Sühnekreuze
Im Dreieichgebiet, besonders in der Gemarkung Offenthal, gibt es - trotz beträchtlicher Verluste in den letzten Jahrzehnten - relativ viele Steinkreuze bzw. Sühnekreuze und Kreuzsteine, die allesamt gut beschrieben sind. Die ultimative Website in Deutschland für Informationen über diese Kulturdenkmäler ist http://www.suehnekreuz.de. Frau Gesine Weber von der Denkmalschutzbehörde des Kreises Offenbach hat für den Kreis Offenbach eine Zusammenstellung aller Sühnekreuze erarbeitet, die --> hier zu finden ist. Daraus sind die Maße und Koordinaten sowie weitere Einzelheiten über diese Kleindenkmäler zu entnehmen. Eine KML-Datei für Google Earth ist -->hier aufzurufen.
Solche inschriftlosen steinernen Sühnekreuze wurden etwa zwischen 1200 und 1600 aufgestellt. Nach einem Totschlag wurde in einer Verhandlung zwischen der Obrigkeit, dem Täter und seiner Familie sowie der Familie des Opfers ein Vertrag ausgehandelt, der eine ganze Reihe von Bußen enthielt. Unter anderem sollte am Ort der Tat ein steinernes Kreuz aufgestellt werden, um an die Tat zu erinnern. Hintergrund war letztlich, die damals übliche Blutrache zu verhindern.
Es ist nicht sehr sinnvoll, die Sühnekreuze erneut detailliert zu dokumentieren. Dafür wird im Folgenden eine Fahrradtour beschrieben, bei der wir alle bekannten Sühnekreuze im erweiterten Dreieichgebiet "erfahren" können. Viel Spaß dabei !
- Dreieichenhain
- Langen Neues in 2022
- Götzenhain
- Offenthal
- Urberach Neues in 2022
- Dietzenbach
- Heusenstamm
- Offenbach
- Dudenhofen
- Eppertshausen
- Steinheim
- Sachsenhausen
Seitenraum neben einigen schönen Grenzsteinen drei Sühnekreuze. Die beiden Kreuze auf dem linken Bild haben eine interessante Geschichte: Das unbeschädigte Kreuz (rechts im Bild) stand bis 1936 am Alten Berg bei Götzenhain unmittelbar an der Gemarkungsgrenze von Dreieichenhain. 1933 fand man neben diesem Kreuz in einem Schutthaufen das andere, stark beschädigte Kreuz, das man dann neben dem erstgenannten aufstellte. Bei Bauarbeiten im Jahr 1956 mussten die Kreuze versetzt werden. Dabei wurde das beschädigte Kreuz gestohlen. Karl Nahrgang entschied sich, das andere Kreuz im Dreieich-Museum zu sichern. Die Diebe des Steinkreuzes, offensichtlich angesehene, honorige Mitbürger (die Namen sind in Lit. Dittler nachzulesen), stellten das Kreuz in ihrem Garten auf. Nach ihrem Tod übergab die Tochter der Entwender dankenswerterweise das Kreuz dem Dreieich-Museum. Seitdem sind die Kreuze wieder vereint.
Anmerkung 5/2017: Am 21. Mai 2017 wurde die neue Dauerausstellung im Dreieich-Museum eröffnet. Es gibt dort eine sehr schön gestaltete, informative Abteilung, die sich mit den Sühnekreuzen in der Landschaft Dreieich beschäftigt. In dieser "Koje" werden auch die drei Sühnekreuze gezeigt, die oben beschrieben wurden.

Anmerkung 9/2022: Obwohl die Sühnekreuze in einem Steinpodest standen, war die Gefahr groß, dass sie von einem Kraftfahrzeug beschädigt werden. Der VVV hatte sich daher entschlossen, das steinerne Podest zur Bachgasse hin zu erweitern. Die Kreuze konnten bei dieser Aktion nicht gegeneinander ausgetauscht oder angehoben werden, da sie zu fest einbetoniert waren. Die Offenbach-Post berichtete von der Einweihungsfeier.
Im Philippseicher Wald im Distrikt Lauxensee steht ein ähnlicher Kreuzstein (rechts). Rätselhaft an diesem war die Tatsache, dass an dieser Stelle noch niemals eine Grenze verlief. Ein zufälliges Gespräch mit einem Bewohner von Philippseich brachte die Aufklärung: Er fand diesen Stein abgelegt auf einem Steinhaufen hinter Philippseich. Er stellte ihn in den Wald auf die andere Seite der Philippseicher Straße und begrub an dieser Stelle seine Hunde! Eine ungewöhnliche Umwidmung eines historischen Grenzsteines. -->Standort
Anmerkung 2/20: Der Sturm an 18.8.2019 hat den Waldbezirk Lauxensee zerstört. Auch der Kreuzstein hat darunter gelitten: er liegt jetzt heraus. Es ist ein trostloser Anblick !
Anmerkung 3/2020: Es gibt seither eine ausgedehnte Korrespondenz zu diesem Thema. Dass ich kein ignoranter Nörgler bin, bewies der Sturm am 19. August 2019. Zum Glück brach nicht der Ast über dem Kreuz, sondern der rechtwinklig davon vom Stamm abging. Es hätte leicht anders kommen können. Es zieht sich jedoch ein tiefer Riss durch den
Stamm, der den
Restbaum erheblich destabilisiert. Anfang des Jahres
wurde vom DLB Dreieich / Neu-Isenburg erklärt, dass der Baum
verkehrssicher zurückgeschnitten wird. Passiert ist bisher
noch
nichts. Anmerkung 9/2020: Nach einer schriftlichen Empfehlung eines Fachmanns aus dem Forstamt Langen, die Eiche aus Verkehrssicherheitsgründen zu fällen oder zumindest baumpflegerische Maßnahmen zu ergreifen, hat der Dienstleistungsbetrieb die ausladenden Äste der stehengebliebenen Teils der Eiche gekappt. Hoffentlich reicht diese Maßnahme aus, um eine Zerstörung dieses Kulturdenkmals zu verhindern. Die Kreuze stehen eigentlich auf Offenthaler Gemarkungsgebiet.
Anmerkung 10/18: Der Hainer Weg wurde 2018 neu gestaltet. Das Sühnekreuz wurde deshalb von mir "eingehaust", damit es keinen Schaden nimmt. Vor dem Kreuz wurden andere Gehwegplatten verlegt und die Mauer hinter dem Kreuz verputzt. Neben dem Kreuz wurde eine Infotafel mit einem QR-Code angebracht. Im Zusammenhang mit der Eröffnung des neugestalteten Dalles in Götzenhain hatte ich die Gelegenheit zu einem Kurzvortrag unter dem Titel "Altes Sühnekreuz - neu erklärt".
--> Standort
Anmerkung 2/20: Der Sturm an 18.8.2019 hat im Fasaneriewäldchen schweren Schaden angerichtet. Auch der Kreuzstein hat darunter gelitten: er hängt nach Westen und ist am Kopf leicht beschädigt. Ein trostloser Anblick!
Wir
fahren einige Meter zurück
und biegen nach rechts in einen Pfad nach Süden
Richtung des Neubaugebietes. Vor
der Bebauungsgrenze biegen wir nach rechts ab, wo wir
dann an
der
Straßenverzweigung (Langen - Götzenhain) einige
Meter in Richtung Offenthal
ein
weiteres Kreuz entdecken können. (Nachtrag 6/2014: Durch die
Umgestaltung der Straßeneinmündung muss man jetzt
von der
östlichen Fußgängerampel ca. 30 m. dem
Wirtschaftsweg
Richtung Offenthal folgen, um das Kreuz links im
Fichtengebüsch zu
finden). Ursprünglich standen
hier drei Kreuze, wovon eines schon lange nicht mehr existiert. Von den
beiden anderen wurde eines im Jahr 1969 gestohlen. Auf
dem historischen Foto rechts (Archiv Timo Seibert) ist zu erkennen,
dass in dem Kreuz ein kleineres Kreuz
(52:43:5 cm) eingemeißelt war, durch das es eindeutig in
Nachbars Garten zu identifizieren wäre. Das an
jetzt dieser Stelle stehende Kreuz wurde bei
Straßenbauarbeiten im
Jahr 1979 ebenfalls gestohlen, wurde aber nach einem Presseaufruf
heimlich wieder zurückgebracht und neu
eingesetzt. -->Standort
-->Standort
Anmerkung 10/2022:
der Platz um die Madonna wurde neu gestaltet. Es ist ein wunderbare Ort
entstanden. Die Pieta wurde aufwändig restauriert,
Die Schrifttafel
unterhalb der Skulptur ist
gut
zu lesen, was einem ein leichtes Schmunzeln abringt. Für unser
Thema viel wichtiger
ist die Tatsache, dass hinter der Kreuzigungsgruppe eine Bruchsteinen
verblendete Mauer mit einer Öffnung errichtet wurde. In dieses
Fenster wurde das vorher sehr unscheinbare Sühnekreuz
freistehend
platziert. Und das geniale daran ist, dass unterhalb des Fensters der
Fuß des Kreuzes, integriert in die Bruchsteinmauer, zu sehen
ist.
Links und rechts des Kreuzes sind zwei
Metalltafeln angebracht,
denen man Informationen über die Pieta und das Sühnekreuz
entnehmen kann. Die Offenbach-Post
berichtete über die Einweihung des Platzes.-->Standort
Nachtrag 8/2013: In Zusammenarbeit mit dem Heimat- und Geschichtsverein Dietzenbach und in Absprache mit der Unteren Denkmalschutzbehörde der Kreises Offenbach und der ev. Kirchengemeinde hatte ich das Privileg/Vergnügen, diese Sühnekreuze von dem alten Zementputz zu befreien und mit einem gefärbten Spezialmörtel (Fa. Axel Kaufmann) neu zu verfugen, so dass die Form des Kreuzes insbesondere bei dem an der Kirchhofsmauer jetzt plastisch hervortritt.
-->Standort
-->Standort
In der Nähe des Gambrechtkreuzes befindet sich ein kleiner Kreuzstein, über den im Kapitel Gedenksteine berichtet wird. Wir überqueren die L 3117, fahren am Wildhof vorbei bis zur Müllverbrennungsanlage und wenden uns an der Bushaltebucht nach rechts, immer am Zaun der Schlackendeponie entlang.
Ich hatte sehr intensiv nach diesem Steinkreuz an der angegebenen Stelle gesucht. Bei weiteren Recherchen (auch im Hessenpark) konnte ich niemanden finden, der etwas darüber wusste, so dass ich vermutete, es sei abhanden gekommen (Wegebaumaßnahmen?). Ich beschrieb es auf dieser Website unter dem Kapitel "Vermisste Steine".
Man findet das Kreuz, wenn man von der Müllverbrennungsanlage kommend, den Zaun der Schlackendeponie bis zum Ende entlangläuft. Der Weg macht dann eine flache Biegung nach rechts. Auf der rechten Seite ist der Graben kurz verrohrt. Von der Mitte der Verrohrung aus geht man 7 m nach Süden in den Wald hinein und dann 4 m nach Osten (links). Der -->Standort liegt gefühlt auf Heusenstammer Gemarkung bzw. im Kreis Offenbach (da südlich der Autobahn), de facto handelt es sich um das Waldgebiet der Stadt Offenbach, das aber vom Forstamt Langen betreut wird. Dieser Wald um den Wildhof (Deutschherrenwald) war früher im Besitz der Deutschordenscommende in Frankfurt. Er wurde 1806 säkularisiert und kam 1964 durch Kauf in den Besitz der Stadt Offenbach.
Wer möchte, kann noch das "Weiße Kreuz" östlich der nördlichen Rampe über die Autobahn A 3 führenden Brücke (bei der Müllverbrennungsanlage) besuchen. -->Standort. Über die Bestewiesenschneise und ggf. Holländerbornschneise können wir wieder zurück an unseren Ausgangspunkt fahren.
Am südlichen Rand der Gebückswiese (östlich der Holländerbornschneise) stand übrigens bis vor dem 2. Weltkrieg ein Sühnekreuz, das den Besitzer der Wiese immer beim Mähen störte. Bei einer solchen Gelegenheit grub er das Kreuz aus und schaffte es in den Vorgarten seines Hauses in Sprendlingen. Irgendwann wurde der Garten und Hof neu gestaltet, seitdem ist das Kreuz verschwunden. Auch die "Freunde Sprendlingens" konnten es bei einer intensiven Durchsuchung (mit Grabungen) nicht auffinden. Wir werden hier berichten, falls es doch einmal auftauchen sollte. Der Grundstücksbesitzer hat sich für diesen Fall bereit erklärt, das Kreuz dem Dreieich-Museum zu überlassen.
Dieses Feldkreuz am Niederröder Weg stammt aus dem Jahr 1722. Datum und Initialen sind im Sockel eingearbeitet. Das in einfacher Handwerksarbeit ausgeführte Kreuz aus Sandstein wurde im Verhältnis zu anderen Feldkreuzen früh aufgestellt und hatte daher Seltenheitswert. Sein Ursprünglicher Standort war aber an der Straße nach Rembrücken. Die Materialien, aus denen Feldkreuze gefertigt wurden, waren vor allem Sandstein, aber auch andere Gesteinsarten, Holz oder Metall. Fels- oder flurkreuze waren als Zeichen des christlichen Glaubens von der Bevölkerung errichtet. Ähnlich wie Sühnekreuze stehen sie an Wegen und Straßen, an denen ein Unfall oder Verbrechen geschah. -->Standort
Man fährt dann durch Heusenstamm durch, um an das oben beschriebene Sühnekreuz an der Alten Straße am Schlackenberg der Müllverbrennungsanlage zu kommen.
1988 wurden auf Veranlassung des Förderkreises für kulturelle Projekte diese beiden Repliken an der Rodaubrücke in einer Grünanlage aufgestellt. -->Standort
Nahrgang schrieb: In der Hofmauer der 1470/71 erbauten Sachsenhäuser Warte sind nach der Darmstädter Landstraße zu nebeneinander vier steinerne Kreuze eingemauert. Das Linke (nördliche) Kreuz hat eine Höhe von noch 58 cm, die Arme ragen beiderseits 15 cm über den Kreuzstamm hinaus. Das darunter vermauerte 47 cm lange Sandsteinstück scheint die
Die naheliegende Erklärung ist, dass die Kreuze bei der Teilzerstörung der Warte im 2. Weltkrieg verloren gegangen sind.
Wenn man die Steinkreuze aus der Reiffenstein'schen Zeichnung auf ein aktuelles Foto überträgt, erkennt man die ungefähre Lage der Steine. Es fällt auf, dass die Mauer zur Landstraße auf der Zeichnung ohne den heutigen Rücksprung dargestellt ist. Dieser Rücksprung soll wohl die Grenze zwischen der Wartmauer und des Gebäudes mit dem Pultdach markieren. Interessant ist das Detailbild: Dort ist eine schräg verlaufende Bruchlinie zu erkennen (roter Pfeil). Weiterhin ist die Kante des Rücksprungs mit weißen Kalksteinen gemauert. Die zurückgesetzte Wand ist im oberen Bereich mit roten Backsteinen gemauert. Der untere Bereich ist noch verputzt. Obwohl mir die Kriegsschäden an der Warte nicht bekannt sind, ist die folgende Hypothese naheliegend:
Es wäre sicherlich reizvoll, die Steinkreuze wieder in der Mauer der Warte als Replik sichtbar zu machen. Man kennt dank Nahrgang die Maße. Die Kreuze könnten aus einer ca. 7 cm dicken Sandsteinplatte herausgeschnitten werden und an den ursprünglichen Orten befestigt und dann eingeputzt werden.
Anmerkung 2/2018: Herr Ulrich Theis informierte, dass das weiße Mauerwerkaus einer Renovierung stammt, die in den frühen 80er Jahren von einer Zigarettenfirma gesponsert wurde. Dort wurde im Innenhof der Frankfurter Adler aus dem Rathausturm “Langer Franz” in Einzelstücken aufgefunden und in der abgerundeten Ecke eingemauert. Ein gleicher Adler befindet sich an der Friedberger Warte. Das Ziegelmauerwerk stammt von einem Transformatorenhäuschen, das in den 50er Jahren in die offene Ecke eingebaut wurde, als der Innenhof von einem Motorrad- und Schrotthändler genutzt wurde.
Anmerkung 1/2023: Herr Rainer Fredrich machte mich auf zwei Abbildungen in www.warttuerme.de aufmerksam, die wiederum aus "Die Baudenkmäler in Frankfurt a.M." stammen. Eine davon ist eine maßstabgerechte Zeichnung, auf der man die Lage der Kreuze gut erkennen kann. Er hat auch einige Vorkriegsfotos ausfindig gemacht, auf denen die Kreuze - allerdings undeutlich - zu sehen sind. Auf einem Gemälde der Sachsenhäuser Warte von Christian Georg Schütz d.Ä. aus dem Jahr 1779 sind in der Wand keine Kreuze eingelassen. Rainer Fredrich hat in der linken unteren Ecke ein oder mehrere Kreuze entdeckt, die möglicherweise später in die Mauer eingefügt worden sein können. Man sollte sich einmal das Originalbild im Frankfurter Historischen Museum anschauen. Interessant ist auch ein Bild aus der Deutschen Digitalen Bibliothek aus der Nachkriegszeit. Es zeigt die schräg abgebrochene Originalmauer und die nach hinten versetzte neue Mauer. Irgendwann hat man (leider) die historische Mauer mit den Kalksandsteinen begradigt und verputzt.
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