Die Fassade des Sprendlinger Bürgerhauses
Wenn ein (sehr) aufmerksamer Beobachte um das Dreieicher
Bürgerhaus
geht, wird ihm vielleicht auffallen, dass das Gebäude mit
unterschiedlichen Steinen verkleidet ist. Dieser Artikel soll
über die
Hintergründe der Verwendung beider Steinsorten berichten. Das
Thema
passt recht gut zu den "Steinen in der Dreieich".Dem Stadtarchiv Dreieich/Sprendlingen ist zu entnehmen, dass am 24.5.1967 ein Bauwettbewerb ausgeschrieben wurde, an dem sich 67 Architekturbüros beteiligten. Gewinner des Wettbewerbs war das Büro Schmitt und Ehnes aus Mühlheim am Main das auch die Bauleitung übernahm. Für die Fassadenfläche war eine Natursteinverkleidung mi Hinterlüftung geplant, alternativ eine Außenverkleidung mit Beton-Fertigteilen mit Marmorbruchvorsatz. Der Magistrat hat sich am 14.6.1971 dafür entschieden, als Material für die Außenfassade Rotlava zu verwenden. Der Auftrag ging an die Firma Teich, deren Schlussabrechnung 255.800 DM betrug.
Abnahme der Platten, neu dämmen und verputzen
Abnahme der Platten, neu dämmen und verklinkern
Abnahme der Platten, neu dämmen und neue Natursteinplatten gleicher Farbe anbringen.
Es zeigte sich schnell, dass die dritte Alternative am günstigsten war.
Das spezifische Aussehen des Bürgerhauses bleibt erhalten.
Die Erhaltungsaufwendungen waren langfristig geringer
Es konnte abschnittweise vorgegangen werden, ohne dass die Arbeiten zu auffälligen Änderungen des Gebäudes führten.
Die nicht der Witterung ausgesetzten Platten konnten an Ort und Stelle verbleiben
Eine geringere Plattendicke erlaubte eine stärkere Wärmedämmung.
Es gab nun eine Ausschreibung, an der sich sieben Firmen beteiligten. Es sollten 1.100 qm "nordeuropäischer roter Granit" im 3 cm Stärke über 10 cm Wärmedämmung angebracht werden. Den Zuschlag erhielt die Firma Schön Steinmetz GmbH aus Steinbach/TS . Der Preis der Natursteinplatten betrug 202 €/qm incl. Montage netto. In der Schlussabrechnung tauchten weitere 424 qm auf. Der Stein wurde mit "Napoleon red, (Vanca rot), water jet" bezeichnet. Eine Internet-Recherche ergab, dass Vanca rot eine sehr häufig verwendete Steinsorte in Deutschland ist. Der Messeturm in Frankfurt ist mit ihm verkleidet. Es handelt sich um ein Biotit-haltigen roten Gneis, der aus der Umwandlung von Gestein unter hohem Druck und Temperatur entstanden ist. Er wird auch - nicht ganz korrekt, als "roter Granit" oder "Vanga-Granit" bezeichnet. Er wird in Vanga in der Nähe von Kristianstad (Schweden) in großen Steinbrüchen abgebaut.
Eine Nachfrage bei der Schön Steinmetz GmbH ergab, dass die Steinblöcke von Schweden zur Firma Campolonghi Spa in Montignoso bei Carrara / Italien verschifft wurden, um dort gesägt, auf Form geschnitten und mit Wasserstrahlen oberflächlich endbehandelt zu werden. 1424 qm Platten bei einer Dicke von 3 cm und einem spezifischen Gewicht von 2,7 g/Kubikzentimeter mussten ca. 120 Tonnen Verkleidungsplatten (5 Lastwagen) von Italien nach Sprendlingen transportiert werden.
Wie
schaut die Situation heute aus? Zunächst einmal: Dass
erste Hallenschwimmbad, das ebenfalls mit Michelnauer Tuff
verkleidet war, wurde abgerissen und durch einen verklinkerten Neubau
ersetzt. Damit wurde die die Ensemblewirkung mit dem
Bürgerhaus zunichte gemacht. Schade. Am
Bürgerhaus wurde die Südseite komplett ausgetauscht, bis auf
die wettergeschützte Wand des Foyers (Abb). Auch die Westseite ist
mit Granitplatten verkleidet mit der Ausnahme des Bühneneingangs.
Auf der Nordseite besteht der Streifen über den Restaurantfenster
ebenfalls aus Granit, während der Eingangsbereich und der
Bürotrakt sowie die ganze Ostseite noch mit Tuffplatten versehen
sind. Die Fassade des Pavillionstraktes ist bis auf den Eingangsbereich
ausgewechselt. Die Stadtbücherei befindet sich mit der Ausnahme
von drei Granitplatten im Eingangsbereich noch im ursprünglichen
Zustand. Was ist das Fazit? Der warme Stein aus dem heimischen Vogelsberg wurde durch einen kühl eleganten Granit aus Schweden an Wetter-exponierten Stellen ausgetauscht. Das erstaunliche daran ist, dass die Farbe beider Steinsorte fast identisch ist, so dass es den meisten Bürgern nicht auffällt, dass am Bürgerhaus unterschiedliche Steine Verwendung finden. Damit ist das Konzept des Bürgerhausmanagements und des Architekten aufgegangen. Es stehen noch einige Reserveplatten aus Granit unter Verschluss. Dies scheint notwendig zu sein, da an der Südseite mehrere dieser Verkleidungsplatten gestohlen wurden.