Mönchbruch-Gemarkungssteine
Markwälder begegnen uns auf dieser Webseite häufig:
Biebermark, Rödermark, Langener und Egelsbacher Eigenwald. Es
handelt sich um Wälder in gemeinsamen Besitz der
Bürger von
verschiedenen Ortschaften. Dieser Besitz manifestiert sich in
der
Holznutzung und der Waldweide, die Jagdrechte waren den Landesherren
vorbehalten. Der gemeinsame Besitz von Wäldern führte
in der
Regel dazu, dass die Gemeinden einen maximalen Nutzen bei minimalen
Investitionen erreichen wollen. Das Resultat waren letztendlich
zerstörte Wälder. Die Landgrafen von Hessen-Darmstadt
bzw.
die Großherzöge drängten daher darauf, dass
die
Markwälder aufgelöst und auf die beteiligten
Ortschaften
aufgeteilt wurden.
Zwischen Walldorf, Jagdschloss Mönchbruch, Raunheim und
Kelsterbach liegt der ausgedehnte Mönchbruch-Wald. Ein Teil
davon
war Markwald, die sog. Fünfdorfmark. Die
Märkergemeinden
waren Flörsheim, Bischofsheim, Raunheim, Rüsselsheim
und
Seilfurt. Letztere brannte 1476 ab und blieb verlassen ("fiel
wüst"). 1718 wurde ein Teil des Markwaldes abgetrennt und dem
Dorf
Flörsheim übereignet. Die Aufteilung der restlichen
Waldmark
erfolge 1826 in einem bestimmten Verhältnis:
Rüsselsheim 3/6,
Bischofsheim 2/6 und Raunheim 1/6. Es handelte sich danach um
selbständige Gemarkungen Flörsheimer Wald,
Bischofsheimer Wald und Rüsselsheimer Wald, die sich im Besitz
der
jeweiligen Gemeinden befanden.
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Die
Abbildung zeigt in Rot die Grenzen der Fünfdorfmark. In
Blau
sind die Grenzen nach der Waldmarkteilung eigezeichnet. Die gelben
Punkte stehen für noch existierende Grenzsteine. In den 1950er
Jahren löste die Hessische Landesregierung die gemeindefreien
Gemarkungen auf. Die vier Gemarkungen wurden unter
Mörfelden/Walldorf Raunheim und Rüsselsheim
aufgeteilt, wobei
Rüsselsheim den größten Teil der ehemaligen
Waldmark
erhielt (Abb. rechts). Nach wie vor waren die Gemeinden
Eigentümer
ihrer Grundstücke aus der Waldmarkteilung. Der Bau der
Startbahn
West war eine Zäsur für diesen Waldbezirk.
Bischofsheim und
Rüsselsheim weigerten sich, ihr Grundeigentum für den
Bau der
Startbahn an die FAG zu verkaufen. Beide wurden enteignet.
Flörsheim dagegen verkaufte 1980 nicht nur das
Gelände
für die Startbahn, sondern auch das östlich der
Startbahn
liegende Waldgelände, das jetzt der FAG gehört. Dies
alles und mehr kann man auf der
ausgezeichneten
Website des Heimatvereins Flörsheim e.V. nachlesen.
Die
Grenzsteine im Mönchbruch-Wald
Sehr hilfreich bei der Suche nach Grenzsteinen erwies sich die
Karte von Ludwig
Schulmeyer,
die im Museum Mörfelden ausgestellt ist. Insgesamt berichte
ich
von 81 Grenzsteinen in diesem Gebiet. Es gibt zwei Haupttypen: Objekte
aus rotem Sandstein mit fast quadratischer Grundfläche (22x20 cm)
und
in der Regel flachpyramidalem Kopf und fehlender Beschriftung (Typ 1).
Es gibt diese Steine auch mit Beschriftung und flachem Kopf. Typ 2
besteht aus Rotliegendem, besitzt eine rechteckige Grundfläche
und
einen stark gewölbten Kopf. Sie sind in der Regel mit den
Ortszeichen oder Buchstaben gekennzeichnet. Daneben gibt es
noch
eine Reihe weiterer Steine, die nicht in diese Klassifizierung passen.
Ortszeichen
Bevor es Ortswappen gab, nutzte man sog. Ortszeichen, um eine Ortschaft
zu charakterisieren. Sie gelangten oftmals in die späteren
heraldisch konzipierten Wappen. Wir haben es in der
Fünfdorfmark
mit vier Markgemeinden zu tun. In Zorn sind die Ortszeichen auf
Grenzsteinen Abgebildet (677a ist etwas gefaked)
Bischofheim:
Brille,
Raunheim: Ring mit Krampe (Hafte) Rüsselsheim:
Wolfsangel, Flörsheim: Steuerrad
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Ich
habe die Grenzen und Grenzsteine im Mönchbruchwald im
Frühjahr 2020 aufgesucht und die Koordinaten der Steine
aufgenommen und Fotoaufnahmen gemacht. Da dieser Wald nicht zu meinem
festgelegten Arbeitsgebiet als Obmann gehört, scheute ich den
Aufwand der Vermessung. Jetzt, im Mai 2024, habe ich mich doch
entschlossen, die fehlenden Daten zu erheben und sie dem Landesamt
für Denkmalpflege für die DenkX Datenbank zur Verfügung
zu stellen. Es gab dabei ein Problem: ich konnte wegen des
fortschreitenden Bewuchses nicht alle Steine wiederfinden. Bei anderen
habe ich wegen fortschreitender Unzugänglichkeit auf eine Suche
verzichtet. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass im
Mönchbruchwald ab Mitte Mai die Fingerhut-Pflanzen blühen.
Das kann man nur als sensationell bezeichnen.
Ehemalige Gemarkungsgrenze Flörsheim-Gundhof (FL-GU)
Die Karte ist gedreht: Nord ist links
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Diese Grenzline war
die äußere östliche Grenze der
Fünfdorfmark. Wir beginnen unsere
Tour ganz im Norden des Flörsheimer Grenzwegs. FL-GU 10 ist
ein
nach Süden hängender flach gewölbter Stein
aus Rotliegendem ohne Beschriftung. Die beiden Steine FL-GU 11 und 13
liegen um und schauen nur wenig aus dem Boden. FL-GU 15 ist ein
Betonstein mit einer flachrunden Markierung aus Metall mit der Inschrift "Vermessungsstein". Die
nächsten Steine FL-GU 17 (Abb.) und 21 bestehen aus rotem
Sandstein mit
fast quadratischem Grundriss und flachpyramidalem Kopf (
Typ 1). FL-GU 23
hatte ich
2020 nicht fotografiert (und 2024 nicht wiedergefunden. Am Gundwiesensee steht ein moderner Granitstein,
der mit "TP" als Trigonometrischer Punkt gekennzeichnet ist. Die
weitere Grenzlinie auf der Südseite der Gundwiese bin ich
nicht
abgegangen. Schulmeier hat dort 5 weitere Grenzsteine dokumentiert.
Ehemalige
Gemarkungsgrenze Flörsheim-Rüsselsheim (FL-RU)
Die Karte ist leicht gedreht


Der
Stein FL-RU 02 steht am Abzweig der Zwergschneise von der
Grohhausschneise. Er ist vom Typ 1, besitzt aber einen geraden Kopf
(2024 nicht wiedergefunden). Am
nur wenig aus dem Boden schauenden modernen Stein FL-RU 03 aus Granit
(2024 nicht wiedergefunden) biegt der Grenzgraben nach Südwesten
in den Wald hinein. Man muss 75 Meter die Dürbruchschneise nach
Westen gehen, um den Grenzgraben wieder zu erreichen. 2024 war dort
praktisch kein Durchkommen mehr, daher habe ich die restlichen Steine
der Grenzlinie nicht mehr aufgesucht. Die Stinbeschreibung stammt aus 2020.
FL-RU
04
steht am Graben (rotliegend, flachrunder Kopf, Kreuz als Weisung).
Vorbei an einem modernen Grenzstein aus Granit kommen wir an FL-RU 07
(Typ 2), einem schönen Stein mit rundgewölbtem Kopf
und dem
Flörsheimer Ortszeichen (Steuerrad). Am nächsten
Stein FL-RU
10 (Typ 2) erkennt man die Ortszeichen von Flörsheim und
Rüsselsheim (Wolfsangel). Ein weiterer Stein steht dicht
dabei.
FL-RU 14 ist flachgewölbt und steht im Schilf. Der
nächste
von mir gefundene Stein steht 480 Meter entfernt. Er ist
ebenfalls
flachgewölbt und ist von einer Baumwurzel umschlungen. Am 90
Grad-Grenzknick war kein Stein zu finden. Schulmeier hat in den Wiesen
noch zwei Steine dokumentiert, die ich nicht finden konnte.
Ehemalige
Gemarkungsgrenze Flörsheim-Bischofsheim (FL-BI)

Wir
starten die Begehung am Abzweig des Rüsselsheimer Grenzwegs
von
der Grohhausschneise und folgen letzterer nach Norden. Der
rundgewölbte Stein FL-BI 02 ist stark vermoost. Stein FL-BI 03
ist
flachgewölbt und ist mit einem "G" (Gemarkung?) beschriftet.
FL-BI
04 ist von Typ1, während FL-BI 05 wieder ein
rundgewölbter Stein aus Rotliegendem ist, der mit den beiden
Ortszeichen gekennzeichnet ist (Typ 2). 140 Meter nördlich von
FL-BI 07 (Typ 1) wendet sich die Grenze nach Westen (Bischofsheimer
Grenzweg). Die Steine FL-BI 10 und 11 tragen die Ortszeichen (Typ 2),
FL-B 12 ist wieder aus Sandstein mit fast quadratischem Grundriss (Typ 1).
FL-BI 13 besitzt eben falls einen quadratischen Grundriss, besteht aber
aus Rotliegendem und ist mit einem "F" (?) gekennzeichnet. Wir beamen
über die Startbahn West. FL-BI 18 und 19 sind wieder
Steine
vom Typ 2 mit den Ortszeichen. Der erste Stein hinter der
Hochspannungsleitung FL-BI 24 ist wieder vom Typ 2 gefolgt von FL-BI 25
(Typ 2), FL-BI 26 (Typ 1) und FL-BI 27 (Typ 2). Seltsamerweise
haben die Steine 5, 10, 11, 18, 19, 24, 25 und 27 (Abb. links), neben dem
Flörsheimer
Ortszeichen (Steuerrad) nicht das Ortszeichen von
Bischofsheim (Brille) sondern das Ortszeichen von
Rüsselsheim
(Wolfsangel).
Ehemalige
Gemarkungsgrenze Flörsheim-Raunheim (FL-RA)
Weiter gehts gedanklich über die Autobahn (
siehe Karte im obigen Abschnitt):
FL-RA 29 ist vom Typ 1,
aber von schlechtem Zustand, FL-RA 30 vom Typ 2, FL-RA 31 vom Typ 1 und
der letzte Stein auf der Grenzlinie FL-RA 32 vom Typ 2. Auch
hier haben die Steine 30 und 32 neben dem Flörsheimer
Ortszeichen
(Steuerrad) nicht das Ortszeichen von Raunheim (Hafte)
sondern das Ortszeichen von Rüsselsheim
(Wolfsangel). Den letzten Stein FL-RA 32 konnte ich trotz intensiver
Suche nicht finden. Ich kann nicht ausschließen, dass er
gestohlen wurde.
Ehemalige
Gemarkungsgrenze Flörsheim-Mönchhof (FL-MO)
Östlich der Startbahn West ist die Grenze durch den Flughafen
überbaut. Zwischen der Startbahn und der Autobahn findet man
am
Flörsheimer Grenzweg sechs Steine, vier davon vom Typ 1 (FL-MO
20,
22, 24 und 27). FL-MO 21 ist flachgewölbt und ist mit einem
"G"
beschriftet FL-MO 26 besteht aus Sandstein, schaut nur wenig aus dem
Boden und trägt ein Kreuz als Weisung. Östlich der
Autobahn
verläuft die Grenze entlang eines Pfades über eiszeitliche
Dünen. Sehr schön zum Laufen, problematisch zum Radfahren.
Dort habe ich nur noch drei Steine vom Typ 1 gefunden, Dies steht im
Gegensatz zu den Angaben im Kulturlandschaftskataster, nach dem dort
zwei
Grenzsteine
des Clarissenklosters stehen sollen.
Ehemalige
Gemarkungsgrenze Rüsselsheim - Bischofheim (RU-BI)



Diese
Grenze führt entlang des Rüsselsheimer Grenzwegs.
Insgesamt
stehen dort noch 12 Grenzsteine. 8 davon sind rotliegende Steine mit
stark gewölbtem Kopf und der selbsterklärenden
Beschriftung
"R" und "B" (RU-BI 11, linkes Foto). Die Inschrift ist nicht auf allen
Steinen sichtbar). Es gibt zwei weiteren Steine vom
Typ
1 aus Sandstein mit quadratischem Grundriss. Einer davon
besitzt
einen flachen Kopf und ist mit "R" und "B" beschriftet (RU-BI
15,
rechtes Foto). Am Berührungspunkt der ehemaligen Gemarkungen
Rüsselsheim, Bischofsheim und Raunheim wurde ein moderner
Granitstein mit der Inschrift "TP" für trigonometrischer Punkt
gesetzt. Die nach Norden führende Steinschneise, die ehemalige
Gemarkungsgrenze von Bischofsheim und Raunheim ist nicht besteint.
Heute trennt sie die Rüsselsheimer von der Raunheimer
Gemarkung.
Gemarkungsgrenze
Rüsselsheim - Raunheim (RU-RA)
Westlich des oben genannten trigonometrischen Punkes erreicht man bis
zur Autobahn einen Stein Typ 1 mit geradem Kopf und der Inschrift "G",
einem Stein vom Typ 2 ("R") und einen weiteren unbeschrifteten
Sandstein in schlechtem Zustand. Westlich der Autobahn findet man noch
5 Steine dieser Grenzlinie (RU-RA 25-29), vier vom Typ 2 und
einen
Betonstein mit quadratischer Grundfläche und einem
halbkugelförmigen Aufsatz mittig auf dem Kopf. Dieser Abschnitt
der Grenze führt quer durch den Wald und ist relativ
unzugänglich (jedenfalls im Mai 24).
Von diesem Stein
führt die Gemarkungsgrenze Rüsselsheim - Raunheim
entlang der
Stockstraße nach Süden. Richtung Norden
trennte die
Stockstraße früher die Fünfdorfmark von der
Raunheimer
Gemarkung. Entlang der Stockstraße entdeckte ich keine
historischen Grenzsteine.
Ehemalige
Gemarkungsgrenze Rüsselsheim - Königstädten
(RU-KO)

Diese
Grenzlinie der Fünfdorfmark ist heute noch bis zum Stein
RU-KO 18 die aktuelle Gemarkungsgrenze von Rüsselsheim und
Königstädten. Die Besteinung ist recht uneinheitlich
aber sehr interessant. Wir beginnen unsere Tour am südlichen
Ende der Startbahn West. Der erste Stein RU-KO 10 ist vom Typ 1
(unbeschriftet) und steht in der Wiese. RU-KO 12 besteht aus
Basalt, hat einen flachen Kopf und ist mit einem "G"
beschriftet. Daneben lag ein alter abgebrochener Grenzstein. Unter der
Hochspannungsleitung waren keine Steine zu finden. RU-KO 15
ist rotliegend mit rundgewölbtem Kopf. Die Grenze folgt
jetzt dem Loogweg. RU-KO 16 ist ein Basaltstein, beschriftet mit
einem "G". Es folgen zwei rotliegende, unbeschriftete
Steine mit rundgewölbtem Kopf (Abb. links). RU-KO 20 ist wieder
aus
Granit mit einem "G", der Kopf ist aber leicht gewölbt. Er
steht auf einem Hügel, um den die Waldschneise
herumgeführt wurde. RU-KO 21 und 22 sind rundgewölbte
rotliegende Steine mit der



Inschrift "1716". Dieses Jahr lag 10 Jahre
vor den Markwaldteilung! Stein RU-KO 25 besitzt interessante
Inschriften: Auf der einen Seite ist "GR" (Gemarkung Rüsselsheim?) erkennbar, auf der anderen
Seite "FG" und darunter "DG"( Abb. Mitte). Keine Ahnung, was das bedeuten soll. Der
Loogweg stößt dann auf die Hartmannsbornschneise und
verläuft dann etwas nach Norden versetzt weiter nach
Westen. Die Grenze mit dem Grenzgraben jedoch verläuft
geradeaus (nicht versetzt). Es folgen RU-KO 27, 28 und 29, ebenfalls
rundgewölbte rotliegende Steine mit der Inschrift
"1716" (Abb. rechts RU-KO 29). Der letzte Stein, den ich auf der Grenzline gefunden
habe, ist stark gewölbt, ohne sichtbare Beschriftung. Herr
Schulmeier dokumentierte noch einen Stein an der Kreuzung des Loogwegs
mit der Schebenseeschneise, den ich vergeblich suchte.
Hier noch ein weiteres Fundstück aus dem schönen Mönchbruchwald: