Grenzsteine Frankfurt - Großherzogtum Hessen
November 2015Die Grenzline, die hier beschrieben werden soll liegt im Norden der Neu-Isenburger Gemarkung gegen das Frankfurter Gebiet. Sie entspricht heute noch der Grenze zwischen dem Kreis Offenbach und der Stadt Frankfurt. Früher gehörte dieses Gebiet zum königlichen Wildbann Dreieich. Die Freie Reichsstadt Frankfurt kaufte das Waldgebiet südlich der Stadt im Jahr 1372 von Kaiser Karl IV. Nach einigen Querelen mit dem Deutschen Orden, der ebenfalls über Rechte in diesem Gebiet verfügte (s. Abschnitt "Schäfersteine") kam der heutige Stadtwald in der Besitz der Frankfurter. Das Gebiet südlich dieser Grenzline gehörte einstmals dem Haus Hagen-Münzenberg. Es kam dann auf komplexen Wegen in den Besitz des Hauses Ysenburg. Durch Erbteilung entstanden die Territorien von Ysenburg-Birstein im Osten und Ysenburg-Ronneburg mit dem Amt Kelsterbach im Westen. Um das Jahr 1600 verkaufte Graf Heinrich von Ysenburg-Ronneburg sein Territorium an den Landgrafen Ludwig von Hessen-Darmstadt (s. nebenstehende Karte aus Lit. Nahrgang 2). Seitdem existiert auch die Grenze zwischen dem Fürstentum Ysenburg (Birstein) und der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, die im Kapitel "Y-HD Grenzsteine" abgehandelt wird. In den Napoleonischen Kriegen stand das Haus Ysenburg sehr fest auf Seiten des Franzosen. Als Konsequenz wurde beim Wiener Kongress das Ysenburgische Gebiet 1815 Hessen-Darmstadt (das sich seit 1806 Großherzogtum nennen durfte) zugeschlagen. In der Folge wurde die Grenze zwischen der Freien Reichsstadt und dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt neu besteint. Vorher standen auf der Grenzlinie ältere Steine: Rotliegende Steine mit der Aufschrift "HD" und "F" auf der Grenze zwischen Frankfurt und Hessen-Darmstadt und grob zubehauene Basaltsteine mit fortlaufenden Nummern auf der Grenze zwischen Frankfurt und Ysenburg-Birstein. Westlich der Riedbahn stehen noch drei unregelmäßige Basaltsteine mit der Aufschrift "F" und "EW".
Im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte fand ich zwei Grenzbegehungsprotokolle: eines von 1767 zur Grenze zwischen Frankfurt und Ysenburg und eines von 1765 zur Grenze zwischen Frankfurt und Hessen Darmstadt (Signaturen: Privilegien Nr. 496 und 489). Das erstere beschreibt die Grenze von Oberrad bis zum (heute nicht mehr existenten) Dreimärker am Grenzpunkt Frankfurt - Ysenburg - Hessen Darmstadt. Die Grenzbegehung begann am "Lehensbrückchen" in Oberrad, in das 1654 ein heute noch existierender Grenzstein eingemauert war. Dieser wurde laut Protokoll 1749 neu gesetzt. Im Folgenden wurde der Zustand von 128 Steinen beschrieben. Bei der Grenzbegehung war auf Ysenburger Seite der Forstmeister Siebenlist zugegen, den wir als Erleger des letzten Wolfes in der Dreieich kennen (siehe Wolfsstock). Aus diesem Dokument folgt, dass die Grenze Frankfurt - Ysenburg vor 1767 (wahrscheinlich um 1654) mit nummerierten Steinen beschickt worden ist. Von dieser Serie findet man noch einen unversehrten Stein mit der Nummer 117 und einen zwischenzeitlich renovierten Stein (s. unten) mit der Nummer 114 auf der nördlichen Seite des Grenzweges, weiterhin zwei weitere dieser Steine (Nummer 102 und 103) am nördlichen Rand der Friedensallee.
Das zweitgenannte Protokoll von 1765 (Grenze Frankfurt/Hessen-Darmstadt) beginnt ebenfalls mit einer umfangreichen Liste von Teilnehmern des Grenzgangs, einer Beschreibung des Grenzgangs, einer Aufstellung mit den Entfernungen der 78 Grenzsteine voneinander (in Darmstädter und Frankfurter Maßeinheiten!), einer weiteren Aufstellung mit den Grenzwinkel an den Grenzpunkten. Finden Sie --> hier eine Transkription eines Teiles dieses Protokolls. Der Grenzgang begann am Gehspitz-Dreimärker, dem Grenzpunkt der Herrschaften Frankfurt - Ysenburg - Hessen Darmstadt. Daneben stand damals noch der "Lieferstein". Es folgt die Aufzählung der Steine bis zum Vierherrenstein. Es wurden im Protokoll vier "Läufersteine" genannt, die am 12.6.1765 gesetzt wurden. Sie bestanden aus Rotliegendem und waren mit "F" und "HD" gekennzeichnet.
Von diesen Steinen steht einer im Haus zum Löwen und ein zweiter, allerdings abgebrochener, am Grenzpunkt 140a. Der Stein, der auf den Vierherrenstein (nach Westen) folgte, trug die Aufschrift "F" auf der einen Seite und "Kelsterbacher Eigenwald 1599" auf der anderen. Dieser Stein ist verschwunden, die Information hilft aber die drei bis zur Autobahn noch stehenden grob behauenen Steine zu datieren (von denen zwei mit "F" und "EW" gekennzeichnet sind). Demnach markierten sie die Grenze zwischen Frankfurt und Ysenburg-Ronneburg, zu dem das Amt Kelsterbach mit dem Eigenwald damals gehörte.
Als das Fürstentum Ysenburg 1816 zum Großherzogtum Hessen kam, wurde die Grenze zu Frankfurt teilweise neu besteint. Die nach 1816 gesetzten Steine bestehen aus Basalt und haben eine Grundfläche von 25 x 25 cm. Sie ragen bis zu 40 cm aus dem Boden. Auf der Frankfurter Seite ist ein "F" eingemeißelt, auf der Großherzoglich Hessen Darmstädtischen Seite ein "GH". Einige Steine sind auf dieser Seite auch mit "Gr H" gekennzeichnet (manchmal auch "Gr. H."). Insgesamt ist der Zustand der Steine akzeptabel. Basalt ist widerstandsfähiger als Sandstein. Allerdings stehen viele Steine schief und müssten gerichtet werden.
Nachtrag 6/2014: Im Institut für Stadtgeschichte findet man unter der Signatur B II 2 Nr. 6 Handrisse der Grenze des Stadtwaldes vom Vermessungsbureau des Frankfurter Tiefbauamtes. Dort sind die Grenzverläufe mit Grenzpunkten eingezeichnet, wobei handschriftliche Anmerkungen zu der dort stehenden Steinen gemacht wurden.
Nachtrag 6/2016: Ich bin vom Magistrat der Stadt Neu-Isenburg gebeten worden, eine Monographie über die "Grenzen und Grenzsteine der Neu-Isenburger Gemarkungen" zu verfassen, in der ich auch diese Grenzlinie beschreibe. Bei der Recherche zu dem Buch entdeckte ich die Vogel'sche Stadtwaldkarte, in der die Steine durchgehend nummeriert sind. In dem Buch werden diese Nummern benutzt. Im August 2016 habe ich die Beschreibung der folgenden Grenzsteintour den neuen Erkenntnissen angepasst.
Die Grenzsteintour
Die südliche Frankfurter Grenze beginnt am Main an der heutigen Offenbacher Schleuse. Die Grenze verläuft unregelmäßig entlang der Autobahn A 661 nach Süden bis zum Offenbacher Kreuz. Dort macht sie einen Schwenk gen Westen und folgt dem Waldrand nördlich von Neu-Isenburg, kreuzt die Main-Neckar-Bahn nördlich des Neu-Isenburger Bahnhofs, verläuft weiter durch den Wald zum Gehspitzkreisel, überquert kurz die Autobahn A 3 und biegt in der Nähe des Hölzernen Kreuzes nach Südosten ab, quert die Riedbahn und knickt in der Nähe des Zeppelinheimer Bahnhofes Richtung Autobahn A 5 / Flughafen ab. Ursprünglich ging die Grenze über das Flughafengelände Richtung Kelsterbach weiter, heute liegt der gesamte Flughafen auf Frankfurter Gebiet.
Wir wollen uns auf unserer Tour mit den Steinen an der Grenze vom Kreis Offenbach zu Frankfurt befassen, d. h. von der Autobahn A 5 im Westen bis zum Offenbacher Kreuz im Osten. Es sei bereits hier vermerkt, dass auf der Nordseite der Neu-Isenburger Bebauung von der Hugenottenallee bis zum Offenbacher Kreuz offensichtlich alle Grenzsteine entfernt worden sind (zumindest haben wir dort keine gefunden). Man kann die Grenze gut mit dem Fahrrad abfahren, aber auch eine schöne, ca. 8 km lange, allerdings etwas geräuschvolle (Autos, Züge, Flugzeuge) Wanderung unternehmen. Hier können die .gpx Daten der Grenzsteine heruntergeladen werden. Es gibt eine stündliche Busverbindung zwischen den Bahnhöfen Zeppelinheim und Neu-Isenburg. Wir können die Tour am Isenburger als auch am Zeppelinheimer Bahnhof beginnen lassen. Beginnen wir am Bahnhof Zeppelinheim:
Wir unterqueren die Gleise, gehen einige Meter Richtung Flughafen, dann durch das Tor rechts in den Wald hinein. Nach ca. 300 Meter kommen wir an einen rechtwinklig abbiegenden Weg. Auf der rechten Seite stand bis in die 50er Jahre der "Vierherrenstein" (Abb. aus Lit. Zorn rechts). Es handelte sich um einen grob behauenen Stein mit dem Frankfurter Wappen auf der Nordseite. Dieser markierte den südlichsten Punkt des Frankfurter Territoriums. Der Stein soll bei Bauarbeiten an der Bahnlinie verloren gegangen sein. In der Nähe stand früher ein Falltorhaus mit einer Schankstube, wo das Wegegeld gezahlt werden musste. Es wurde 1854 auf Abbruch versteigert (Inst. f. Stadtgeschichte Ffm).
An dieser Stelle stieß die sog. Hurenstraße auf das Frankfurter Territorium: Anlässlich der Frankfurter Messen zogen dienstleistenden "Hübschlerinnen" aus den südlichen Umfeld über diese Straße gen Frankfurt. Am Schlagbaum des Falltorhauses wurden sie kontrolliert und von einem Büttel nach Frankfurt geleitet.
Am ehemaligen Vierherrenstein kam die Grenze von Norden und bog dort nach Westen ab. Nördlich des Vierherrensteins habe ich bis zum ICE Abzweig zum Flughafenbahnhof keine Grenzsteine mehr gefunden. Nach nichtdatierten Unterlagen der Dankmalschutzbehörde standen auf der Trasse des ICE Abzweigs drei Steine, von denen zwei im Heimatmuseum von Neu-Isenburg ausgestellt werden. Einer davon (Stein 147a) ist aus Rotliegendem und mit "F" und "HD" gekennzeichnet. Der andere Stein (Stein 148) besteht aus Basalt und trägt die Inschrift "F" und "Gr H", die wir bei unserer Tour öfters sehen werden
Vom ehemaligen Vierherrenstein Richtung Westen stehen bis zur Autobahn noch drei Steine am ursprünglichen Standplatz. An dem rechtwinklig abbiegenden Weg verläuft die Grenze zunächst nördlich und dann südlich davon. Den ersten Stein 152 finden wir ca. 100 Meter von der Abzweigung entfernt einige Meter nördlich im Wald in dem noch gut sichtbaren Grenzgraben. Es ist ein grob behauener, stumpfpyramidiger Basaltstein, auf dessen Westseite man ein "F" erkennen kann. Da das Frankfurter Gebiet im Norden liegt, dürfte der Stein irgendwann (in falscher Richtung) neu gesetzt worden sein. Der Weg überquert die Grenze mit einer leichten Kurve. Der nächste Stein 153 ist dann einige Meter südlich des Weges, ebenfalls im Grenzgraben, zu entdecken. Auch er ist nur grob zugehauen. Auf der Westseite ist ein "F" eingemeißelt, gegenüber erkennt man ein "EW". Dies bedeutet wahrscheinlich (Kelsterbacher) Eigenwald. Die Grenze verläuft jetzt auf dem Gelände der (eingezäunten) ehemaligen US-Recreation Area. Dort ist nur noch der Stein 155 vorhanden. Er steht an der nordwestlichen Ecke des Geländes nahe der Autobahn und ist von dem Waldweg durch den Zaun zu erkennen. Auch er trägt ein "F", dieses Mal korrekt auf der Nordseite und ein "EW" gegenüber.
Nachtrag 5/2014: Frau Brand aus Zeppelinheim machte mich auf einen herausliegenden Stein (Stein 154) dieser Serie aufmerksam, den ich bei der Grenzbegehung übersehen hatte. Er liegt nördlich des Weges entlang des Wildzauns (Nordgrenze der ehemaligen Recration Area), ca. 100 m südöstlich von Stein 155. Ich habe ihn mit einem Helfer am Fundort wieder aufgerichtet. Der zugehörige Grenzpunkt befindet sich ca. 50 m weiter südlich auf dem Gebiet der ehemaligen Recreation Area. Der Stein wurde um 90 Grad gedreht, um darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um die Markierung eines Grenzpunktes handelt. Die Recreation Area diente den Angehörigen der Amerikanischen Rhein-Main Airbase als Erholungsgebiet. An Wochenenden wurde dort heftig gegrillt. Es standen dort drei Gebäude, die nach der Verlegung des Luftwaffenstützpunktes lange Zeit leer standen und 2013 abgerissen wurden. Das Gebiet dient als Ausgleichsfläche und wurde wieder aufgeforstet.
Nachtrag 2/2020: Die Grenze Frankfurt-Kelsterbach beginnt an Vieherrenstein und endet am Hinkelstein. Dazwischen liegt der Flughafen, auf dessen Gelände die Grenzsteine entfernt wurden. Jenseits des Flughafens konnten nur noch zwei Steine dieser Grenzlinie gefunden werden; sie sind im Kapitel F-HN beschrieben.
Wir gehen auf gleichem Weg zurück auf die Ostseite des Zeppelinheimer Bahnhofs und folgen der Straße entlang der Bahnlinie Richtung Norden, bis wir an den Neuen Vierherrenstein gelangen. Er wird an anderer Stelle beschrieben. Der Lönswaldschneise folgend geht es weiter Richtung Norden. Den ersten historischen Stein 146HLB auf dieser Bahnseite finden wir im Graben links der Lönswaldschneise an der Stelle, wo diese halbrechts von der Bahnlinie abbiegt. Er passt nicht in die folgende Grenzsteinserie. Er ist mit "HLB" auf der Westseite und mit "SF" gekennzeichnet "HLB" bedeutet wohl "Hessische Ludwigs Bahn". Der Stein müsste demnach um 1878/79 gesetzt worden sein, als die Riedbahnlinie zwischen Goddelau und Frankfurt gebaut wurde. "SF" steht wahrscheinlich für "Stadt Frankfurt", die damals zu Preußen gehörte. Das passt jedoch nicht zum Standort im Grenzgraben zusammen: auf der Ostseite liegt nicht das Frankfurter Gebiet, sondern das vom Großherzogtum Hessen. Vermuten wir also, dass dieser Stein irgendwann an diesen Grenzpunkt versetzt wurde.
Der nächste Stein 145 befindet sich ca. 85 Meter weiter ebenfalls auf der rechten Seite der Schneise. Wir stoßen auf die Einmündung der Kaiserschneise. Die nächsten beiden Steine (144 und 143) findet man 50 bzw. 200 Meter davon entfernt. Einige Meter nördlich der Kreuzung mit der Mittelschneise steht ein weiterer stark beschädigter Stein 142. Ca. 110 Meter weiter findet man den nächsten Stein 141 der Serie. Ca. 40 Meter vor dem Köhlerpfad fand ich nach längerem Suchen einen abgebrochenen, herausliegenden Sandstein 140a mit der Kennzeichnung "HD" für Hessen Darmstadt anstelle GH, wie auf den neueren Steinen. Der Grenzverlauf wird jetzt durch die Autobahn unterbrochen. Wir halten uns links, dann durch die Unterführung und gleich wieder rechts bis wir wieder an die Fortsetzung der Lönswaldschneise, die hier Kalolingerschneise heißt, kommen. Auf der Nord-Westseite dieser Abzweigung müsste der Grenzstein 139 stehen; ich habe ihn leider trotz intensiven Suchens nicht im Unterholz finden können.
Wenige Meter östlich der
Abzweigung der Karolingerschneise steht das
"Hölzerne Kreuz" mit den typischen wellenförmig
geformten
Kreuzbalken. Obwohl es nicht ganz in den Kontext von "Steine
in
der Dreieich" passt, möchte ich an dieser Stelle
einige Informationen
dazu geben: Es wird vermutet, dass es sich um eine alte Grenzmarkierung der Urmark Langen handelt ("Drieichlahha" = mit einem Kreuz markiertem Grenzbaum), die im Anhang der Schenkungsurkunde Ludwigs des Deutschen an das Kloster Lorsch von 834 erwähnt wird (Lit Runkel). Dieser Baum stand vermutlich direkt an der in diesem Kapitel beschriebene Grenze. Er wurde später durch ein hölzernes Kreuz ersetzt. Der jetzige Standort des Kreuzes liegt nicht mehr auf der Grenze, sondern in der Neu-Isenburger Gemarkung. Die erste konkrete Erwähnung des Kreuzes erfolgte im Jahr 1599: einer Frankfurter Forstmeisterrechnung ist zu entnehmen, dass das Kreuz für 10 Albus (?) wiederhergestellt wurde. Es wurde sicherlich in der Folgezeit häufig erneuert. Das linke Bild oben aus dem Jahr 1950 (Lit. Braun) trug das Datum "17. Dezember 1710". Das daneben abgebildete Foto stammt aus Lit. Langer (1988) und aus "Landschaft Dreieich" 1952, S. 266. Sie zeigen ein Wellenkreuz mit etwas anderen Proportionen. Neben dem Kreuz befindet sich eine Stele mit "Überlieferungen um sein Werden". Das Kreuz stand früher, wie einer Karte von Fr. Vogel aus 1781 zu entnehmen ist, direkt an der Grenzlinie relativ nahe dem Grenzknick, der allgemein als der Drieichlahha-Grenzpunkt angesehen wird. Irgendwann wurde das Kreuz etwas entfernt von dieser Grenzschneise neu errichtet, wie aus dem Messtischblatt von 1876 hervorgeht. 1963 wurde der Platz um das Kreuz ausgebaut; ein neues Kreuz und die Stele wurden aufgestellt, ein Rundweg angelegt, ein Robinson-Spielplatz errichtet, 12 Bänke aufgestellt und eine Schutzhütte errichtet. Die Anlage wurde nach dem Bau der B 43 aufgegeben und das Kreuz direkt an den Parallelweg zur Autobahn versetzt. Das dort stehende Holzkreuz wurde 2010 mutwillig zerstört. Ich hatte die Ehre und das Vergnügen, in Absprache mit dem Stadtforst Frankfurt, im Mai 2011 ein neues Hölzernes Kreuz anzufertigen und aufzustellen. |
Weiter geht es nordöstlich der Karolingerschneise entlang, wo wir nach ca.110 Metern auf den nächsten Stein 138 stoßen. Nahe der B 43 biegt der Weg nach Osten ab. Erwartungsgemäß finden wir an diesem prominenten Grenzpunkt (=Drieichlaha) einen Stein 137, der aber sehr schief im Boden steckt und gerichtet werden müsste. Die beiden nächsten Steine (136 und 135) stehen auf der Südseite des Weges, nur etwa 50 bzw. 120 Meter von der Wegbiegung entfernt. Die Grenze überquert dann die B 43 (Flughafenzubringer), um auf der Höhe der Waldwegbrücke über diese Straße wieder auf deren Südseite zu gelangen. Auf der Nordseite habe ich keine Steine mehr gefunden, sie dürften beim Straßenbau verloren gegangen sein. Wir folgen den Wegen nach Osten bis zu dieser Brücke. An der Ostrampe sieht der genaue Beobachter einen stählernen Markierungspunkt mitten auf dem Asphalt. Auf diesem Grenzpunkt muss früher sicherlich ein Grenzstein gestanden haben.
53 m östlich dieses
Grenzpunktes stieß
die Grenze zwischen dem Fürstentum Ysenburg (Birstein) und der
Landgrafschaft Hessen Darmstadt auf die Südgrenze der Stadt
Frankfurt. Hier stand einmal ein schöner Dreimärker
("Rother Stein"), der seit
Langem verschollen ist. Einige Meter davon
entfernt müsste auch der sog. "Lieferstein" gestanden
haben, "an dem
Rothen
Stein zwischen Beyden Herrschaften Hessen und der Stadt
Frankfurth, wo die
Gefangenen, deren Remission begehrt wird, gelieffert worden ..." (Lit.
Langer). Auch dieser Stein ist schon lange nicht mehr vorhanden. In der
Karte von Klotz (1747, Lit.
Braun) stößt der "Diebsweg" auf den Lieferstein. Der
Name passt zu dem Zweck des Liefersteins.
Diese Stelle ist die eigentliche "Gehspitz". In einer Urkunde aus dem Jahr 1659 heißt es: "bis zu der Grentz, die Gehspitz, Geismark oder Geismütz genannt, allwo sich des Landgrävs, Isenburg- und Frankfurtische terminiert." Der Name leitet sich wahrscheinlich von "jähe (= scharfe) Spitze" ab. Dies wird deutlich, wenn man sich den Grenzpunkt auf der Karte am Anfang des Kapitels anschaut. Im Jahr 1700 wurde in der Nähe von Georg Konrad Oppermann eine Wirtschaft und später eine Ziegelei erbaut. (Lit. Nahrgang (4) S. 12, Nahrgang (5) S. 86, Floch (2)) |
28 m weiter westlich ist Stein 128 nicht zu übersehen. Der Weg führt uns weiter zur der Brücke über die Autobahn A 3. Am Ende der Rampe gehen durch das Wildgatter und folgen dem kaum noch sichtbaren Grenzgraben entlang Richtung Autobahn. Mit etwas Glück finden wir den Stein 125. Wir machen kehrt, passieren das Wildgatter und erkennen hinter dem Wildzaun einen Stein, den ich aus zwei Basaltbruchstücken zusammengefügt habe. Es dürfte sich um die Reste des Steines 112 handeln. Stein 122 konnte ich nicht identifizieren, wohl aber Stein 121. Dieser steht kurz vor dem Gehspitzkreisel. Seine Nordseite ist mit Farbe und einem schwarzem "M" markiert.
Wir überqueren dann vorsichtig die B 44 südlich des Kreisels und folgen der Kuhpfadschneise. Hier stoßen wir nach ca. 200 Metern auf Stein 117 auf der nördlichen Seite des Weges. Er ist ein nur grob behauener Basaltstein, der sowohl auf der Nord- als auch auf der Südseite die Nummer 117 trägt. Er ist auf diesem Grenzabschnitt der einzige unversehrte Stein einer Serie, die vor 1767 (wahrscheinlich um 1654) gesetzt wurden. Der Stein 115 auf der Südseite des Weges hat wieder die Aufschrift "F" und "GH". Er lag heraus und wurde von mir am 17.1.2011 wieder aufgerichtet, allerdings im 45 Grad Winkel zum Weg (als Hinweis darauf, dass er nicht neu eingemessen wurde).
Ca. 140 Meter weiter östlich fand ich einige Meter nördlich des Weges die Trümmer eines zerschlagenen Basaltsteines. Auf einem Bruchstück konnte man die Zahl 114 erkennen. Er dürfte durch ein Feuer mutwillig zerstört worden sein, da die Erde um den Stumpf deutlich verkohlt war. Die Steine passten wie ein Puzzle zusammen. Wegen der Gefahr eines Diebstahls der Bruchstücke entschloss ich mich im März 2011, diese Grenzstein 114 in situ zu restaurieren. Er sieht jetzt wieder ganz manierlich aus. Auch auf der Rückseite ist die Zahl 114 zu erkennen. Im Protokoll von 1765 wird erwähnt "Der 114 ein hohen viereckiger Stein stehet gut".Der Stein 111 steht ca. 40 m östlich der Kuhwaldschneise. Sein Fuß stand weit heraus; auch er wurde 2016 neu gesetzt. Bis zur Bahnlinie habe ich keine weiteren Steine entdeckt. Wir unterqueren die Main-Neckar-Bahn am Neu-Isenburger Bahnhof und wenden uns halblinks in einen Waldweg, der bald nach Norden abbiegt. An der nächsten Wegkreuzung stoßen wir wieder auf die Grenzlinie. Hier hat der Regionalverband eine Stele mit einem Hinweis auf die Grenze zwischen Frankfurt und Neu-Isenburg aufgestellt. Auf der Nordostseite dieser Kreuzung finden wir Stein 109. Ca. 40 Meter Richtung Bahnlinie steht ein unbeschrifteter Stein MNB 109 mit einer pyramidenförmigen Spitze. Er gehört wahrscheinlich zur Besteinung der Trasse der Main-Neckar-Bahn. Der nächste Stein 108 (F/GH) der F-GH Grenze steht ca. 90 Meter davon entfernt, nur wenig aus dem Boden herausragend. Die folgenden fünf Steine entlang der Friedensallee sind nicht mehr vorhanden. Dann folgt Stein 103 (F/GH). Stein 102 ist ein grob behauener Basaltstein mit der Inschrift "102". Die beiden Steine stehen dicht an der Nordseite der Friedensallee zwischen den Einmündungen der Waldenserstraße und Valkenierstraße sowie der Mainstraße und der Goethestraße. Der letzte Stein 100 (F/GH) der Serie ist wiederum ein regelmäßiger Stein mit F und GR auf der Nord- und Südseite. Er steht schräg gegenüber der Einmündung der Taunusstraße in die Friedensallee.
Wir sind jetzt am Ende unserer Tour angelangt.
Allerdings möchten wir an dieser Stelle kurz über die
unweit
entfernten "Schäfersteine" im Frankfurter Stadtwald berichten,
deren Besuch kein Grenzsteinfreund versäumen sollte.
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Der Schäfersteinpfad
Wie oben beschrieben, gehörte unser Gebiet zum königlichen Wildbann Dreieich. Kaiser Friedrich II. übertrug im Jahr 1221 für einen Teil des jetzigen Frankfurter Stadtwaldes (Holzhecke) dem Deutschen Orden die Jagd- und Weiderechte, speziell für Schafe. Nachdem die Frankfurter im Jahr 1372 von Kaiser Karl IV. das Waldgebiet südlich der Stadt abkauften, kam es zu einem fast 100 jährigem Streit zwischen der Stadt und dem Orden. In einem Kompromiss von 1484 wurde das Gebiet gegen eine finanzielle Kompensation Frankfurt überlassen, die Weiderechte für Schafe verblieben beim Deutschen Orden. Um diese Rechte zu wahren wurde diese Gütergrenze in gleichen Jahr aufwändig besteint. Die Grenzsteine tragen auf der Weideseite das Deutschordenskreuz und auf der andern Seite ein Wappen mit einem seitenverkehrten "F". Es wird gemutmaßt, dass der Steinmetz hier die Schablone falsch herum aufgelegt hatte. Ich halte das für wenig glaubhaft. Wahrscheinlicher ist, dass dieses "verkehrte F" benutzt wurde, weil es sich nicht um eine Territorialgrenze, sondern nur um eine innerhalb des Stadtgebietes befindliche Gütergrenze handelt. Die Bilder der Steine sind mit einem Klick auf eines der beiden Fotos oben aufrufbar. Lesen Sie -->hier Ausführlicheres in Wikipedia über die Schäfersteine.
Von ursprünglich 60 Steinen sind immerhin noch 49 erhalten (21 von 23 auf der östlichen und 28 von 37 auf der westlichen Seite des ehemaligen Weidegeländes. Heute ist die ehemalige Grenze auf dem 1967 angelegten Schäfersteinpfad mit einer sehr schönen Wanderung abzulaufen. Bei der Anlage des Rundwegs wurde damals an jedem Stein eine Bank aufgestellt. Daneben wurde ein Holzklotz eingelassen, auf dem der Name des betreffenden Steins eingeschnitzt war. Ein Schulrektor hatte allen Steinen eine Bezeichnung verpasst, wie "Kuhhirt", "Artur", "Lerche", "Herkules" oder "Strauchdieb". -->Hier kann man die komplette Liste aufrufen, die auf Basis von Informationen von Jörg Stelzer zusammengestellt wurde. Die Holzklötze sind vergangen, ebenso sind viele der damals aufgestellten Bänke verschwunden oder beschädigt. Die Wegmarkierung besteht aus Holzschildern, die das spiegelverkehrte "F" tragen. In der Nähe (fast) jeden Steins ist ein Holztäfelchen mit einer Nummer zu finden. Insgesamt 5 große hölzerne Informationstafeln sind an den Steinen 1, 12, 22, 39 und 49 aufgestellt, die irritierenderweise nicht nach Norden ausgerichtet sind. Dort sind auch die Standorte der Steine markiert. Anzumerken ist noch, dass die Steine 42 und 49 im Jahr 1982 neu gefertigt und gesetzt worden sind (Quelle: Institut für Stadtgeschichte).
Im August 2016 bin ich den Schäfersteinpfad abgelaufen und alle Steine fotografiert. Das Fotoalbum ist mit einem Klick auf eine der Stein-Abbildungen oben aufrufbar. Im Allgemeinen ist die Wegweisung als gut zu bezeichnen; es gab jedoch einige Stellen, an denen die Wegweiser erneuert oder ergänzt werden sollten. Man kann sicherheitshalber einen Ausdruck der unten abrufbaren Karte auf die Wanderung mitnehmen. Der Schäfersteinpfad erstreckt sich über ca. 13 km. Besteint sind der Ostteil (Steine 1 - 21) und der Westteil (Steine 22 - 49). Je nach Wohnort beginnt man bei Stein 1 (Louisa) oder Stein 22 (Neu-Isenburg).
Als Dreieichbewohner starten wir unsere Wanderung an der Infotafel am Waldeingang am Parkplatz auf der Westseite des Neu-Isenburger Bahnhofs. Der westliche Teil des Schäfersteinpfads beginnt an der Frankfurter Stadtgrenze ca. 250 m weiter nördlich am Stein 22. Die folgenden Steine sind leicht zu finden. Bei Stein 27 biegt der Pfad nach Osten ab, um die Autobahn zusammen mit der Bahnlinie zu unterqueren. Gleich nach der Autobahnbrücke geht man links an der Autobahn entlang, eine asphaltierte Schneise überquerend, zum Stein 28. Wir folgen dem Pfad Richtung Norden. Bis zum Stein 36 ist der Schäfersteinpfad gut beschildert. Anschließend muss man sich rechts halten (hier fehlt ein Hinweisschild) um zum Tiroler Weiher zu gelangen, wo Stein 37 zu finden ist. An diesem als Versickerungsbecken angelegten Teich steht eine Jupitersäule mit dem goldigen Grüngürteltier obendrauf. Nicht versäumen sollte man die Figurengruppe an der Treppe auf der gegenüberliegenden Seite des Weihers.
Hinweisschilder weisen den Weg über die Steine 38 und 39 zur zweiten Informationstafel an der B 44, mit der wir die Eisenbahntrasse unterqueren und anschließend rechts das Wäldschestagsgelände betreten. Nach ca. 250 m entlang der Bahnlinie (vor dem Parkplatz des Tennisvereins; auch hier fehlt ein Hinweisschild) können wir in ca. 10. m Entfernung auf dem Wäldschestaggelände Stein 40 erkennen. Man geht jetzt schräg über das Gelände und findet mit Glück den Stein 41 (nicht an einem Weg stehend) und den 1982 neu gesetzten Stein 42. Der nächste Stein 43 steht auf der anderen Seite der B 44 - Spur am Oberforsthaus. Wir folgen der Mörfelder Landstraße über die Isenburger Schneise hinaus und biegen ab in die erste (asphaltierte) Schneise und gelangen nach ca. 80 m zu Stein 44. Mit einiger Aufmerksamkeit können wir in Folge alle weiteren Steine bis zum letzten Stein 49 an der Kreuzung Kennedyallee / Niederräder Landstraße entdecken. Dort steht eine weitere Infotafel (der Stein 49 ist fälschlicherweise auf allen Tafeln auf der anderen Seite der Niederräder Landstraße eingezeichnet).
Wir gehen dann über die Niederräder Landstraße und den Louisa-Park zur S-Bahnhaltestelle Louisa, unterqueren die Main-Neckar-Bahn, stärken uns mit einem oder zwei Äbbelwoi in der "Buchscheer" und folgen dem Ziegelhüttenweg nach Süden bis zur Bahnunterführung, hinter der eine weitere Infotafel aufgestellt ist. Stein 01 des östlichen Teils des Schäfersteinpfades (ca. 5,5 km) steht ca. 80 m von der Tafel auf der linken Wegseite. Bei den folgenden Steinen erkennt man noch den Graben, der zusammen mit den Steinen die Gütergrenze bildete. Einige der Steine stehen bis zu 10 m vom Weg entfernt. Bei Stein 10 hatte ich einige Probleme ihn zu finden, er war total zugewuchert. Wir überqueren die Straßenbahnlinie bei Stein 11 (Haltestelle Oberschweinstiege) und kommen zu einer weiteren Infotafel. Stein 12 steht etwas im Wald auf der rechten Seite des Pfades unweit der Tafel. Es folgen die Steine 13 und 14 bevor wir die Isenburger Schneise queren. Auf der anderen Seite halten wir uns links. Nach ca. 100 m biegt der Schäfersteinpfad halbrechts in den Wald ab (hier fehlt ein Hinweisschild). Die Steine 15 - 18 sind nicht zu verfehlen. Der Weg überquert die Autobahn mittels einer Brücke. Am Ende der Brückenrampe steht in einiger Entfernung auf der linken Seite der Stein 19. Am Zaun des Spielparks Tannenwald findet man die beiden letzten Steine 20 und 21. Am Waldrand entlang kann man zum Bahnhof Neu-Isenburg zurückkehren.Der Kartenausschnitt rechts stammt aus einer vom Stadtforst Frankfurt herausgegebenen Karte des Frankfurter Stadtwaldes, in der ich die Standorte der einzelnen Steine markiert habe (Veröffentlichung mit Genehmigung des ehem. Forstamtsleiters).
Am 24. März 2019 fotografierte ich die Schäfersteine erneut, unter besseren Lichtverhältnissen. Ich werde die Fotos gelegentlich hier veröffentlichen. Zusätzlich erfasste ich die Höhe der Steine (--> Tabelle).
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Anmerkungen zur "Hurenstraße"
- Die Beschreibung der Hurenstraße habe ich Lit. Braun (S. 237) entnommen. Er beschreibt sie als "Nebengeleitsstraße" mit der Bezeichnung "Walldorfer Weg".
- In Lit. Hoferichter wird von einer Huren- oder Gundstraße berichtet, die von Mörfelden Richtung Frankfurt führt.
- In den aktuellen Karten heißt die Verbindung zwischen der Zufahrt zur Autobahnauffahrt Zeppelinheim (L 3262) und der Kirchschneise (Zufahrt zur ehemaligen US Recreation Area) "Hurenschneise".
- In dem Messtischblatt von 1897 ist ebenfalls eine "Hurenschneise" etwas weiter östlich eingezeichnet, die am Vierherrenstein vorbeiführt. Sie verläuft auf der Frankfurter Seite nach Norden und geht in die Vierherrensteinschneise über. Diese mündet heute am Bahnhof Sportfeld in die alte Flughafenstraße (früher: Alte Mainzer Straße). Von hier geht es weiter über das Oberforsthaus durch die Mörfelder Landstraße nach Frankfurt. In Sachsenhausen gab es auf dem heutigen Ziegelhüttenplatz einen "Hurenbrunnen).
- In einer Karte (Haas) aus 1799 wird anstelle des "Vierherrensteins" von einem "Dreiherrenstein" berichtet. Es sind dort zwei Gebäude eigezeichnet, wahrscheinlich das Falltorhaus mit Scheune. (In Lit. Langer S. 61 wird berichtet, dass 1743 dort ein Holzmacherhaus stand). Der Verlauf der Hurenschneise ist hier nicht mehr zu identifizieren.
- In der Karte von Klotz (1747, Lit. Braun) wird dieser Wegverlauf als "Die + Straaße oder Königsstedter" (Kreuz- oder Königstädter Straße) bezeichnet. Nach Lit. Langer (S. 31) verlief diese Straße von Trebur über Königstädten am Vierherrenstein und dem Hölzernen Kreuz vorbei zum Falltorhaus und weiter zum Oberforthaus. Nach der Klotz'schen Karte passierte diese Straße das Hölzerne Kreuz nicht direkt, sondern in einem größeren Abstand. Interessant an dieser Karte ist, dass nicht der oben beschriebene Straßenverlauf, sondern die weiter östlich verlaufende "Alte Oppenheimer Straße", die alternativ mit "Hurenstraße" bezeichnet wird.
- Zum Begriff "Walldorfer Weg als Nebengeleitsstraße": Die Hauptgeleitsstraße war die Oppenheimer- bzw. Mörfelder Straße, die südlich der Gehspitz ungefähr dem Verlauf der B 44 entspricht und nördlich davon der Otto-Fleck-Schneise. Die Alte Oppenheimer Straße (Hurenstraße bei Klotz) verlief von der Gehspitz zum Oberforsthaus und wurde beim Bau der Neuen Oppenheimer Straße aufgegeben.
- Dies bedeutet, dass zwei unterschiedliche Straßen die Zweitbezeichnung "Hurenstraße" trugen. Es könnte sein, dass sich entweder Klotz mit der Allokation zur Alten Oppenheimer Straße geirrt hat oder dass nach der Aufgabe der Alten Oppenheimer Straße der Name auf die Kreuz- oder Königsstädter Straße übertragen wurde. Vielleicht strömten auch die Damen auf beiden Straßen zur Messezeit nach Frankfurt.
- Eine andere Erklärung des Begriffes "Huren" bezieht sich auf den gleichen Wortstamm mit "heuern". Dieses Wort bedeutete nach Langer im Mittelhochdeutschen "gegen Entgelt reisen". Dies würde sich wohl auf die wichtige Geleitstraße nach Oppenheim, aber nicht auf die relativ unbedeutende "Nebengeleitsstraße" nach Walldorf beziehen. Allerdings: das Wort "heu" konnte ich in keinem Mittelhochdeutschlexikon finden, während der Begriff "Huore" im Mittelhochdeutschen dem heutigen "Hure" entspricht. Nun ja, wie dem auch sei: die Recherchen zur "Hurenstraße" waren sehr spannend.
Anmerkung Feb. 2020: In Lit Bingmer S. 237 wird berichtet, dass die Hurenstraße zwischen Stein 123 und 124 (östlich der Gehspitz/Lieferstein) die Stadtgrenze schnitt.
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Transkription eines Teils des Begehungsprotokolls der Grenze Frankfurt - Hessen Darmstadt von 1765
Nach der Einleitungsseite und der Aufzählung der vielen Teilnehmer beider Seiten wird etwas holprig fortgefahren:
... "Der dann von sämtlichen Anwesenden der Anfang des Gränz Zugs gemacht wurde an dem großen dreyeckigem Stein, wo sich das Darmstädtisch- Ysenburg- und Stadt Frankfurtische Territorium scheidet, ohnfern der Gehspitz, welches ein bläulicher gehauener Stein ist, wo die dritte Ecke gleich gehauen so zwei Schuh außer der Erde stehet, welcher in dieser Gränz Begehung von dem ersten Stein angenommen wurde.
Von da an auf den 2ten gleich dabey befindlichen und sogenannten Lieferstein.
Von da auf den 3ten ...."
--- usw. ---
"Vom vorigen 26ten Stein ging es auf den 27ten, welches ein Hauptstein ist und der hier Herren Stein oder Vier Herren Stein genannt wird. Dieser ist ein rauher, gehauener vierekand, hoch und breiter Stein auf der Frankfurter Seite mit dem Adler, so etwas unkantbar, auf denen anderen Seiten mit unkantlichen Zeichen versehen, und wird außerhalb so genannt, weil er vor Zeiten vierer Herren Gemarkung geschieden haben soll.
Von diesem ging es auf der gleichen dabey befindlichen Stein, welcher ein kurzer, dicker viereckender oben rund gehauener Stein ist und auf deßen einer Seite nach Frankfurt zu den Buchstaben F und auf der anderen Seite die Worte Kelsterbacher Eigenwald 1599 stehen und von dem Vorigen nur ... Zoll Frankfurter Maaßes abstehet.
Hier ging es auf den Kelsterbacher Weg rechterhand hinunter, bis auf der 48ten Stein. ......"
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