Galgen in der Dreieich und in Hessen
Auch für kleinere Vergehen war im Mittelalter und der frühen Neuzeit die Todesstrafe eine geläufige Sühne- und Bestrafungsmaßnahme. Unter den Hinrichtungsmethoden war das Erhängen an einem Galgen noch eine der humaneren Versionen. Die Verhängung von Todesstrafen war bestimmten Gerichten vorbehalten. In LAGIS-Hessen sind 151 Orte verzeichnet, in denen Flurnamen mit dem Bestandteil "Galgen" dokumentiert sind. Vier davon sind in der engeren Landschaft Dreieich zu finden.Der Sprendlinger Galgen fand seinen Niederschlag in dem Sprendlinger Nationallied "Komm ich vom Galjehiwwel her ...". Der Galgenhügel befand sich im Norden von Sprendlingen, dort gibt es Gewanne mit der Bezeichnung "Vor dem Galgenacker" und "Hinterm Galgenacker". Sie lagen auf der Westseite der heutigen Frankfurter Straße, ungefähr in der Höhe der Straße Am Wilhelmshof (Buxbaum). Auf dem Messtischblatt von 1937 ist der Galgenhügel auf der östlichen Seite der Frankfurter Straße eingezeichnet. In Lit. Nahrgang (4) ist zitiert: "der Galgen Acker, worauf das Hochgericht gestanden". Das Sprendlinger Vogteigericht hatte den Blutbann und konnte somit die Todesstrafe verhängen. 1598 werden Wilhelm Kroener und 1634 Meister Hannß als "Scharpfrichter" in Sprendlingen erwähnt. Hinrichtungen sind allerdings nicht dokumentiert. (Lit. Jost (3). Der Galgen bestand zu Anfang des 18. Jh schon nicht mehr.
Der Langener Galgen stand auf dem "Galgenberg", war auf dem heutigen Langener Friedhof, etwas südlich des jüdischen Teils (s. Abb. rechts, Messtischblatt 1929). Der Galgen wurde 1553 erstmals erwähnt. Im Dreieicher Weistum von 1338 werden grausame Leibesstrafen gegen die Übeltäter beschrieben, allerdings konnte das Langener Meygerichte, das Wildbanngericht, keine Todesstrafen verhängen. Langen besaß weiterhin ein Zentgericht, das sich mit geringeren Strafsachen beschäftigte. Erst unter den Falkensteinern erhielt das Zentgericht Anfang des 13. Jh die hohe Gerichtsbarkeit. 1592 wurde Arnold Werner aus Egelsbach in Langen hingerichtet (Lit. Neusel (3)).Detailliertere Informationen über Henker sind nicht bekannt. Der Galgen selbst dürfte wohl aus Holz erbaut worden sein (Lit. Pusch). Die Anmerkungen von Klenk (2) in seinem Flurnamenverzeichnis sind nicht wirklich hilfreich.
Zwischen Sprendlingen und Langen an der Kreuzung von Hainer Trift und der B3 (alt) ist auf vielen historischen Karten ein Galgen eingetragen (links aus einer Karte von Elia Homann von 1588). Nennen wir ihn "Hainer Galgen", weil er eindeutig im Hainer Wald errichtet war. Pusch bezeichnete ihn als "Zollgalgen". Es ist wenig über ihn publiziert. Hier stand in vorreformatorischer Zeit eine Kapelle, die dem Heiligen Markus geweiht war (Lit. Nahrgang (4). In Lit. NN (7) von 1881 wird berichtet, dass dort vor 60 Jahren noch größere Steine herauslagen. Die sollen von einem Chausseehäuschen stammen, in dem die beim Straßenbau verwendeten Gerätschaften aufbewahrt wurden. Möglicherweise wurden dafür die Steine des Galgenfundamentes benutzt. Oder es handelte sich um die Überreste der erwähnten St. Markus Kapelle.
Zwischen Egelsbach und Bayerseich ist in alten Karten ebenfalls das Symbol eines Galgens zu erkennen. Allerdinge fehlen bei Buxbaum Hinweise auf Gewannnamen mit einem Bezug auf eine Richtstätte. Allerdings ist in Lit. Wehsarg(1931) zu lesen: "Der Galgen aber, ..., liegt ziemlich weit von der Bayerseich auf der Hötzelbeine, wo Gewannnamen wie Galgenblacken, Grähenrott, Beinwessel (1531 verwaister Acker) seine früheren Anwesenheit verraten". Nach Lit. NN (7) handelte es sich um eine Art Gemeinschaftsgalgen der Ysenburg- Ronneburgischen Grafschaft. In einer Egelsbacher Gemeinderechnung wird dokumentiert, dass man den sechsten Teil der Unterhaltskosten vorn 72 Gulden für den Galgen und für das Langener Gefängnis gezahlt hat. Die anderen genannten Dörfer waren Langen, Mörfelden, Kelsterbach, Nauheim und Ginsheim. Achtung: nach Lit. Neusel 3 bezieht sich diese Rechnung nicht auf den Egelsbacher, sondern auf den Langener Galgen! Eine Notiz von 1673 besagt, dass der verfallene "Schnappgalgen" in der Bayerseich wieder aufgerichtet wurde (Lit. Wehsarg). Bei einem Schnappgalgen ist der Querbalken wie bei einer Wippe beweglich gelagert. Er war ein Instrument der Niedergerichtsbarkeit. Die Delinquenten wurden in einen Käfig gesteckt und mittels Schnappgalgen mehrfach ins Wasser getaucht. H. Stornfels meinte, dass die Isenburger Grafen den Galgen dort zur Abschreckung von Wegelagern und Raubgesindel errichtet hätten.
Diese vier Galgen waren sicherlich nicht
notwendigerweise gleichzeitig in Benutzung. Um deren Rolle zu
verstehen, ist ein kurzer (und oberflächlicher) Ausflug in die
Rechtsgeschichte der Dreieich
hilfreich. Detailliertere Informationen sind der zitierten
Literatur zu entnehmen. Ursprünglich ging alles Recht vom König aus. Er delegierte (belehnte) die Rechtsprechung auf die lokalen Grafen und Standesherren. Der Besitz eines Gerichtes bedeutete Macht, Einfluss und Geld. Die Strafen fielen in der Regel dem Gerichtsherrn zu. In unserem Gebiet gab es im Mittelalter verschiedene "Zentgerichte": Bornheimerberg (im Norden) und Haselberg (im Westen). Im Osten wird von Zentgerichten Steinheim, Seligenstadt und Nieder-Roden berichtet. Das Hainer Zentgericht war für die Landschaft Dreieich zuständig, wobei dieses Gericht in älteren Urkunden als Zentgericht Langen bezeichnet wurde. Sicherlich besaßen die Münzenberger das Zentgericht in Hain/Langen als erbliches Lehen. Als Vögte des Wildbanns saßen sie auch dem Wildbanngericht, dem Maigeding vor. Sowohl das Zentgericht als auch das Maigeding tagten in Langen. Letzteres war kein Blutgericht; es beschränkte sich auf leichtere Vergehen im Zusammenhang mit der Waldnutzung. Darüber hinaus hatten die Grafen von Katzenelnbogen zusammen mit den Mainzer Kurfürsten die rechtliche Aufsicht über einige Geleitstraßen in unserer Gegend. Als die Münzenberger1255 im Mannesstamme ausstarben, erhoben die Katzenelnbogener Grafen Anspruch auf das Gericht am Haselberg als auch auf das Zentgericht in Langen. Diese seien Katzenelbogenisches Lehen, das nach dem Tod des letzten Münzenbergers wieder an die Lehensgeber zurückfalle. Die Falkensteiner als Nachfolger der Münzenberger wehrten sich vor Gericht mit der Begründung, dass es sich um ein Reichslehen gehandelt habe. Das Gericht stimmte dieser Auffassung zu. Allerdings erhielten die Katzenelnbogener Grafen das Vogteigericht in Sprendlingen zugesprochen, das dann auch Vergehen an der Straße zwischen Bayerseich und der Frankfurter (weißen) Steinkaute richtete. Weiterhin erhielten die Katzenelnbogener den Kirchsatz in Sprendlingen; sie konnten die Pfarrer bestellen. 1476 war Hans von Sörgenloch, genannt Gensfleisch, ein verwandter Gutenbergs aus Mainz, Vogt und Richter in Sprendlingen. Er ließ 1478 das Sprendlinger Weistum aufschreiben, in dem die o.g. Zuständigkeiten festgehalten sind. Allerdinge steht diese Aussagen im Widerspruch zu den Berichten, dass in Sprendlingen ein Galgen stand und dass auch Scharfrichter dokumentiert sind. Als die Katzenelnbogener 1479 ausstarben, erbten die Landgrafen von Hessen deren Herrschaftsgebiet im Rhein-Main- Gebiet mit Darmstadt, das sie zu ihrer neuen Residenz machten. Auch das Vogteigericht in Sprendlingen kam in ihren Besitz. Seit 1486 herrschten die Ysenburger alleine in der Dreieich. Die Tatsache, dass mitten im eigenen Territorium die Landgrafen von Hessen-Darmstadt das Vogteigericht und den Kirchsatz in Sprendlingen und Götzenhain hatten, war die Ursache von Jahrhunderte währender Streitereien, die erst 1711 beendet wurden. Dies ist aber nicht Thema dieses Kapitels. 1556 teilten sich die Ysenburg-Birsteiner und die Ysenburg-Ronneburger die Landschaft Dreieich. Offenbach, Sprendlingen, Dreieichenhain, Götzenhain und Offenthal kamen zur Birsteiner Linie, Langen, Egelsbach, Mörfelden Kelsterbach, Nauheim und Ginsheim zur Ronneburger Linie. Das hatte auch Folgen für die Rechtsprechung. Sowohl das Maigeding (Wildbanngericht) als auch das Zentgericht wurden nach Hain verlagert, die Richtstätte verblieb jedoch in Langen. Der "Schnappgalgen" in Egelsbach war nun eine Ysenburg-Ronneburger Richtstätte. Auch in Offenbach wurde 1557 ein Hochgericht mit zugehörigem Galgen eingerichtet. 1600 wurde der Ysenburg-Ronneburgische Teil an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt verkauft. Es ist bekannt. dass die Landgrafen die Todesurteile in Darmstadt vollstrecken ließen. Damit waren die Galgen in Langen und Egelsbach eigentlich überflüssig. Müglicherweise wollten die Ysenburger nicht, dass die Todesstrafen des Hainer Zentgerichtes im Hessen-Darmstädischen vollstreckt wurden. Sie haben dann der Grenze des Hainer Stadtwaldes in der Nähe zur Langener Gemarkungsgrenze einen weiteren Galgen errichtet. Die Alternative, alle Hinrichtungen in Offenbach durchzuführen, verbot sich aus historischen Gründen. Diese schöne Hypothese wird falsifiziert durch die Tatsache, dass der Galgen bereits auf einer Karte von 1588 eingezeichnet ist. Wie wäre es mit der Hypothese, dass es sich bei dem Galgen am Hainer Wald um den Vorgänger/Nachfolger des Langener Galgens des Hainer/Langener Centgerichts handelt, der auf dem "Galgenberg" stand? Eine andere, etwas widerspruchsfreie Hypothese besteht darin, dass die Standorte der Galgen in einer frühen Karte falsch eingezeichnet wurden und diese dann von nachfolgenden Kartenproduzenten übernommen (= abgekupfert) wurden. Demnach entspräche der Galgen bei Egelsbach dem Langener Galgen und der Galgen am Hainer Wald dem von Sprendlingen (der in Wirklichkeit im Norden des Ortes errichtet wurde). Das erklärt die Abwesenheit von schriftlichen Belegen von dem Egelsbacher und Hainer Galgen. Beiträge der Leser zu diesem Thema sind herzlich willkommen. Benutzte Literatur: Hoch, Günther: Territorialgeschichte der Östlichen Dreieich, Dissertation, Marburg 1953, s. 200 Jost, Johann Georg (3): Scharfrichter zu Sprendlingen, Landschaft Dreieich 1936-1936, S. 116 Kempe, Hans (3): Die mittelalterlichen Gerichtsverhältnisse in Langen und in Sprendlingen, Landschaft Dreieich 1936-1938, S. 142 Lenhardt, Heinz (2): Die Forestis Dreieich. Ländlein Dreieich 1931, S. 49 Nahrgang, Karl (2): Stadt- und Landkreis Offenbach, Atlas für Siedlungskunde, Verkehr... (1963) V 2/50 Nahrgang, Karl (4): Die Flur-, Wald- und Wegenamen der Urmark Sprendlingens (um 1960) NN (7): Nachricht über zwei alte Richtstätten in hiesiger Gegend, Der Erzähler aus der Dreieich (1881), S. 11 Pusch, Karl: Vom Langener Galgen, Landschaft Dreieich, 1936 - 1938, S. 32 Riebeling, Heinrich (3): Historische Rechtsmale in Hessen, 1988 Schäfer, Wilhelm: Das Vogteigericht zu Sprendlingen, Ländlein Dreieich 1931, S. 33 Wehsarg, Georg: Bayerseich und die Frankfurter Straße, Ländlein Dreieich, 1931, S. 17 Galgensymbole auf historischen Landkarten Kristof Doffing stellte mir eine Linkliste zu historischen Landkarten zusammen, auf denen Galgensymbole in der Landschaft Dreieich dargestellt sind. Johann. Blaeu (vor 1640) https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_slub.html#FRA1640__ID_30_0_2016_21_6_13_106 Hier sind die Galgen von Hain und Offenbach zu sehen G. Valk et P. Schenk (gegen 1700) https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_slub.html#FRA1700_2__ID_29_0_2016_12_46_23_348 Hier sind die Galgen von Hain und Egelsbach zu sehen Elias Hoffmann (um 1589) https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_versch.html#FRA1589__ID_4_0_2022_16_57_9_138 Hier sind die Galgen von Hain, Egelsbach und Offenbach zu sehen Johannes Jansonius (1640 - 1648) https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_mzk.html#FRAUM_1640__ID_9_10_2016_10_17_32_153 Hier sind die Galgen von Hain, Egelsbach und Offenbach zu sehen Karte von Südhessen "1675" https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_rumsey.html#SH16__ID_13_3_2021_14_23_29_727 "Justice" in Hain, Egelsbach, Offenbach, Kelsterbach ... Skizze der Dreieicher Ringlandwehr (um 1600) https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_hstad.html#landwehr1600__ID_26_7_2016_19_34_11_994 Hier sind die Galgen von Hain und Egelsbach eingezeichnet, wobei der in Egelsbach in Gegensatz zu den anderen Abbildungen westlich der Landstraße zu erkennen ist. Auffallend ist, dass weder der Langener noch der Sprendlinger Galgen auf einer historischen Karte zu sehen sind, obwohl sie schriftlich dokumentiert sind |
Ein Galgen, der einen starken Bezug zur Dreieich hat, ist der aus Offenbach. Bei der Teilung der Dreieich im Jahr 1556 kam sowohl das (bedeutungslose) Wildbanngericht als auch das Blutgericht in Langen zu Graf Anton von Ysenburg-Ronneburg. Graf Reinhard von Ysenburg-Birstein entschloss sich 1557 in Offenbach ein Hochgericht mit Galgen einzurichten. 1812 war der Galgen auf dem "Rabenstein" zum letzten Mal in Benutzung: der berüchtigte Räuber Konrad Werner wurde dort hingerichtet. 1827 wurde der dreischläfrige Galgen auf Abbruch versteigert. Er bestand aus drei ca. 4 Meter langen senkrechten Balken auf denen drei ebenso lange Querbalken befestigt waren. Ein gewisser Philipp Holzmann aus Sprendlingen kaufte den Galgen für 25 Gulden und 30 Kreuzer. Er konnte das Material, insbesondere das dort vorhandene Bleiblech, gewinnbringend veräußern. Dies war der Beginn einer erstaunlichen Entwicklung des Bauunternehmens Holzmann, dessen unrühmliches Ende wohlbekannt ist. Das Offenbacher Stadtarchiv hat eine interessante Publikation darüber veröffentlicht. Der ehemalige Richtplatz liegt unter einem Spielplatz an der Ecke Hermann-, Schäfer- und Christian-Pließ-Straße (-->Standort).
Natürlich spielte auch die Frankfurter Richtstätte auf dem Galgenfeld bei der Galluswarte eine Rolle. So ist der Mörder der beiden Sprendlinger Pfarrerskinder, Thomas Rudolff, dort hingerichtet worden. Er wurde auf einen Karren gebunden zur Richtstätte gefahren. Unterwegs petzte man ihn mit glühenden Zangen in beide Arme. Dann wurde ihm Arme und Beine zweimal zerstoßen und er auf das Rad geflochten. Anschließend knüpfte man ihn am Galgen auf.
Bisher beschäftigten wir uns mit Richtstätten, die nicht mehr existieren. Im Folgenden werden Hinrichtungsstätten beschrieben, bei denen noch Spuren im Gelände zu finden oder die noch gut erhalten sind. Wir beginnen mit dem Galgen in Heusenstamm.
Es handelt sich dabei nur um klägliche Überreste in Form eines Steinhaufens inmitten einer mit Magerrasen bewachsenen und unter Naturschutz stehenden eiszeitlichen Düne. (-->Standort). Bezeichnenderweise heißt sie "Düne am Galgen".
Heusenstamm war bis 1806 reichsunmittelbares reichsritterschaftliches Territorium. Die Gerichtsbarkeit lag bei den Herren von Heusenstamm und später bei den Herren bzw. Grafen von Schönborn. Im Jahr 1541 wird Martin von Heusenstamm dem Jüngeren vom Kaiser Karl V. in einem Lehnsbrief der Blutbann verliehen, d.h. die Gerichtsbarkeit über Leib und Leben. Martin lässt in Heusenstamm einen Galgen errichten. Die letzte Hinrichtung erfolgte im Jahr 1764. Am Tag des Kaiserbesuchs in Heusenstamm wurde einem kaiserlichen General die goldene Uhr gestohlen. Der Dieb wurde gefasst und vom Grafen zum Tode verurteilt. Er wurde gehängt und blieb solange hängen, "bis die Raben das Fleisch verzehrt hatten." Diese Informationen wurden freundlicherweise von Dr. Krebs, Heusenstamm, zur Verfügung gestellt. Lit. Wimmer, Lit. Mangold. In dem Buch von Mangold wird auf S. 83 weiterhin berichtet, dass von der Richtstätte nur der Flurname "der Galgen" gezeugt habe. "Beim Bau des neuen Schulhauses und Auffüllen des Grabens im Herrngarten entdeckte man beim Abfahren von Sand die Fundamente des Galgens ..."
Nicht weit von Heusenstamm entfernt findet man die Überreste des Steinheimer Galgens Von ihm stehen noch zwei gemauerte Steinsäulen auf einer Sanddüne im Wald westlich des Ortes. Sie haben einen Durchmesser von ca. 75 cm und eine Höhe von ca. 5 m. Auf den 4,30 m entfernt stehenden Säulen lag früher ein Balken, an dem die Delinquenten aufgehängt wurden. An einer Säule befestigen Tafel ist zu entnehmen, dass es sich um die Richtstätte des Steinheimer Hochgerichtes handelte, die 1597 erstmals erwähnt wurde. Die letzte bekannte Hinrichtung erfolgte im 18. Jahrhundert. Näheres ist auf der Website des Steinheimer Geschichtsvereins nachzulesen. Die Informationen der Website Projekt Hessen-Matin sind ebenfalls interessant. Der Besuch des Steinheimer Galgens kann mit einem Spaziergang um die Dietesheimer Steinbrüche verbunden werden. -->Standort
Die drei guterhaltenen Säulen des Pfungstädter Galgens findet man unweit der Ausfahrt Pfungstadt an der A5 (-->Standort). Es handelt sich um den Hinrichtungsort des Pfungstädter Zentgerichtes, das 1442 erstmals erwähnt wurde. Der hölzerne Galgen wurde 1603 durch drei gemauerte Säulen ersetzt, die mit Holzbalken verbunden waren an denen man die Seile für die Vollstreckung der Todesurteile befestigte. Hinrichtungen sind nicht dokumentiert. Auf einer Tafel ist zu lesen: "Hier wurde der Leichnam des Posträubers Kiefer, genannt Kazof, der mit Gundermann am 23. April 1780 die Post berauben wollte, eingescharrt, er starb im Stockhaus am Läusefraß." Sehr informativ ist ein Artikel von Ludwig Achenbach (Geschichtsverein Eberstadt- Frankenstein) über den Galgen.
Ein weiterer bekannter Galgen in Südhessen ist der Beerfelder Galgen im Odenwald (-->Standort). Hier hatten die Schenken von Erbach die Zenthoheit. Noch heute spricht man von der Oberzent, dem neuen Namen der zusammengeschlossenen Gemeinden. Das Bauwerk von 1597 besteht aus drei zusammengesetzten Rotsandsteinsäulen. Auch hier wurden obenauf die Holzbalken gelegt, an denen der Strick befestigt und dem Delinquenten um den Hals gelegt wurde. Dieser bestieg einen erhöhten Tritt, von dem ihn der Henker dann herunterstieß. Angeblich geschah dies zuletzt 1804 mit einer Zigeunerin, die für ihr krankes Kind ein Huhn und zwei Laib Brot gestohlen hatte. Die letzte in den Kirchenbüchern dokumentierte Hinrichtung ist jedoch 1746 der Fall von Adam Beisel aus Unter-Sensbach wegen Diebstahl und Ehebruch. -->Hier können Sie die Infotafel aufrufen. Text von Ludwig Achenbach, adaptiert mit antizipierter Genehmigung.
Wir bleiben im Odenwald. In der Nähe von Neustadt im Odenwald gegenüber der Burg Breuberg steht die Nachbildung eines hölzernen dreischläfrigen Galgens (-->Standort). Auf einer an einem großen Stein angebrachten Bronzetafel ist zu lesen: "Diese Anlage wurde 1980 im Rahmen der Flurbereinigung errichtet. Hier stand früher der Galgen des Gerichtsbezirks Neustadt. Die letzte Hinrichtung fand am 17. Juli 1812 statt." Auf der Website "Projekt Hessen-Martin" sind Einzelheiten beschrieben. Dieses Projekt stellt Informationen zu Räuber und Raube im Odenwald zusammen. Sehr speziell und sehr interessant.
Nur wenig ist übrig vom Galgen in Höchst im Odenwald. Man erreicht die Stelle "Am Galgenberg" nach einem recht steilen Anstieg westlich der Stadt (-->Standort). Die Reste bestehen aus zwei dreieckigen Sandsteinplatten, die als Fixierung der senkrechten Balken des Galgens, der möglicherweise erst aufgerichtet wurde, wenn eine Hinrichtung bevorstand. Wie das Aufrichten im Einzelnen funktioniert hat, ist nicht recht einzusehen. Im Volksmund werden sie "Köppstaa" (Kopfsteine) genannt. Auf einem Stein sind Vertiefungen angebracht. Wahrscheinlich sollte er gespalten werden. Im "Projekt Hessen-Martin" wird die Geschichte des Gerichtes beschrieben und über eine missglückte Hinrichtung in Höchst 1820 berichtet.
Am Galgen von Kirchbrombach (-->Standort) wurden die vom Zentgericht des gleichnamigen Bezirks gefällten Todesurteile vollstreckt. Das Gericht tagte vor der Kirche des Dorfes. S. "Projekt Hessen-Martin". Vor Ort findet man drei in einem gleichseitigen Dreieck gelegte winkelförmigen Sandsteine, die ähnlich wie in Höchst, die Galgensäulen getragen haben sollen. Möglicherweise dienten sie nur als Widerlager für die Säulen eines Galgens, der nur bei Bedarf aufgerichtet wurde. Auf jeden Fall ist es ein Platz mit einer sehr dichten Atmosphäre. In Lit. Riebeling (3) wird vermutet, dass es sich um eine zeltartige Galgenkonstruktion gehandelt haben könnte.
Auf der oben erwähnten Website "Projekt Hessen-Martin" sind noch der Galgen in Mudau, der Galgen in Klein-Heubach und der Galgen im Wörth am Main erwähnt. Diese werden hier nicht aufgeführt, da sie nicht in Hessen stehen. Bei dem Galgen bzw. Richtstätte in Ober-Kainsbach muss ich nachschauen. Ein weiterer interessanter Artikel zum Thema ist der von Heinz Bormuth: "Galgen und Richtplätze um die Böllsteiner Höhe"
Der Galgen in Münzenberg in der Wetterau ist neben der Münzenburg selbst und den steinernen Ruhen ein bemerkenswertes Relikt aus der Vergangenheit (-->Standort). Er steht in der Flur mit der Bezeichnung "Am Galgen" und war sie Richtstätte des Gerichts Münzenberg, Oberhörgern und Eberstadt. Er besteht aus zwei aus Bruchsteinen gemauerten Ständern, die unten rechteckig und oben sechseckig sind. Beide tragen einen Querbalken (Lit. Riebeling (3)). Die letzte Hinrichtung fand am 22.5.1742 statt (Link)
In Vogelsberg steht an der Gemarkungsgrenze zu Hörgenau der Hopfmannsfelder Galgen (-->Standort). Er besteht aus zwei ca. 4 Meter hohen aus Steinscheiben aufgerichteten Säulen, in deren oberste Scheiben Aussparungen zur Aufnahme des Querbalkens eingehauen sind. Dort ist die Jahreszahl 1707 zu erkennen (Lit. Riebeling (3)). Der Website der Staatlichen Schlösser und Gärten in Hessen können weitere Informationen über den Galgen entnommen werden.
Der Galgen von Rixfeld befindet sich beim "Galgenfeld" in der Nähe des Bahndamms, der jetzt als Fahrradweg dient (-->Standort). Er besteht ebenfalls aus übereinandergelegten runden Steinscheiben, die allerdings insgesamt nur ca. 3 Meter hohe Säulen bilden. An diesem Galgen wurden die Urteile des ehemaligen fuldischen Hochgerichts Herbstein vollstreckt. Er wurde 1709 errichtet. Wie der Informationstafel zu entnehmen ist, wurde 1534 ein Galgen aus Holz erwähnt, der vor jeder Hinrichtung neu aufgerichtet werden musste. 1709 wurde dann der jetzt noch erhaltene Galgen erbaut.
Es gibt noch die Reste eines weiteren Galgens in Hessen, den ich noch nicht aufgesucht habe: den Oberdorfer Galgen bei Braunfels (-->Standort). In DenkXweb ist zu lesen: "Der südöstlich der Kreisstraße auf einer Anhöhe gelegene Galgen entstand 1750 als Ersatz für eine hölzerne Richtstätte, wurde jedoch nicht mehr genutzt. Das Steinmaterial stammt aus Rockenberg bei Butzbach. Von den beiden, ehemals mit einer Eisenstange verbundenen Sandsteinsäulen steht noch eine aufrecht, die Reste der anderen liegen nach einem Sprengstoffanschlag 1873/ 74 auf dem Boden." Der Galgen steht auf Burgsolmser Gemarkung. Er wurde 1750 zur Hinrichtung des Räuberhauptmanns Heinrich Zeil errichtet. Die Hinrichtung wurde jedoch ständig verschoben, bis der "Eiserne Heinrich", wie Zeil manchmal genannt wurde, einem Werber der Reichsarmee (?) übergeben wurde. Daher heißt der Galgen auch "Jungferngalgen", weil er nie in Benutzung war.
In Hanau kann man das denkmalgeschützte historische Hochgericht, das Hanauer Schafott, besuchen. Es handelt sich um einen ca. 2 Meter hohen Rundbau aus Bruchsteinen mit einem Durchmesser von ca. 13 Metern, der innen mit Erde aufgefüllt ist. Über eine Treppe kann die Plattform begangen werden. Das Schafott wurde vom kurhessischen Staat 1839 auf der damals weit vor der Stadt liegenden Lehrhöfer Heide errichtet. Die letzte Hinrichtung mit dem Schwert fand 1861 statt, ein Ereignis, an dem 12.000 Menschen zugeschaut haben sollen. Die Anlage wurde 1926 restauriert. 1937 wurden dort Kasernen errichtet, die nach dem Krieg von den Amerikanern benutzt wurden. Nach deren Abzug wurden dort Wohngebäude errichtet; seitdem ist das Schafott wieder öffentlich zugänglich: Hanau-Wolfgang, Lehrhöfer Heide, hinter dem Haus Nr. 17 (-->Standort) Hier ist die Infotafel aufrufbar
Nachdem ich diesen Beitrag geschrieben hatte, stieß ich auf das Buch "Vielmals auf den Kopf gehacket ... Galgen und Scharfrichter in Hessen" von Christiane Wagner und Jutta Failing (Verlag M. Naumann, 2008). Darin werden die Galgen in Hessen beschrieben und mit schaurig-interessanten Geschichten garniert. Der lockere Stil der beiden Autorinnen steht manchmal in deutlichem Widerspruch zu dem Ungeheuerlichen, was sich Menschen gegenseitig angetan haben. Es ist auf jeden Fall ein lesens- und empfehlenswertes Buch.
nach oben