (es ist nur "..20" zu erkennen).
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