Steine in der Dreieich
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Flakstellungen in Neu-Isenburg


Film FlakstellungenMit einem Klick auf das Bild können Sie den Film über die ehemaligen Flakstellungen in der Neu-Isenburger Ostgemarkung aufrufen. Die Dokumentation in Form einer Broschüre ist bei dem GHK Neu-Isenburg für 15 € zu erwerben. Ich danke Herrn Dr. Ferdinand Stegbauer für seine wertvollen Beiträge zum Gelingen dieser Broschüre.
Der Text unten beschreibt die Geschichte meiner Entdeckungen aus einer persönlichen Sicht. Es war ein sehr spannendes Projekt, eine Arbeit, die durch die Verleihung der Hugenottenmedallie anerkannt wurde (als erstem und einzigen Sprendlinger).



Flak-Helfer SteinIn der Ostgemarkung von Neu-Isenburg, am Schindkautweg (ca. 100 m südlich der Einmündung zum Gravenbruchring) -->Standort, steht ein Gedenkstein für die Besatzung einer Flakstellung, die 1944 durch einen Volltreffer zerstört wurde. Es kamen dabei 10 Personen ums Leben, fünf jugendliche Luftwaffenhelfer, ein regulärer Soldat und vier russische Kriegsgefangene. Der Granitfindling wurde von "überlebenden Kameraden" gestiftet. Er ist mit einer Metallplatte mit folgender Inschrift versehen: "Zur Erinnerung an unsere am 29. Jan. 1944 hier in der Flak-Batterie 1/681 gefallenen Kameraden". Ohne dem Erinnern an gefallene Kameraden negativ zu begegnen, wäre es sicherlich angebracht gewesen, auch den vier getöteten russischen Kriegsgefangenen zu gedenken. Sie alle sind letztendlich gemeinsame Opfer des terroristischen Nazi-Systems gewesen.

Dies ist der Text, den ich vor einigen Jahren unter dem Kapitel „Gefallenendenkmale“ auf dieser Website veröffentlicht habe. Im Zusammenhang mit meinen Recherchen zu den Gleisanlagen im Isenburger Wald erhielt ich von Patrik Müller einen Hinweis, dass in der Nähe dieses Gedenksteins noch irgendwelche Betonreste zu finden seien. Ich wendete mich an die Neu-Isenburger Historikerin Dr. Heidi Fogel, die mir den Tipp gab, am Ende des Brüllochsenwegs einmal nachzuschauen. Außerdem läge ein Einmannbunker hinter der Turnhalle der Goetheschule.  

BildIch begab mich unverzüglich zum Brüllochsenweg: Man fährt von der Offenbacher Straße in den Weg An den Grundwiesen und biegt hinter der Luderbachbrücke rechts in den Brüllochsenweg. Gleich rechts erkannte man zwei kleinere Betonstrukturen. Am Ende dieses 
Wegs standen die Überreste zweier Flakstellungen. Die südlich des Weges war teilweise eingestürzt; man erkannte die Relikte rezenter Anbauten (z.B. eine leere Elektrosteckdose). Aus dem Betonboden ragten mittig zwei Stahlstutzen, an denen offensichtlich das Geschütz befestigt war. Die zweite Flakstellung nördlich des Weges war in einem besseren Zustand; die Decken waren noch nicht eingestürzt. Der Dienstleistungsbetrieb hatte symbolisch zwei Barrieren aufgestellt, um Besucher abzuhalten. Die Baustruktur war sehr komplex, Betonmauern wechselten sich mit Ziegelmauerwerk ab, die Dicke der Betondächer war unterschiedlich.  

BildAuf dem Rückweg suchte ich an der Turnhalle mit Erfolg den Einmannbunker in Höhe des hinteren Turnhalleneingangs. Ich kämpfte mich noch ein wenig tiefer in das mit Brennnessel und Brombeerranken dicht bewachsene Unterholz und konnte dort mehrere überwachsene, z.T. mit Graffiti beschmierte, verfallene Betonobjekte entdecken. Auch hier konnte ich keine Strukturen erkennen.  

Die Strukturen wurden sehr deutlich, als ich mir ein hochaufgelöstes historisches Foto der Neu-Isenburger Ostgemarkung aus dem Jahr 1944 besorgte (NCAP-000-000-177-787, Weilruh; Försterei; Darmstadt; Germany © RCAHMS. Licensor RCAHMS / ncap.org.uk). Man erkennt drei Kreise bestehend aus sechs Punkten: am Schindkautweg, An den Grundwiesen und am Brüllochsenweg. Das waren eindeutig drei Flakbatterien mit je sechs Flakstellungen!  Dies stand in Übereinstimmung mit den Angaben in Lit. Nahrgang (2) X 10,130, nach denen in dieser Gegend drei Flakbatterien der 5. Flakdivision (1/322, 2/322, 3/322) existierten. 

Karte 1Dr. Heidi Fogel stellte mir Kopien eines Abschnitts aus der Publikation von Alfred Kurt über Luftwaffenhelfer bei der Flakgruppe Frankfurt (Lit. Kurt (3)) zur Verfügung, welche die oben- genannten Befunde bestätigte. Es handelte sich um eine Großkampfbatterie mit drei Batterien und insgesamt 18 Geschützendes Kalibers 8,8. Die Geschütze in jeder Batterie hatten Namen: Anton, Berta, Cäsar, Dora, Emil, Frieda. Dies Publikation ist ein beeindruckendes Zeugnis über die Sinnlosigkeit dieses Krieges: Junge Menschen im Alter von 15-17 Jahren wurden von der Schulbank weg zum Kriegsdienst eingezogen und mussten unter großen Gefahren zusammen mit russischen Kriegsgefangenen und regulären Soldaten an den Geschützen helfen, Flugzeuge abzuschießen in denen nur wenig ältere Menschen saßen, die ebenfalls eingezogen waren, um deutsche Städte zu bombardieren.   

Am 29.Januar 1944 griff eine amerikanische Flotte von mehr als 700 Flugzeugen die Stadt Frankfurt an, wo 900 Menschen im Bombenhagel starben. Fünf Bomben fielen auf die nördliche Batterie, wobei die Stellung „Emil“ einen Volltreffer erhielt. 5 jugendliche Luftwaffenhelfer, 1 regulärer Soldat und 4 russische Kriegsgefangene starben dabei. Im Internet ist ein Artikel der Zeitschrift Der Spiegel zu finden, der dieses Geschehnis beschreibt.  

GrundrissDoch zurück in die Gegenwart: Erhard Haller, ein befreundeter Architekt (dessen kürzlich verstorbener Onkel in diesen Flakstellungen Dienst tat und 1944 schwer verwundet wurde), vermaß und dokumentierte die relativ gut erhaltene Flakstellung nördlich des Brüllochsenwegs. Die äußeren Betonwände sind ca. 2 m hoch und 50 cm dick. Im Prinzip handelt es sich um eine rechteckige Betonstruktur, wobei an den  gegenüberliegenden Seiten zwei Öffnungen von 3,45 m Breite ausgelassen wurden. An den Flanken einer der Öffnungen wurden zwei weitere Betonmauern von 2,50 m Länge im rechten Winkel dazu erstellt (A und B), wobei in einer dieser Mauern (B) eine Türöffnung  ausgespart blieb. In dieser Außenecke war mit Ziegelsteinen eine Art Aufenthaltsraum errichtet, erkenntlich an einem Ofenkamin, der durch die Decke führt (C). Auf den anderen gegenüberliegenden Seiten waren ebenfalls mit Ziegelsteinen je drei kleine Räume mit insgesamt 5 Sektoren  abgetrennt (D – H). Dies war wahrscheinlich das Lager für die Munition. Etwas rätselhaft für den Betrachter ist die unterschiedliche Dicke der Betondecke. Während für den Aufenthaltsraum und einen Teil des Munitionslagers (Sektionen D und E) eine Stärke von nur 15 – 17 cm gewählt wurde, betrug die Stärke der Decke in der Mitte des Munitionslagers ca. 40 cm (Sektionen E, F und G). Interessant ist die Tatsache, dass die äußere Betonwand an den Stellen, wo sie die starke Decke trägt, deutlich dünner ist, weil der äußere Teil der Mauer mit Bimssteinen ausgeführt wurde  (Sektionen E, F und G). Es ist offensichtlich, dass die senkrechten Wände zuerst gefertigt wurden, mit entsprechenden Aussparungen für die Auflager der Deckenkonstruktion. Dies scheint eine Schwachstelle der Konstruktion  gewesen zu sein, denn bei den meisten noch existierenden Flakstellungsrelikten sind diese Decken eingebrochen.  

BildBildBildBild

Luftbild2Luftbild1Nachdem diese Flakstellung dokumentiert war, gingen wir daran, die Reste der anderen Stellungen ausfindig zu machen. Es ist sinnvoll die einzelnen Stellungen eindeutig zu benennen: Wir bezeichnen die Batterien mit A, B und C; die einzelnen Stellungen mit Ziffern, wobei die nördlichste bzw. nordöstlichste die Ziffer 1 erhält. Die von uns dokumentierte Stellung hat demnach die Bezeichnung C6.  

Im Bereich der Batterie A konnten wir nur noch Reste der Stellung A5 in einem Privatgarten entdecken. Die Stellungen A3 und A4 sind definitiv nicht mehr vorhanden. An (bzw. neben) den Standplätzen von A1 und A2 erkennt man mit Brombeer-Ranken überwucherte Hügel, unter denen sich die Trümmer der Stellungen befinden können. Der Standplatz von A6 liegt in einem Privatgarten, den ich noch nicht betreten konnte. Der Standplatz der getroffenen Stellung „Emil“ ist noch unbekannt. Hier ist noch etwas Recherchearbeit zu erledigen.   

Die ehemalige Batterie B ist teilweise von der Turnhalle der Goetheschule (Geschwister-Scholl-Halle) überbaut. Dies betrifft die Stellungen B4 und B5. Die zerfallenen Überreste der Stellungen B2, B3 und B6 verstecken sich im dschungelähnlichen Gestrüpp nördlich und östlich der Turnhalle. Die Stellung B1 befand sich auf der anderen Seite des Luderbachs. Die Überreste der Betonmauern erkennt man leicht am Anfang des Brüllochsenwegs (s. oben).Die Batterie B1 soll nach Hörensagen in den 1970er Jahren vom Technischen Hilfswerk teilabgerissen worden sein. Bei dem hellen Punkt in der Mitte des Kreises der Flakbatterie B könnte es sich um den jetzt dort liegenden Einmannbunker handeln.

BildBildKommen wir nun zu Batterie C am Ende des besagten Wegs. Die Stellungen C5 und C6 wurden oben bereits erwähnt. Trotz GPS Einsatzes fiel es uns schwer, die anderen Stellungen zu identifizieren. Wir fragten eine Pferdehalterin, Frau Krapf, ob sie etwas von Flakstellungen wüsste. Es stellte sich heraus, dass ihr Pferdestall in die Betonstruktur der Stellung C2 integriert war  (Abb. links). Sie wies uns auch auf die Überreste der benachbarten Stellung C3 hin, die unter Brombeerranken versteckt war. Schwierig gestaltete sich die Suche nach der Stellung C4 am Luderbach. Dort befand sich eine gemähte Wiese. Erst bei genauerem Nachschauen entdeckten wir die Ecken der Betonfundamente (Abb. rechts) und am Bach noch weitere Betonmauerreste. Von der Stellung C1, die auf Privatgelände lag, haben wir keine Überreste finden können.  

Haus C 4Frau Krapf erwähnte noch, dass bis vor einiger Zeit Herr Klenota in der Stellung C4 ein Haus besessen hätte. Ich machte ihn über das Telefonbuch ausfindig. Er erzählte mir, dass er und seine Frau bis 2001 dort gewohnt hätten. Das Gebäude war nach dem Krieg in die Flakstellung hineingebaut worden und diente lange u.a. als Wochenendhaus. Von der Stadt sei dies lange Zeit geduldet worden. Das Anwesen war mit Elektrizität versorgt und an das Telefonnetz angeschlossen gewesen. Die Stellung C5 sei als Stall genutzt worden. Da das Gebiet als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist, wurden Herr und Frau Klenota veranlasst - gegen ihren Willen - das Haus aufzugeben. Die Stadt Neu-Isenburg ließ dann das Haus beseitigen. Eigentlich sollten die Betonreste der Flakstellung stehen bleiben, durch ein Missverständnis machte der Baggerfahrer allerdings tabula rasa. Das Foto der umgebauten Flakstellung wurde freundlicherweise von Familie Klenota zur Verfügung gestellt. 

Interessant war die Information von Herrn Gräber, dass er als Jugendlicher in den Flakstellungen gespielt habe und dass sein Freund in einem unter Wasser stehenden unterirdischen Gang nach Waffen und Munition getaucht hätte. Frau Krapf bestätigte, dass es im Stall eine Treppe nach unten gegeben hätte, die aber irgendwann zubetoniert wurde. Auch Frau Klenota berichtete von einem zubetonierten Kellerabgang. 

Ich besuchte Herrn Günther Salzmann, einer der letzten Überlebenden der damaligen Luftwaffenhelfertruppe in Neu-Isenburg. Er berichtete sehr eindringlich von seinen Erlebnissen aus dieser Zeit und von der Bombardierung der Flakstellung, wie er sich mit seinem Freund zum Mittagessen verabredete und der wenige Minuten später von den Bomben getötet wurde. Er bestätigte, dass an den Geschützen reguläre Soldaten Dienst taten. Die Luftwaffenhelfer sorgten z.T. mit den russischen Kriegsgefangenen für den Nachschub an Munition beim Schießen. Die Zusammenarbeit mit den Kriegsgefangenen sei gut gewesen. Die Soldaten, die Luftwaffenhelfer und die Kriegsgefangenen waren an unterschiedlichen Orten untergebracht. Auch er konnte sich daran erinnern, dass eine Treppe in den Untergrund führte, allerdings wusste er keine Einzelheiten zu nennen. 

Herr Preiß teilte mit, dass die Kriegsgefangenen an der B46 in der Nähe der "Fettfabrk" (ehem. Chemische Fabrik Carl Wilden) untergebracht waren. Das heute in umgebauter Form noch existierende Haus nördlich der Brücke über den Luderbach (am Abzweig des Brüllochsenwegs) ist ein Relikt aus Kriegstagen. Die Familie hätte dort jedesmal eine Genehmigung einholen müssen, um ein Grundstück in der Nähe der Stellungen betreten zu können.

Anmerkung 1/17: Herr Zimmer informierte, dass dieses Gebäude den Besatzungen als Bade- und Waschhaus diente (weil nur bis dorthin eine Wasserleitung verlegt war).

Herr Lux erzählte, dass sein Vater sich erinnern konnte, dass die Munition der Flakstellungen gesprengt wurde und dass er nach dem Krieg noch gelegentlich Munitionsreste im Erdreich seines Gartens im (Bereich A) gefunden habe. Anmerkung: Die Munitionssprengung erklärt die eingestürzten Dachbereiche der Stellungen.

Weitere StrukturenScheinwerferstellungAuf dem Luftbild von 1944 sind noch weitere Strukturen zu erkennen, die möglicherweise in Zusammenhang mit den Flakstellungen stehen (Horchposten, Scheinwerferbatterien, Kommandostellen, Unterkunftsbaracken, etc.). Die Abb. links zeigt die Einmündung des Triebwegs in den Schindkautweg und unten die Einmündung des Brüllochsenwegs. Vor Ort konnte davon nichts mehr identifiziert werden. Der Bewohner des o.g. Hauses an der Brücke über den Luderbach hatte als Kind in den Bunkeranlagen am Einmündung des Triebwegs in den Schindkautweg gespielt. Er ist der Meinung, dass dort die Kommandantur untergebracht war . Dies ist nicht unwahrscheinlich, da diese Struktur in der Mitte der drei Batterien lag. Nachtrag: Der Besitzer des genannten Grundstücks teilte mir mit, dass sich dort der Munitionsbunker befunden hätte. Er sei mit einer Schicht Erde überdeckt. Der Eingang sei zugeschüttet worden. Auf den Grundstücken der Neu-Isenburger Ostgemarkung stehen noch immer viele Holzhäuser. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich bei einigen um ehemalige Wehrmachtsbaracken handelt. In der weiteren Umgebung findet man an der Brandschneise / Loreyseeschneise im Sprendlinger Wald drei Grabhügel, die zum Entsetzen der heutigen Denkmalschützer als Scheinwerferstellungen ausgebaut wurden (Abb. rechts oben, nach Lit. Nahrgang (2) die Stellung 4/299). Im genannten Luftbild erkennt man auf der Südseite der Friedhofstraße Strukturen, bei denen es sich wahrscheinlich um Scheinwerferstellungen handelte (ebenfalls 4/299).

Es gab neben den gut ausgebauten Flakstellungen in Neu-Isenburg eine Vielzahl von mobilen bzw. weniger armierten Stellungen rund um Frankfurt. Z.B. waren Flugabwehrkanonen im Feld der Sprendlinger Nordgemarkung stationiert. Auf der Website der "Freunde Sprendlingens" sind Farbaufnahmen dieser Stellungen aus dem Jahr 1940 publiziert.

Der oben genannte Gedenkstein wurde 1995 zum 50. Gedenktag (?) aufgestellt. Seit 2003 übernimmt die Stadt Neu-Isenburg die Pflege (Quelle: FNP). Die Initiatoren dieses Gedenksteins waren zweifellos die damaligen Luftwaffenhelfer und der Text wurde von ihnen so festgelegt. Durch den Angriff starben Klaus-Dieter Johannsen (15 Jahre), Gerhard Siebenborn (15 Jahre, beide aus Neu-Isenburg), Heinz Gaydoul 16 Jahre, aus Langen), Karlheinz Bayer (aus Dreieichenhain) und Bruno Rüll (15 Jahre, aus Mühlheim am Main). Weiterhin wurde der Geschützführer Josef Niggl (28 Jahre) getötet.

Von den auf der Flakstellung eingesetzten russischen Kriegsgefangenen kamen vier nachweislich ums Leben: Simon Krasulja (41 Jahre), Mitrophan Martschukow (28 Jahre), Wladimir Naunow (22 Jahre) und Nikolaij Egorow (25 Jahre). Quelle: Dr. Heidi Fogel. Sie schreibt weiter: "Die Kriegsgefangenen waren sogenannte Hilfswillige, ehemalige Soldaten der Roten Armee. Sie unterstützten mit ihrem Einsatz die deutsche Luftwaffe, aber freiwillig taten sie das nicht. Sie hatten lediglich die Wahl gehabt, entweder in einem deutschen Kriegsgefangenenlager in Russland mit hoher Wahrscheinlichkeit elend zugrunde zu gehen oder durch Unterstützung der Wehrmacht ihre Chance auf ein Überleben im Krieg zu verbessern. Wollen wir sie wegen der Wahl, die sie getroffen haben, verurteilen?" Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Kriegsgefangenen unter die Kategorie „Kameraden“ fallen. Mir ist bewusst, dass in den offiziellen Veranstaltungen auch dieser Toten gedacht wird, trotzdem bleibt wegen dieser Differenzierung auf dem Gedenkstein bei mir ein etwas ungutes Gefühl zurück.

Stefan MakliEs soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass sich in der Batterie C am Brüllochsenweg im Jahr 1969 ein Doppelmord an Stefan Makli und seiner Ehefrau Maria Makli begangen wurde. Trotz intensiver Fahndung und Einschaltung von „Aktenzeichen xy ungelöst“ konnte der Mord bisher noch nicht aufgeklärt werden. Den aktuellen Wissensstand hat A. H. Marx auf seiner Website ausführlich zusammengestellt. Er konnte aber Ort des Mordes nicht genau bestimmen. Dazu kann ich beitragen, dass Herr Klenota (der später in dem Haus in der Stellung C4 wohnte), berichtete, dass die Eheleute Makli sehr primitiv in einer Hütte an der Geschützstellung C2 gewohnt haben und dort auch umgekommen seien. Diese Hütte könnte ein Teil eines Bunkers gewesen sein. Heute stehen dort nur die Überreste der Stellung C3. (Bild von Stefan Makli: Kriminalpolizei, Kopie aus genannter Website). Der Mordfall Makli war auch Thema der Sendung "XY Ungelöst" vom 6.3.1970 (ab internem Zähler 7:46). dieser Bericht ist auch medienhistorisch interessant. 

Wie geht es weiter?

Die Erinnerungen an diesen schrecklichen Krieg werden mit jedem Jahr blasser. Die Menschen, die ihn erlebt haben und darüber erzählen können, werden immer weniger. Daher ist es m. E. wichtig, die steinernen Zeugen dieses Krieges nicht zu eliminieren, sondern sie als mahnende Erinnerung zu bewahren. In diesem Sinne sollte die fast unbeschädigte Stellung C5 in irgendeiner Form geschützt werden. Ich werde an dieser Stelle weiter berichten.


Ich danke den hier namentlich genannten Damen und Herren  und weiteren Gesprächspartnern für die Mitarbeit, für Gespräche und Informationen, ohne die diese Zusammenstellung der Befunde zu den Flakstellungen in der Neu-Isenburger Ostgemarkung nicht in dieser Form möglich gewesen wäre.

Jan.16

Anmerkung 2/16: Die Stadt Neu-Isenburg hat zwischenzeitlich die am besten erhaltene Flakstellung C6 einzäunen lassen. Am 19.2.2016 hatte ich das Vergnügen, einen gutbesuchten GHK-Rundgang zu den Flakstellungen zu leiten. Finden Sie hier ein Fotoalbum des Rundgangs, das freundlicherweise von Alexander Jungmann erstellt wurde. Auch die Stadtpost Neu-Isenburg hat darüber berichtet.

Anmerkung 5/16: In Abstimmung mit der Stadt Neu-Isenburg brachte ich eine von mir getextete und gestaltete Info-Tafel an dem Zaun an. Diese war 1/17 verschwunden und wurde von mir durch eine größere Tafel ersetzt, die an der Außenmauer der Stellung angebracht wurde.

Anmerkung 8/16: Ein weiter Einmannbunker steht an der Grundseeschneise südlich von Rollwald. Er diente als Schutz der Aufseher bei den dortigen Entwässerungsarbeiten durch die Häftlinge des Lagers Rollwald. Kann man daraus schließen, dass Befestigungder Neu-Isenburger Einmannbunker zum Schutz der Wachleute beim Bau der Flakstellungen durch Kriegsgefangene diente? Auf dem Luftbild der Batterie B erkennt man mittig eine Struktur. Dies könnte der Einmannbunker sein. Bei den Planierungsarbeiten für die Turnhalle wird er zur Seite gerollt worden sein.

Anmerkung 1/17: Die Stadt Neu-Isenburg hat das Innere der Flakstellung säubern lassen. Die Schraubenbolzen, an denen die 8,8 cm Flugabwehrkanone befestigt war, sind jetzt zu erkennen. Ein Treppenabgang in einen unterirdischen Raum war nicht vorhanden.

Anmerkung 3/18: Bei einem Besuch am 23,3,2018 konnte sich der Oberkonservator Dr. Griesbach-Maisant vom Landesamt für Denkmalpflege aus Wiesbaden-Biebrich von dem guten Erhaltungszustand der eingezäunten Flakstellung überzeugen. Er stellte die Eintragung der Stellung in die Denkmalschutzliste in absehbarer Zeit in Aussicht. Hier die Berichte aus OP-online, FR-online und FNP-online.

Anmerkung 5/18: Dr. Griesbach-Maisant bestätigte Anfang Mai die Aufnahme der Flakstellung in die Hessische Denkmalschutzliste.

Anmerkung 1/19: Die im Auftrag des GHK Neu-Isenburg erstellte Broschüre "Die ehemaligen Flakstellungen in der Neu-Isenburger Ostgemarkung - Eine Dokumentation gegen das Vergessen" von Wilhelm Ott und Ferdinand Stegbauer wurde am 29.1.2019, genau 75 Jahre nach dem tödlichen Bombenangriff auf die Stellung Emil der Öffentlichkeit vorgestellt. Hier ein Bericht aus OP-online und FR-online.  

Anmerkung 4/19:  Der Splitterschutzbunker wurde mit großem logistischen Aufwand von der Geschwister-Scholl-Halle zur denkmalgeschützten Flakstellung gebracht. Dazu musste der Weg ertüchtigt werden, Die Wiese vor der Stellung wurde mit Schotter befestigt (der später wieder entfernt werden musste. Der Splitterschutzbunker wurde auf ein extra dafür gegossenes Betonfundament gestellt, damit er nicht im Laufe der Zeit im Untergrund versinkt. 

Anmerkung 1/23: Der GHK Neu-Isenburg veranstaltete am 14.1.2023 einen Winterspaziergang zur Flakstellung. Im Anschluss daran wurde in der Reiterschänke ein Kurzfilm über dieses Kulturdenkmal uraufgeführt. Es handelt sich um eine gemeinsame Arbeit von Hans-Walter Schewe und mir, die --> hier aufgerufen werden kann. Die Drohnenaufnahmen sind eindrucksvoll. Hans-Walter Schewe hat auf der GHK-Website eine Fotodokumentation des Spaziergangs zusammengestellt.


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Nachtrag:
Die Scheinwerferstellungen an der Brandschneise im Sprendlinger Wald


Zu den Flakbatterien gehörte eine beträchtliche Infrastruktur, u.a. auch Scheinwerferstellungen. Deren Überreste wurden nach dem Krieg in der Regel rasch beseitigt. An der Brandschneise im Sprendlinger Wald haben sich die Spuren von drei Stellungen jedoch noch sehr gut erhalten. Nach Lit. Nahrgang (20) wurden zwei historische Grabhügel zu "Flakstellungen" ausgebaut, indem man sie trichterförmig aushöhlte und einen Graben um die Hügel legte. Im Nahrgang-Atlas sind diese Objekte korrekterweise als Scheinwerferstellungen bezeichnet. Im Gegensatz zu Nahrgang sind nicht zwei, sondern drei trichterförmige Objekte an der Brandschneise zu erkennen. Auf der Kartesind sie mit roten Punkten gekennzeichnet.  
Lageplan
Sie wurden im Mai 2018 vom Architekten Erhard Haller, Vorstandsmitglied der Freunde Sprendlingens, dokumentiert:
--> Übersicht
--> Stellung 1
--> Stellung 2
--> Stellung 3



LaserscanInteressant ist in diesem Zusammenhang ein Laserscanbild der Anlage: man erkennt die drei Stellungen an der Brandschneise als Wälle mit einem Innenkegel und äußerem Graben (Stellungen 1-3) sowie ein kleineres Objekt etwas weiter nordöstlich. In den drei Kegeln standen die Scheinwerfer mit einem Durchmesser von 150 oder 200 cm. In dem kleineren Objekt nordöstlich könnte der Dieselgenerator gestanden haben. Auf dem Bild sind keine Laufgräben zu erkennen, die andeutungsweise im Gelände zu erkennen sind. Bei der Abbildung handelt es sich um ein Schummerungsluftbild des Kreises Offenbach, basierend auf 3D-Laserscandaten des Landes Hessen (http://www.hvbg.hessen.de).


QR CodeIm Oktober 2018 wurden die drei Stellungen im Sprendlinger Wald unter der Aufsicht des Revierförsters Andreas Keller von Mitgliedern der Kolpingfamilie Neu-Isenburgs und der Freunde Sprendlingens von herumliegenden Altholz befreit, einige Bäume gefällt und eine Holzsäule mit einem QR-Code aufgestellt. Nach dem Scannen des Codes oder mit einem Klick auf die nebenstehende Abbildung kann ein entsprechender Informationstext aufgerufen werden. Die Scheinwerferstellungen sind jetzt freigestellt und sehr deutlich im Wald als solche zu erkennen. In der FNP wurde darüber berichtet. Der Artikel enthält einige Unkorrektheiten: Ich habe die Scheinwerferstellungen nicht "entdeckt"; sie waren in Fachkreisen durchaus bekannt. Die im nächsten Abschnitt erwähnte Erkennungsmarke wurde nicht von mir gefunden. Insbesondere die letzte Korrektur gilt auch für den Artikel aus OP-online.

ErkennungsmarkeEin ehrenamtlicher Mitarbeiter der Unteren Denkmalschutzbehörde mit einer amtlichen Nachforschungsgenehmigung hat die drei Stellungen sehr sorgfältig untersucht. Bis auf eine Erkennungsmarke aus dem 2. Weltkrieg wurden keine relevanten Funde gemacht. Erkennungsmarken mussten damals von allen Wehrmachtsangehörigen und auch vom Reichsarbeitsdienstler an einer Kette um den Hals getragen werden. Die zweiteiligen Marken dienten zur Identifikation von toten Kriegsteilnehmern. Die gefundene Marke ist beschriftet mit: 359--5/Flakscheinw. Abt.129 (Rückseite unbeschriftet). Dies ist insofern bemerkenswert, weil im Nahrgang-Atlas diese Stellung mit 4/229 bezeichnet wurde (Flakscheinwerferregiment 119, 21. Flakdivision). 5/129 kommt in dem Atlas nicht vor. Die 4. Batterie der Flakscheinwerferabteilung 129 (4/129) bemannte die Scheinwerferstellungen um Heusenstamm (Lit. Kern). Die Batterie 5/129 wurde erst 1943, nach anderen Quellen 3/1944 zusammengestellt. Die Abteilung 229 wurde in 2/1944 aufgelöst. Die vorsichtige Schlussfolgerung: Die Batterie 4/229 wurde 1944 durch die 5/129 ersetzt. Wie dem auch sei: Es wäre auch interessant zu wissen, von wem und warum die unversehrte Erkennungsmarke dort abgelegt wurde. Ich habe eine Anfrage an den Suchdienst des Roten Kreuzes gestellt und werde an dieser Stelle über die Antwort berichten.

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