Steine in der Dreieich
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Trigonometrische Steine

   3/2025

Der Fund eines "neuen" historischen trigonometrischen Steines im Seligenstädter Wald war Anlass, ein kleines Kapitel über diese interessanten kulturhistorischen Landschaftselemente zu verfassen.

Unsere Erdoberfläche wurde schon lange vor der Verfügbarkeit von satellitengestützten Verfahren vermessen. Seit dem frühen 17. Jahrhundert wendete man dazu die sog. Triangulation an. Dabei wurde die Landschaft mit Dreiecksnetzen überzogen, deren Winkel man mit Theodoliten ausmaß. Die ermittelte Lage der Dreieckspunkte bildete die geodätische Grundlage für die Erstellung von Landkarten. Kennt man in einem Dreiecksnetz die Länge einer Dreiecksseite (der „Basis"), dann lassen sich auch die Längen aller anderen Dreiecksseiten mit trigonometrischen Formeln (Sinussatz) berechnen. Die genaue Bestimmung einer Basis ist jedoch kompliziert. (Text: Infotafel Gernsheim)

Dreieiche 1, Ranges 1808 wurde im Rahmen der "Alten Hessischen Triangulation" die Entfernung zwischen dem Turm der Stadtkirche in Darmstadt und dem Kirchturm in Griesheim mit geeichten Stangen genau ausgemessen. Auf dieser Grundlage konnten die Geometer ein Dreieck zwischen diesen beiden Türmen und dem Berg Melibokus im Odenwald bestimmen (Basisdreieck) und anschließend ein größeres Dreieck zwischen Darmstadt, Melibokus und Zornheim in Rheinhessen definieren. Weitere Dreiecke kamen bis 1831 hinzu (Information von B. Heckmann). Die Abbildung rechts zeigt die Lage der trigonometrischen Punkte 1. Ordnung. Das mit diesem Verfahren erfasste Land konnte dann in immer kleinere Dreiecke unterteilt werden. Deren Eckpunkte wurden mit trigonometrischen Steinen markiert
(Punkte 2., 3. und 4. Ordnung). Mit diesem Netz an Vermessungspunkten waren die Voraussetzungen des modernen Katasterwesens geschaffen. 1908 wurde im hessischen Ried eine weitere Basismessung mit einer weit höheren Genauigkeit durchgeführt. -->HIER ist eine Präsentation aufzurufen, die einen guten Überblick über die Geschichte der Landvermessung gibt.

Der Gipfel des Hexenberges bei Dietzenbach ist ein trigonometrischer Punkt 1. Ordnung. Wegen eines Wasserhochbehälters kann das Gelände nicht betreten weden. Leider gibt es keine zugängliche Literatur über die Lage der trigonometrischen Punkte der Ordnung 2. - 4. in der erweiterten Landschaft Dreieich. Der Engelsturm der Einhardsbasilika in Seligenstadt war ein Punkt 2. Ordnung, ebenso die Anhöhe im Kappenwald bei Waldacker, dessen Markierungsstein weiter unten beschrieben wird. Trigonometrische Steine 3. Ordnung findet man im Seligenstädter und Offenbacher Wald. Ein historischer trigonometrischer Stein 4. Ordnung wurde in Langen gesichert.

Neben diesen historischen, aus der alten hessischen Triangulation stammenden Steine existieren noch eine Reihe weiterer modernerer Steine. Sie sind mit "TP" auf der einen und einem Dreieck auf der anderen Seite gekennzeichnet. In den guten alten Messtischblättern (von 1963) sind die trigonometrischen Punkte mit kleinen Dreiecken markiert. Es ist davon auszugehen, dass diese im Gelände mit jenen "modernen" Steinen gekennzeichnet waren. 



Historische trigonometrische Steine

Trigonometrischer Punkt KappenwaldTrigonometrischer Punkt KappenwaldZwischen Waldacker und Messenhausen steht auf einer kleinen Anhöhe im Kappenwald ein trigonometrischer Stein 2. Ordnung. Auf der Nordseite erkennen wir ein auf der Spitze stehendes Dreieck, von dessen unterer Spitze ein senkrechter Strich bis zum Boden führt. Auf der gegenüberliegenden Seite lesen wir "PCT TRG ORD II". Die Maße: 50x25x25 cm. Der Stein unter Denkmalschutz. Man kann ihn finden, wenn man vom Ende des Fichtenwegs in Waldacker der Turmschneise folgt und nach 180 Metern rechts einen zugewachsenen Pfad ca. 100 Meter zum "Gipfel" der Anhöhe im Kappenwald geht (-->Standort). Der Stein ist in Lit. Weber (3) ausführlich beschrieben. Er steht unter Denkmalschutz: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/784091

Am Südrand der Turmschneise, am Abzweig des obern erwähnten Pfades stand 2015 ein modernen Granitstein mit "TP" und Dreieck, der offensichtlich einen (neueren) trigonometrischen Punkt markierte. 2025 konnte er nicht mehr gefunden werden. In dem Messtischblatt von 1963 ist dieser Ort mit einem Dreieck gekennzeichnet. Nicht so in älteren Messtischblättern, in denen der Ort des historischen Steins mit einem Dreieich markiert ist. 


Trigonometrischer Punkt DudenhofenTrigonometrischer Punkt DudenhofenIm Januar 2025 wurde ich von Frau Marion Ott auf einen trigonometrischen Stein 3. Ordnung im Seligenstädter Wald aufmerksam gemacht. Sie teilte mir freundlicherweise die Koordinaten mit, ohne die ich den Stein nie hätte finden können (-->Standort).Er befindet sich ca. 20 Meter vom Weg (Am Kellergraben, Fledermausrundweg) entfernt im Altholz. Seine Maße: ca. 50/35x28x25 cm. Der Standort ist auf den Messtischblättern nicht mit einem Dreieck markiert. Er steht auch nicht auf einem erhöhten Standort. Es darf spekuliert werden. Der Sinn eines trigonometrischen Steines ist es, dass man ihn von zwei weiteren Bezugspunkten sehen kann. Dies scheint bei diesem Stein nicht der Fall zu sein. Eine Nachfrage bei der Unteren Denkmalschutzbehörde ergab, dass der Stein seit einiger Zeit dort bekannt ist. Es bestejt die Absicht, ihn in das Denkmalschutzverzeichnis des Landes Hessen aufzunehmen. Dies ist bisher noch nicht erfolgt. Daher ist die Aussage berechtigt, dass dieser trigonometrische Stein auf meiner Website zum ersten mal beschrieben wurde.


Trigonometrischer PunktTrigonometrischer PunktFrau Luise Hubel machte mich auf einen Stein aufmerksam, der einen weiteren trigonometrischen Punkt 3 Ordnung kennzeichnet. Er steht auf einem Hügelgrab am Hainbachkopf, einem relativ flachen Gelände im Offenbacher Stadtwald östlich der L 3405 (die Maße: 20x19x17 cm). Man erreicht ihn über einen Pfad, der parallel zur Landesstraße verläuft (-->Standort).  Auf seiner Südseite ist folgender Text eingemeißelt: "PCT / TRGORD / III", auf der Nordseite ist ein Dreieck mit einer Linie nach unten zu erkennen.  -->Hier ist eine Skizze des Steines von Frau Hubel aufrufbar. Der Hainbachkopf ist eine sehr flache Erhebung, daher dürfte das Hügelgrab die höchste Stelle in der Umgebung gewesen sein. Auch hier stellt sich die Frage nach der Sichtverbindung zu mindestens zwei anderen trigonometrischen Punkten. Möglicherweise war um 1830 der Hainbachkopf nicht bewaldet. Dies ist durchaus möglich, da - wie an anderer Stelle berichtet - der Wald damals durch Raubbau sich in einem sehr schlechten Zustand befand.


LeukertswegEin kleinerer Stein (mit einem großen Fuß) markierte einen trigonometrischen Punkt in der Nähe des Langener Leukertsweges (-->ehem. Standort. Auf der einen Seite ist ein Dreieck zu erkennen. Die andere Seite ist mit einer "IV" ve)rsehen, was für einen trigonometrischen Punkt 4. Klasse steht. Der Kopf des Steines wurde mutwillig abgeschlagen und sollte offensichtlich gestohlen werden. Dies konnte glücklicherweise verhindert werden. Nachdem ich den Stein restauriert hatte, wurde er im Einvernehmen mit dem Amt für Bodenmanagement und Geoinformation dem Langener Lapidarium übergeben. In Lit. Zorn finden sich ähnliche Steine unter 764 bis 768 Tafel 60.



Moderne trigonometrische Steine

Ich habe die modernen trigonometrischen Steine nicht systematisch gesucht, die hier beschriebenen Steine waren eher "Beifang". Im Februar 2025 suchte ich zwei auf dem Messtischblatt von 1963 verzeichnete TP-Punkte bei Götzenhain auf und konnte keine Steine entdecken. Es ist davon auszugehen, dass 
insbesondere im freien Feld viele dieser Steine verloren gegangen sind. 

EbertsbergDer Ebertsberg ist mit 193 m eine der höchsten Erhebungen im Kreis Offenbach. Er liegt auf Dietzenbacher Gemarkung (vorher im Fürstlich-Isenburgischen Forst Dreieich) (-->Standort). Es lohnt sich, von der Regionalparkstele am Offenbacher Weg die 25 Höhenmeter zum Gipfel hinaufzustürmen. Man hat keine Aussicht, der Berg ist bewaldet, dafür findet man (nicht an der höchsten Stelle) einen modernen Granitstein mit einem Dreieck und "TP", der einen trigonometrischen Punkt dort markiert. Im Messtischblatt von 1963 ist der Punkt mit einem Dreieck gekennzeichnet.




SPGO 345SPGO 345An der Gemarkungsgrenze von Sprendlingen und Götzenhain im Herrnröther Wald in der Nähe des Endelochs (Dorneicher See) findet man in einem versumpften Gebiet einen modernen TP-Stein auf einem Grenzpunkt (SP-GO 345 TP)  (-->Standort).  

-->HIER seine Lage in der Grenzlinie.
Im Messtischblatt von 1963 ist der Punkt mit einem Dreieck und der Höhenangabe "141,4" gekennzeichnet.





RU-BI 19FL-GU 25Im Mönchsbruchwald, in der ehemaligen Fünfdorfmark, steht am Berührungspunkt der ehemaligen Gemarkungen Rüsselsheim, Bischofsheim und Raunheim ein moderner Granitstein mit der Inschrift "TP" (RU-BI 19 TP)
(links) (
-->Standort). Seine Lage auf der Grenzlinie ist -->HIER zu entnehmen. 

Rechts ist der Stein FL-GU 25 TP abgebildet, der an der ehemaligen Grenze des Flörsheimer Waldes mit der Gundhofgemarkung am Gundwiesensee steht
(-->Standort).



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