Grenzen
und Grenzsteine in der Rostadt
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit
der Geschichte einer Sprendlinger Gemarkung, der Rostadt. Die Rostadt
ist seit langem Grenzgebiet zwischen Langen, Dreieichenhain und
Sprendlingen. Wir wollen einige
Erkenntnisse über die Veränderungen der
Grenzverläufe darstellen und über einige der
Grenzsteine berichten, die dort stehen bzw. gestanden haben. Dazu ist
es
notwendig, sich etwas intensiver mit der Territorialgeschichte der drei
Orte zu beschäftigen. Zu guter Letzt wird ein
Spaziergang über die Rostadt vorgeschlagen, auf dem die
wichtigsten der geschichtsträchtigen Orte gesehen und
empfunden
werden können.
-->
Hier geht's direkt zum Spaziergang.

Die Rostadt
im engeren Sinn ist heute eine Flur in der Gemarkung
Sprendlingen mit
der Nummer 17. Sie wird im Nordosten von der Hainer Trift, im
Nordwesten vom Waldrand des Buchschlager Waldes (z.T. Gemarkungsgrenze
zu Buchschlag), im Südwesten vom Rossertgraben
(Gemarkungsgrenze zu Langen), im Südosten von der
alten B3 (Gemarkungsgrenze zu Dreieichenhain) und im Osten von der
Grenze zur
Sprendlinger Flur 16 (Im Langener Feld) abgegrenzt. Allerdings
beinhaltet der Begriff Rostadt in der allgemeinen Wahrnehmung
ein weitaus größeres Gelände.
Diese "gefühlte" Rostadt umfasst das Gebiet zwischen der
Dreieichbahn, dem Rand des Buchschlager Waldes, dem Rossertgraben und
der alten B3.
Im Jahr 834 schenkte König Ludwig der Deutsche um seines
Seelenheils willen (wahrscheinlich spielten eher handfeste politische
Gründe eine Rolle) das ihm gehörende Dorf Langen dem
Kloster
Lorsch. In einem zwischen 834 und 840 entstandenen Nachtrag zur
Schenkungsurkunde (Lit. Runkel), der uns
durch eine Abschrift aus dem 12. Jahrhundert bekannt ist, werden die
Grenzen dieser Urmark Langen beschrieben. Hier taucht zum ersten Mal
der Begriff "Rosseshart" auf, von dem der Namen unserer
Gemarkung abgeleitet ist. Der folgende Abschnitt
beschäftigt
sich etwas intensiver mit der Frage, ob die Rosseshart zur
Langener oder Sprendlinger Urmark gehörte.
Der
transkribierte lateinische Text des Anhangs der Schenkungsurkunde kann --> hier
heruntergeladen
werden. Die deutsche Übersetzung des ersten Teils der
Grenzbeschreibung lautet:
"Das sind die Huben, welche zu Langen gehören. Es beginnt bei
einem Ort, der Rodesbach genannt wird, von da mitten durch
den Staffelswald (Stafuleshart),
von da zur Luxholaue (Lohhensouue), von da (zum) Ginnesheimer Bach
(Ginnesheimer reine), von da zum Dreieich-Grenzpunkt (Drieichlahha),
von da zum Buchenweg (bucheuuege), von da zur Sprendlinger Gemarkung
(Spiren dilinger marca), von da über
den Roschertwald (rosseshart),
von da über
den Koberswald (cubereshart), von da über
Offenthal (ouemdan), von da wieder nach Rodesbach." (Übersetzung aus
Lit. Runkel).
Es besteht in der Literatur Übereinkunft, dass der Rodesbach
dem Rutschbach/Hegbach entspricht.
Dies ist heute die Grenze der Landkreise Offenbach und
Darmstadt-Dieburg. Etwas westlich des Flugplatzes Egelsbach biegt die
Grenze
nach Norden ab und folgt in etwa der Kreisgrenze Offenbach -
Groß-Gerau und weiter nördlich der Grenze des
Kreises
Offenbach zu Frankfurt. Dort, wo diese Grenze nach Osten abbiegt,
stand die Drieichlahha, wahrscheinlich ein mit einem Kreuz versehener Markierungsbaum.
Dieser wurde später durch das Hölzerne
Kreuz ersetzt. Über den Verlauf der Ostgrenze der
Langener Urmark
gibt es unterschiedliche Interpretationen. Interessant ist das dreimal in der Urkunde vorkommende
"super" , das mit "über" zu übersetzen
ist. In Lit. Nahrgang (7) wird das "super" als Hinweis interpretiert,
dass die genannten Gebiete
zur Urmark Langen gehörten.
Nach
der links abgebildeten Karte aus Lit. Lenhard (2)
verläuft
die Grenze von der Drieichlahha nach Osten und biegt östlich
der
Gehspitz dem Buchenweg folgend nach Süden ab. Der Buchenweg
ist
die nördliche Fortsetzung der Buchwaldstraße in
Buchschlag,
ein Weg, der
in alten Karten noch eingezeichnet ist. Dann folgt ein relativ kurzer
Grenzabschnitt, der mit "Sprendlinger Mark" (eindeutig die Sprendlinger
Feldmark) bezeichnet wurde. Nach dieser
Karte ist dann die Hainer Trift zwischen dem Buchschlager Wald und der
B 3 (alt) die Urmarksgrenze. Die heutige Gemarkung Rostadt lag demnach
auf dem Gebiet der Langener Urmark. Die Grenze verlief dann
entlang dem Waldrand an
der B 3 (alt) bis zum Krankenhaus und weiter zum
Mühltal
(Paddelteich). Von dort aus lief sie in östlicher
Richtung (= Cubereshart) südlich von Philippseich und
nördlich des heutigen Offenthals
(= Ouemdan) vorbei, wo sie dann einen Knick nach Süden macht
und an der
heutigen Gemarkungsgrenze von Offenthal und Urberach wieder zum
Rutschbach stieß. Ouemdan bzw. Ovendan oder
Ovendam ist
definitiv nicht das Dorf Offenthal, das es damals noch nicht gab,
sondern eine Bezeichnung für einen Waldbezirk, nach dem ein
später gegründetes Dorf benannt wurde.
Klenk
interpretierte
(1927) den Begriff "super" in der lateinischen Urkunde
wörtlich als
"über", im Sinne von "rauf und runter". Die Rostadt ist
allerdings flach; erst im Hainer Bürgerwald
östlich der
heutigen B 3 (alt) steigt das Gelände an. Klenk vermutete,
dass der
Hainer Bürgerwald damals "Rosseshart" hieß, und dass
sich
die Bezeichnung auf das flache Gebiet der heutigen Rostadt
übertragen hat (1494 wurde eine "Nuwe Rostadt"
genannt (Lit.
Nahrgang (7)). Auch Klenk war der Auffassung, dass die Rostadt damals
zur Langener Mark gehörte. Interessanterweise ließ
Klenk die
Grenze nicht
nördlich von Offenthal vorbeiziehen, sondern nach ihm bog sie
in
der Fortsetzung der Breite Haagschneise (an den Sportplätzen
südlich von Dreieichenhain) nach Süden ab entlang des
Dammwegs, überquerte eine Anhöhe, die er als
Cupereshart
definierte, dann ging sie hinunter zu dem Taleinschnitt und
stieg wieder hinauf auf
eine zweite Anhöhe, die nach ihm der Tannenwald des Ovo war
(=ouendam). Danach fiel die Grenze zum Rodesbach / Rutschbach ab.
Dieser Grenzverlauf ist auf der Karte oben farbig eingezeichnet.
Klenk wies darauf hin, dass spätere Grenzdefinitionen
(Münzenbergische Erbteilung) diesen Urmarksgrenzen entsprachen.
Die Aussagen von Nahrgang
zu dem Grenzverlauf sind nicht eindeutig. In einer älteren
Publikation (Lit. Nahrgang
(6)) aus 1937 schrieb er einerseits: "Die Langener Urmark
dürfte
außer der Mitteldick noch einen kleinen Teil des Forstes
Sprendlingen einbegriffen haben, außerdem die Sprendlinger
Rostadt." Andererseits publizierte er später eine
Karte der
Urmark Sprendlingens (rechtes Bild). Hier biegt die
Grenze nach
der Drieichlahha bereits an der Gehspitz nach
Südosten, Süden und Osten ab. Sie folgt
damit der
späteren Grenzline des Fürstentums Ysenburg und der
Landgrafenschaft Hessen-Darmstadt nach Buchschlag, wo sie auf den
Buchenweg trifft (Lit. Nahrgang (2)). Nach dieser Karte ist
die Rostadt ein Teil der
Sprendlinger Urmark! Der weitere Grenzverlauf ist identisch mit dem wie
von Lenhard beschrieben.
Nach den Publikationen der Granden der Dreieicher Heimatforschung in
den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts war eine Weile
Funkstille bis auf eine Publikation Baeumerth
(Lit. Baeumerth (4)) aus dem Jahr 1977. Er bezieht sich auf ein
Flurnamenverzeichnis von Klenk, in dem vermutet wird, dass bei
der Neuschaffung der Hainer Gemarkung (unter den
Hagen-Münzenberger) Sprendlingen mit die Rostadt
entschädigt wurde. Runkel wies
in Lit.
Runkel 1982
überzeugend nach, dass der Anhang zur
Schenkungsurkunde spätestens 840 verfasst worden sein muss.
1997 belebte sich die Diskussion wieder, und zwar
anlässlich einer öffentlichen Diskussion
über das
"wirkliche Alter von Dreieichenhain", die in Lit. Hörr
zusammengefasst wurde. Als Naturwissenschaftler steht man staunend vor
der Menge von nichtbeweisbaren Hypothesen, mit denen gelehrte
Historiker um sich werfen. Ein Argument war aber interessant: Grenzen
verliefen in der Vergangenheit meist parallel zu Wasserscheiden. Das
Offenthaler Gebiet wird wie das in Langen und Egelsbach Richtung
Hegbach entwässert, während in Sprendlingen,
Dreieichenhain
und Götzenhain die Wässer in den Hengstbach
fließen.
Dies würde für die Zugehörigkeit von
Offenthal zur
Langener Urmark sprechen (s. dazu auch Lit. Neusel (2)).
Die Ausführungen in Lit. Metzner ("Weißer Bracke")
sollen
hier nicht weiter kommentiert werden, sie sind für den Autor
dieser Zeilen zu spekulativ.
Wie kann man diese Diskussionen - insbesondere bezüglich der
Rostadt - interpretieren? Für den
Autor wiegt das Argument
sehr stark, dass jüngere Grenzziehungen meist dem
Verlauf älterer
Grenzen folgen. Es ist nicht sehr
stichhaltig, dass
bei
der
Neugründung der Hainer Gemarkung Sprendlingen durch einen Teil
der
Langener Gemarkung entschädigt wurde.
Langen wurde 834 an das Kloster Lorsch verschenkt, das es als Lehen
weitergab. Dass es irgendwann zu einer Territorialgrenzverschiebung
kam, ist eher unwahrscheinlich. All dies spricht
dafür,
dass die Rostadt schon 834 zur Spiren Dilinger Marca gehörte.
Nachtrag 12/2013:
Eine genauere Betrachtung der Ringlandwehrkarte von ca. 1600 zeigt den
Eintrag "Rostat" westlich der Trift und "Sprendling Rostat"
östlich davon. Dies ist insofern unverständlich, weil
um diese Zeit die Isenburger Territorialteilung schon
realisiert
war (1556), d.h. die "Rostat" (westlich der Trift) müsste
Isenburg-Birsteiner Territorium und damit Sprendlinger Gebiet gewesen
sein. Die "Sprendling Rostat" heißt als Flurbezeichnung heute
"Das Feld gegen Langen". Da passt einiges nicht
ganz zueinander. |
Seit 834 sind folgende
Bezeichnungen überliefert: Rosseshart ("Wald des Rosses" nach
Lit.
Metzner, "Rosenwald" nach Lit. Neusel (2) oder "Wald, in dem
Wildpferde gehalten wurden" nach Nahrgang (4)), 1401
"Roßhart,
1428 Russhart, 1439 Rossart, 1449 Rossert, 1533 Rosehart, Roschert,
1680 Rostadt. In Lit. Meyer wird spekuliert, dass der Name von einer
Flachs-Röste (mittelalterlich: rozze) abgeleitet werden muss.
Es
handelte sich auf jeden Fall um ein Waldgebiet ("...hart"), das im 15.
Jahrhundert allmählich gerodet und in Ackerparzellen
aufgeteilt
wurde (Lit. Nahrgang (4)).
Vor 834 lag unser Gebiet im "Forestis Dreieich", bestehend aus der
Langener und Sprendlinger Urmark. Dieses Gebiet war
königeigenes
Land und wurde zu dieser Zeit wohl von der Frankfurter Pfalz aus
verwaltet. Es grenzte im Norden an den Frankfurter Fiscus, im Westen an
den Fiscus in Trebur, im Osten an die Bieger und Röder Mark
und im
Süden an die Gerauer Mark. Der
"Forestis Dreieich" ist nicht zu verwechseln mit dem "Wildbann
Dreieich", der erst 1069 zum ersten mal erwähnt wurde und eine
weit
größere Ausdehnung hatte. Dieser erstreckte sich von
Vilbel
bis in den Odenwald, von der Mainspitze bis zur Aschaffenburger
Brücke. Er umfasste auch Gebiete, die nicht dem
König
gehörten. Langen schied durch die Schenkung an das Kloster
Lorsch 834
aus dem Gebiet des Reichsforstes Dreieich aus. Das Benediktinerkloster
Lorsch gab das Dorf anschließend weltlichen Herrschaften zum
Lehen. Von 1090 an hatten die Herren von Hagen-Münzenberg
Langen
zu Lehen. 1232 wurde das inzwischen abgewirtschaftete Kloster Lorsch
vom
Erzstift Mainz übernommen, das damit die Lehenshoheit
über
Langen erhielt. Mainz hatte deshalb noch lange Zeit Zollrechte in
Langen.
In dem anderen Teil des "Forestis Dreieich", der Sprendlinger Mark,
entstand in den Hengstbachniederungen im Bereich der heutigen
Dreieichenhainer Burgruine zunächst eine Jagdhütte,
dann ein
königlicher Jagdhof mit Herrenhaus und
Wirtschaftsgebäuden.
Der erste Vogt im Dreieichgebiet, Eberhard von Hagen, baute in der 2.
Hälfte des 11. Jahrhunderts eine
fünfstöckige Turmburg,
von der heute noch die Ostwand zu sehen ist. Seine Nachfolger, die
Herren von Hagen-Münzenberg, erweiterten die Burg mit einem
Palas,
Burgmauern, Bergfried und einer Kapelle. 1256 wurden die "cives in
hagen" erwähnt, ein Beleg dafür, dass neben den
Dörfern Langen und
Sprendlingen jetzt auch die Stadt Hain in der Dreieich an die Rostadt
grenzte. Die Grenzen der Stadt Hain zu Langen entsprachen
wahrscheinlich der oben
beschriebenen Urmarksgrenze. Über
die Grenzziehung zwischen Sprendlingen und Hain
liegen keine (?)
Informationen vor. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie
ungefähr
den aktuellen Gemarkungsgrenzen entsprachen. Auf jeden Fall gibt es
Berichte über heftige Grenzstreitigkeiten zwischen
Sprendlingern und
Haanern und zwischen Haanern und Längenern.
Die Darstellung der
Territorialgeschichte
der Dreieich würde den
Rahmen dieses Artikels überschreiten; es ist ein
höchst
komplexes politisches und juristisches Gezerre mit
Verpfändungen,
Einheiratungen, Erbteilungen, kriegerischen Auseinandersetzungen,
Geiselnahmen, usw. Nur so viel: 1255 starb Ulrich II, der letzte
männliche Hagen-Münzenberger. Sein Erbe,
Burg und Stadt Hain,
ging in sechs Teile, u.a. an Hanau und Falkenstein. Den Falkensteinern
gelang es, fünf der sechs Teile (bis auf das Hanauer Sechstel)
unter ihre Kontrolle zu bringen. Nach dem Aussterben der Falkensteiner
im Jahr 1418 kam das Hainer Gebiet in den gemeinsamen Besitz der
Herrschaft von Sayn und Isenburg-Büdingen. 1486 verkauften die
Sayner ihren Anteil an Isenburg-Büdingen.
Langen
blieb nach 1232
weiterhin formal mainzerisch. De facto gehörte es den
Falkensteinern, die es 1275 teilten: Werner I erhielt den Nordteil,
Philipp II den Südteil des Dorfes. Es kam später wie
Hain in den gemeinsamen Besitz
der Sayner und Isenburg-Büdingen. Die Sayner verkauften ihre
Rechte 1486 an die Isenburg-Büdinger. In
Sprendlingen
ging
die Gerichtsbarkeit (Vogteigericht) an die Grafschaft
Katzenellenbogen über, später gelangte das Dorf in
den Besitz
der Sayner Herrschaft, die es 1445 an das Haus Isenburg
verpfändete und 1486 es ganz an diese verkauften.
Wir sehen, dass das an die Rostadt angrenzende
Gebiet in Jahr 1485
unter der Herrschaft der Grafen von Isenburg gekommen war.
Bemerkenswert ist noch, dass bereits 1348 die Dreieicher Ringlandwehr
(s. u.) erwähnt wurde, welche die Orte Hain, Langen,
Egelsbach,
Götzenhain und Offenthal umschloss. Trotz mosaikgleicher
Herrschaftsverhältnisse muss es in dem Gebiet eine
Kooperationsbereitschaft gegeben haben, ohne die dieses
aufwändige
Sicherungssystem nicht möglich gewesen wäre.
1556 kam es zu einer Teilung der Grafschaft Isenburg-Büdingen
in
eine Linie Isenburg-Birstein und eine Linie Isenburg-Ronneburg. Die
Grenze verlief
wahrscheinlich entlang der alten Urmarksgrenze von der
Gehspitz
über
den Buchenweg zum "Buchschlag", dann folgte sie erst der Dreieicher
Landwehr, anschließend dem "Rossertgraben" bis zur jetzigen B
3
(alt). Von dort lief sie über den Paddelteich zur Koberstadt
(dort
entlang des Dammwegs zum Rutschbach).
1560 begann die Herrschaft von Graf Wolfgang von Isenburg-Ronneburg
über das Langener Gebiet, zu dem auch Kelsterbach
gehörte.
Das östliche Dreieichgebiet wurde von den
Isenburg-Birstein regiert. Burg und Stadt Hain verblieben im
gemeinsamen Besitz. In dieser Zeit wurde die Reformation im
Dreieichgebiet eingeführt. Allerdings entstand ein heftiger
Glaubenskrieg zwischen den Lutheranern und Calvinisten. Dies war wohl
der Hintergrund, dass die lutheranischen Isenburg-Ronneburger um 1600
das Amt Kelsterbach mit Langen und Egelsbach an die
(lutheranische) Landgrafenschaft Hessen-Darmstadt verkauften.
Während des 30-jährigen Krieges, im Jahr
1635,
übertrug der Kaiser die
Herrschaft über Isenburg-Birstein dem Landgrafen von
Hessen-Darmstadt, der es 1642 wieder den Isenburgern
zurückgab.
1718 wurde
Isenburg-Birstein erneut geteilt, wobei Philippseich als neue
Residenz gegründet wurde. Bis 1816 kam es in unserem
Gebiet
zu
keinen weiteren Grenzveränderungen. Im Wiener Kongress wurde
beschlossen, alle Isenburgische Besitzungen dem Großherzogtum
Hessen-Darmstadt einzugliedern. Das Großherzogtum Hessen
hatte
bis 1918 Bestand, dann wurde der "Volksstaat Hessen"
gegründet,
aus dem das heutige Bundesland Hessen entstand.
Es sei noch angemerkt, dass das Gebiet der Rostadt früher
bewaldet
war, und dass dieser Wald aber bereits vor 1520 gerodet wurde, um
Ackerland zu gewinnen. Lit Nahrgang (2), S. XII, 4/143
Der Rostadt
Spaziergang

Wir
können die Grenzen und die Grenzsteine der Rostadt in
einer
kleinen Wanderung vom
Sprendlinger
Bahnhof aus
erleben. Wir
überqueren die Gleise der Dreieichbahn am
Bahnübergang
gegenüber der
katholischen
Kirche St. Laurentius. Rechts vom
Bahnübergang
steht ein schönes Anwesen (Eisenbahnstr. 62), das von alten
Sprendlingern die
"Schandammerie" (= Gendarmerie = Landpolizei) genannt wird. 1921 wurde
ein Gendarmerieposten vom Volksstaat Hessen in dieses
erst
1920 erbauten Anwesens verlegt.
Von den Gleisen kann man
eine wunderbar gestaltete Sandsteintreppe erkennen. Wir laufen weiter
entlang der
Bahntrasse Richtung Buchschlager Wald. Ungefähr 150 Meter vor
Erreichen des Waldrandes überqueren wir einen Wassergraben.
Ihm
entlang verlief wahrscheinlich die oben beschriebene Grenze zwischen
den Urmarken von Sprendlingen und Langen. Sie entsprach auch de
r Grenze
zwischen der Grafschaft Ysenburg-Birstein und der Landgrafenschaft
Hessen Darmstadt. Wenige Meter vom Weg
entfernt können wir einen
mächtigen Grenzstein mitten im Wassergraben entdecken.
Er ist
beschriftet mit "Y" (für Ysenburg), "HD" für
Hessen-Darmstadt, "1783" und "62". Er ist somit der 62. Stein einer
Grenzlinie, die an der Gehspitz beginnt, die Rostadt von Langener
Territorium (bzw. die ehemalige Mitteldicker Gemarkung) trennt und
südlich von Dreieichenhain endet.

Das
Gebiet zwischen Graben und Waldrand war sicherlich früher
bewaldet. Irgendwann wurde es gerodet und kam in Privatbesitz. Wir
gehen
weiter bis zum Wald und wenden uns nach links und laufen dem Waldrand
entlang Richtung Süden. Mit einiger Aufmerksamkeit
können wir bis zum Erreichen der Hainer Trift drei
Gütersteine finden, einen davon mit der Inschrift "GAL 1812".
Gütersteine markieren keine Territorialgrenzen, sondern
den o.g. Privatbesitz. GAL bedeutet Georg August Löffler, aus
der
Gründerfamilie der Sektkellerei Löffler, dessen
Grabstein
noch im Sprendlinger Kirchhof zu sehen ist. In einem
Ausschnitt der Flurkarte
von Mittteldick von ca. 1850 (Stadtarchiv Langen) sind diese
Grundstücke zu erkennen.
Nun sind wir an dem Eintritt der Hainer Trift in den Buschschlager Wald
angelangt. Wenn die Wiese Richtung Sprendlingen gemäht ist,
können wir in westlicher Richtung einen weiteren Y-HD Stein
(die
Nr. 65) erkennen. Der Grenzstein Nr. 67 lag an dieser Stelle in den
1970er Jahren heraus. Er wurde nicht wieder aufgestellt sondern ins
Dreieich-Museum verbracht. Die Begründung: Er stünde
auf der
Trasse der geplanten Südumgehung, es würde sich nicht
lohnen,
ihn wieder aufzustellen.


Wenn
wir uns an dieser Stelle umschauen, dann
erkennen wir das hier noch recht gut erhaltene Graben- und Wegesystem
der
Dreieicher
(oder Isenburger) Ringlandwehr, die 1348 zum ersten Mal
schriftlich erwähnt wurde. Es handelt sich an dieser
Stelle um zwei Gräben und einen kleinen Wall mit einem
Begleitweg.
Dichte, dort angepflanzte
Dornenhecken machten seinerzeit ein Durchkommen unmöglich. An
wenigen
Stellen, den "Schlägen", war die Landwehr mit
Durchlässen
versehen. Die Dreieicher Ringlandwehr schützte bis
zur Einführung der Feuerwaffen im 16. Jahrhundert die
Orte
Egelsbach,
Langen, Sprendlingen, Dreieichenhain, Götzenhain und
Offenthal.
Der rechts abgebildeten Karte (Süden ist oben) aus Lit.
Nahrgang (10) kann man den Verlauf der Landwehr entnehmen. Deutlich
wird, dass wir bei der Einmündung der Trift in den Wald am
eigentlichen "Buchschlag" stehen. Eine weitere Besonderheit
findet sich an dieser
Stelle: Die Hainer Trift verläuft über eine
Gewölbebrücke
über den Graben der Ringlandwehr. Dies ist
auf der Ostseite der Brücke deutlich
erkennbar.

Von den beiden
hohlen
Süntelbuchen
(Information von einem Landschaftsplaner) an der Einmündung
der
Hainer Trift in den Wald steht heute leider nur noch eine, die andere
ist vor einiger Zeit umgestürzt. Als kleiner
Junge war der Autor fasziniert von der märchenhaften, etwas
unheimlichen Aura, welche diese beiden
Bäume umgab. Es ist schon lange von Seiten des Regionalparks
RheinMain geplant, diesen historischen Platz neu zu gestalten: Die
Ringlandwehr soll rekonstruiert werden. Notwendig erscheint auch, sich
Gedanken über die illegalen (?) Gärten am Waldrand zu
machen.
Zumindest sollte die Ablagerung von Gartenabfällen an der
Ringlandwehr unterbunden werden.
Wir gehen jetzt Richtung Westen dem Waldrand entlang. Gleich zu Anfang,
direkt am Zaun zu einem Garten, sehen wir die Steine 68 und 69. Auf
unserm Weg parallel zum Waldrand können wir mit einigem
Spürsinn die komplette Serie der Steine 70 bis 79 finden;
manche
gut sichtbar neben dem Weg, andere versteckt in dichtem
Gestrüpp.
Wenn wir aus dem Wald heraustreten, sind wir an der Stelle, wo die
Langener Gemarkungsgrenze auf die Y-HD Grenzlinie
stößt.
Wenn wir dieser

Grenze nach Westen
parallel zum Waldrand folgen,
entdecken wir einige Grenzsteine. Einer von ihnen
ist auf
der Langener Seite mit einem "L"
(für Langen) und auf der
Waldseite mit einem ein
"LL"
(für
Landgraf Ludwig) gekennzeichnet. Wie oben
beschrieben, kamen um 1600 das Langener Gebiet
und die Langender Waldungen in die
Hessen-Darmstädtische Herrschaft. Die Landgrafen betrachteten
dann den Mitteldicker und
Koberstädter Wald als ihr Privateigentum (= Domanialwald),
dessen
Grenze zu den Dorfgemarkungen mit Grenzsteinen markiert wurde.
Ähnliche Steine können wir an der Nord- und Ostseite
des
Koberstädter Waldes finden.

Wenn
wir der Langener Gemarkungsgrenze bis zur
Main-Neckar-Bahn
folgen finden
wir an der Bahnlinie einen Stein mit einem rätselhaften
Signet. Er
gehört zu den 1838 gesetzten Steinen, welche die Trasse der
später gebauten Main-Neckar-Bahn markierten. Mehr als ein
Dutzend
dieser Steine findet man Richtung Buchschlager Bahnhof. Die Tatsache,
dass ähnliche Steine in Arheilgen und Bensheim identifiziert
wurden, belegt, dass die komplette Trasse in dieser Form markiert
wurde.

Zurück
zu der Waldecke an der Y-HD Grenze. Wir folgen dieser in Richtung
Langener
Modellflugplatz. Der Verlauf der Landwehr ist durch einen Graben mit
dichter Hecke erkennbar. Vor dem Modellflugplatz können wir
auf
der anderen Grabenseite den Stein Nr. 80 entdecken. An dieser Stelle
trennt sich die
Dreieicher
Ringlandwehr von der Gemarkungs- bzw. Y-HD
Grenze. Die Landwehr verläuft jetzt entlang des
Weges Richtung
Südosten, während die Grenze nach Osten in Richtung
Hainer
Wald abbiegt. An der Kreuzung des Grenzweges mit der Rostädter
Straße können wir in einer Entfernung von ca. 100
Metern am
Graben den Stein Nr. 82 sehen.
Nur hartgesottenen Grenzsteinliebhabern kann empfohlen werden, die
noch komplett vorhandenen
Steine
Nr. 83 - 88 zu suchen. Sie befinden
sich abwechselnd auf der nördlichen und südlichen
Seite des
Rossertgrabens, wie der Grenzgraben hier genannt wird. Seltsamerweise
existieren am Rossertgraben einige zusätzliche unbeschriftete
Grenzsteine, die möglicherweise Grundstücke
markieren, die an
den Rossertgraben angrenzen. Bei Stein 88 im Rossertgraben
stoßen die Dreieichenhainer, Langener und
Sprendlinger
Gemarkungen zusammen. Die Langener und Dreieichenhainer Grenze folgt
dem Rossertgraben bis zum Stein Nr. 2 (Stein Nr. 1 ist identisch mit
Nr. 88), wo sie entlang des Grenzgrabens nach Süden abbiegt
und
bei Stein Nr. 3 über die B 3 (alt) springt, um dann
hinter
dem Krankenhaus ins Mühltal zu laufen.
Vom Langener Modellflugplatz laufen wir also nicht dem Rossertgraben
entlang, sondern spazieren den Rostädter Weg zurück
Richtung
Sprendlingen, bis wir an die
Kreuzung mit der Hainer
Trift kommen.

Die
Grenze zwischen den Urmarken von
Langen und Sprendlingen verlief nach den obigen Ausführungen
wahrscheinlich entlang des östlichen Waldrandes des
Buchschlager
Waldes zum Rossertgraben. Nach anderen Meinungen verlief die Grenze
zwischen dem Buchschlager und Hainer Wald entlang der Hainer
Trift. Im Jahr 1984, 1100 Jahre nach der Ausfertigung der
Schenkungsurkunde, stellten die "Freunde Sprendlingens" an der
Kreuzung der
Hainer Trift mit der Rostädter Straße eine Stele aus
rotem
Sandstein auf. Die von Arno Baumbusch gestaltete Säule
trägt unter einem Signet mit
drei Eichenblättern die Inschrift : "834 - 1984 /
Urmarksgrenze / Langen /
Sprendlingen". Die Einweihung dieses Denkmals erfolgte im
Rahmen einer sehr gut besuchten
Grenzbegehung
zusammen mit der Langener
Altstadtinitiative. Leider verwechseln viele Zeitgenossen diesen
geschichtsträchtigen Ort mit einer Müllhalde. Auch
wurde die Stele häufig mit Farbe beschmiert.
-->Standort
Ein
bemerkenswerter
Stein wurde in den 1970er Jahren 140 Meter
östlich der Kreuzung gefunden. Auch er wurde

nicht
wieder eingesetzt ("weil er auf der Trasse der geplanten
Südumgehung liegt"), sondern zunächst vor dem Eingang
des
Dreieichmuseums
und dann im Lapidarium zwischen Burgkirche und sem Palas der Hainer
Burg aufgestellt.
Auf der einen Seite steht "VF" und darunter "1807". Die andere Seite
ist links abgebildet. Mit einiger Mühe erkennt man in einem
Wappenschild ein "Beileisen". Dies ist zweifelsfrei das Wappenzeichen
des Adelsgeschlechtes
von
Frankenstein,
das u.a. Besitzungen im Odenwald und in der Wetterau hatte. Es handelt
sich wahrscheinlich um einen Güterstein, der ein
Grundstück
derer
von Frankenstein in Sprendlingen markierte.


In
der Umgegend dieser Kreuzung gab es offensichtlich eine Reihe von
Gütersteinen,
die leider nicht mehr an Ort und Stelle stehen. Zwei
dieser Steine findet man jetzt in einem Sprendlinger
Privatgarten. Einer
trägt die Inschrift "H" und der andere
"GL 1751".
Wir gehen der Hainer Trift entlang Richtung Dreieichenhain
und kommen am Naturfreundehaus vorbei bis zur Einbiegung in
den
Lettkautenweg. Wie dieser Name sagt, gab es früher in diesem
Gebiet Lehmgruben, aus denen das Material für Ziegeleien
gewonnen
wurde. Die älteste Ziegelei wurde dort 1745 errichtet (Lit.
Nahrgang (11)). Das

Naturfreundehaus
steht in solch einer Grube. Der Hügel in dem
Kleingartengelände ist der ehemalige Sprendlinger "Monte
Scherbelino", der über einer ehemaligen Lehmgrube
aufgeschüttet wurde. Wir folgen jetzt dem Lettkautenweg
Richtung
Sprendlingen. 17 Meter hinter dem 4. Telefonmast nach dem Abzweig von
der Trift entdecken
wir linkerhand einen Güterstein, der wahrscheinlich
noch auf
seinem Originalstandplatz steht. Er ist mit H auf der einen und mit P
auf der
anderen Seite gekennzeichnet.

Der
wohl
älteste
Grenzstein der Rostadt steht in der Nähe dieses
Steines: Auf der gegenüberliegenden Seite des
Lettkautweges
sieht man ein vornehmlich mit Birken bewachsenes, unbebautes
Grundstück. Am anderen Ende dieses Grundstücks, 20
Meter von der B 3 (alt) entfernt,
findet man einen grob behauenen Stein mit einem Kreuz auf der Vorder-
und
Rückseite. Er lag lange Zeit heraus, in zwei Stücke
zerbrochen. Der Autor dieser Zeilen hat ihn 2011 restauriert und
provisorisch wieder aufgestellt - provisorisch deswegen, weil der Stein
einen noch gültigen Grenzpunkt markiert und daher neu
eingemessen
werden müsste. Der Grenzpunkt gehört zur
Sprendlinger-Dreieichenhainer Gemarkungsgrenze, die hier
östlich
der B 3 (alt) verläuft und diese in Höhe der
Tankstelle quert.

An dieser Stelle wollen wir uns etwas genauer mit
der Chaussee zwischen
Sprendlingen und Langen befassen. Unser Dichterfürst
Johannn
Wolfgang von Goethe fuhr am
28.8.1797 mit der Postkutsche von
Frankfurt nach Darmstadt. In seinem Werk "Aus einer Reise in
die Schweiz" berichtet er:
Früh
nach 7 Uhr von Frankfurth ab. ... Welsches Dorf. ...
Sprenglingen. Basalt
im
Pflaster und auf der Chaussee bis Langen, muß sehr
häufig in
dieser flach erhobnen Gegend brechen wie drüben bei Frankfurth; sandiges, fettes,
flaches Land, viel Feldbau, aber mager. Ich sah seit Neapel zum
erstenmal wieder die Kinder auf der Straße die
Pferdeexcremente in
Körbchen sammeln. Um 10 Uhr in Langen. Der Boden wird etwas
besser; ... Nun
ja, als kleiner Junge musste der Autor dieser Zeilen in den 1950er
Jahren
in Sprendlingen ebenfalls Pferdeäppel auflesen. Sie waren
schließlich wertvoller Gartendung, der nicht verkommen
durfte.
Der Hinweis auf Basalt im Pflaster und auf der Chaussee ist einerseits
ein Beleg für das geologische Interesse vom Geheimen Rath,
andererseits beweist er, dass im Jahr 1797 die Chaussee
zwischen
Sprendlingen und Langen fertiggestellt war.

Der andere
Dichterfürst,
Friedrich
Schiller,
fuhr nicht mit der Kutsche, sondern musste zu Fuß
durch die
Dreieich gehen. Er war auf der Flucht von Stuttgart über
Mannheim
nach Frankfurt. Anfang Oktober 1782 wanderte er von Darmstadt
über
Langen, an der Rostadt entlang, weiter über Sprendlingen und
Neu-Isenburg nach Sachsenhausen. Sein ihn begleitender Freund Streicher
berichtete vom Aufenthalt in einem Sprendlinger Wirtshaus, in dem sich
Schiller etwas ausruhen wollte. "
Allein,
es war in dem Wirtshause zu lärmend, die Leute zu roh, als
daß es über eine halbe Stunde auszuhalten gewesen
wäre."
Das war kein Kompliment für die Sprendlinger! Schiller und
sein
Freund liefen weiter und rasteten hinter Neu-Isenburg an der heutigen
"Schillerruhe", wo 1860 ein Gedenkstein (
der
1959 erneuert wurde)
aufgestellt wurde. Lit. Kempe.

Ein
weiterer Schriftsteller erwähnte Sprendlingen und Langen in
seinen
Reisebeschreibungen. Es handelt sich um Ludwig Börne in seiner
"
Monographie
der deutschen Postschnecke"
von 1821. Er beschreibt mit spitzer Feuilletonistenfeder die
unhaltbaren Zustände des Transportwesens im damaligen
Deutschland.
Er reiste von Frankfurt nach Stuttgart. Weil das langsame Fahren viel
anstrengender sei als das rasche, seien "
Conducteur,
Postlillion und
Pferde bald so abgemattet, dass sie bereits in Sprendlingen liegen
bleiben mussten, um sich zu stärken." In Langen
gab es dann wieder eine Pause, weil die
Pferde gewechselt werden mussten. Die Fahrt von Frankfurt nach
Darmstadt dauerte
fünfeinhalb Stunden!


Ein Originaldruck der
sehr interessanten
Karte
von Nicks
aus dem Jahr 1777 hängt im
Dreieicher Bauamt in Dreieichenhain. Sie zeigt die Umgebung von
Dreieichenhain
mit dem Hainer Bürgerwald (Süden ist oben).
Für uns
von besonderem Interesse ist die rechte obere Ecke. Dort erkennen wir
ein Teil der
"Großen Landstraße" zwischen Sprendlingen und
Langen vor
dem Ausbau der neuen "Kunststraße", der 1811 vollendeten
Chaussee von Frankfurt nach Darmstadt. Die Chaussee zwischen
Sprendlingen und Langen wurde 1793 fertiggestellt. Rechts ist eine
Abbildung, mit
der man den rechten oberen Ausschnitt der Nicks-Karte
mit
einer modernen Flurkarte
(aus dem Bürger GIS) vergleichen kann. In beiden sind die
Gemarkungsgrenzen eingetragen. Die noch existierenden Grenzsteine sind
in beiden Karten markiert. Die alte Straße verlief vom
Sprendlinger Ortskern an der jetzigen
Aral-Tankstelle Richtung Rostädter Straße,
mündete in
die Dreieichenhainer Gemarkung, machte dann einen
Bogen nach links, stieß bei der jetzigen Fina-Tankstelle auf
die
Trasse der Chaussee und machte bis zur Kreuzung mit der Hainer Trift
einen Bogen
(entlang der Gemarkungsgrenze zwischen Sprendlingen und
Dreieichenhain). Von dort aus lief sie etwas nordwestlich der
Chaussee. Sie tangierte den Stein Nr. 2 der Ysenburgisch-Hessen
Darmstätischen Grenze, der heute ca. 40 Meter von der B3 (alt)
entfernt steht. Sie lief der Grenze entlang zum Stein No 3, wo sie die
Gemarkungsgrenze von Langen überquerte.

Links
ist die
Karte
von Haas abgebildet, die 1799 entstand. Man erkennt
die Befestigungen von Langen und von "Dreieicher Hayn" sowie das
offene Haufendorf Sprendlingen. Der Ochsenwald (jetziges
Dreieichenhainer Industriegebiet) ist noch nicht gerodet, dies geschah
erst 1848. Die Chaussee
von Frankfurt nach Darmstadt ist teilweise angelegt. Sie ist mit
Bäumen bestanden. Die
Wegeführung in der Rostadt und im Buchschlager Wald ist
sicherlich
nicht ganz realistisch dargestellt. 1799 existierte die Hainer Chaussee
zwischen Sprendlingen und Dreieichenhain noch nicht.
An der Kreuzung der Straße Sprendlingen-Langen mit der Trift
soll
früher auf der Westseite der Straße eine Kapelle,
die dem
Heiligen Markus geweiht war, gestanden haben (Lit. Runkel).


Auf dem Plan der Dreieicher
Ringlandwehr (s. links) ist an der Kreuzung
der Hainer Trift und der Straße zwischen Sprendlingen und
Langen
ein
Galgeneingezeichnet.
Ein zweiter ist bei Bayerseich zu erkennen. Darüberhinaus
sollen in Langen und in Sprendlingen ("Galjehiwwel")
je ein
Galgen gestanden haben. Auf einer
anderen Karte ist an der Trift ebenfalls ein Galgen
eingezeichnet, wobei der genaue Standort kaum zu definieren
ist. In der Literatur wird er als "Zollgalgen" bezeichnet, was immer
das sein mag. Die Blutgerichtsbarkeit im Dreieichgebiet lag in Langen
(später im Hain), wo auch die Urteile vollstreckt wurden. Das
Vogteigericht in Sprendlingen war nur für kleinere Delikte an
der
Straße zwischen Bayerseich und der Frankfurter Steinkaute
zuständig. Wofür Sprendlingen dafür einen
Galgen und
einen Scharfrichter benötigt hat, ist mir nicht
erklärlich.
In Lit NN(2) wird von mindestens zwei Scharfrichtern berichtet.
Über Hinrichtungen ist aber nichts
überliefert.
An der Chaussee
zwischen Sprendlingen und Langen verlief aber auch eine andere Grenze,
und zwar die Besatzungsgrenze
1918 - 1930.
Nach dem Versailler Friedensvertrag
konnte Frankreich die linksrheinischen deutschen Gebiete besetzen und
u.a. um Mainz einen Brückenkopf mit einem Radius von 30 km
bilden.
Diese Grenze verlief durch die Rostadt. Langen und Buschschlag
gehörten zur französisch besetzten Zone und
konnten ihre
Nachbarn oder Grundstücke im nichtbesetzten Gebiet nur mit
Mühen erreichen. Besonders folgenreich war die Tatsache, dass
die
Bahnhöfe in Langen und Buchschlag im besetzten Gebiet lagen.
Die
Langener mussten z. T. nach Neu-Isenburg laufen, um dann mit dem Zug
nach Frankfurt zu fahren. Oder sie liefen nach Sprendlingen
und fuhren
über Ober-Roden nach Offenbach/Frankfurt.
Es war eine sehr
beschwerliche Zeit. In Langen stand auf
der Nordostseite der B 485
südöstlich des Abzweigs
(mit
Ampelanlage) zur Südlichen Ringstraße
ein
mächtiger Stein
aus Muschelkalk mit der Aufschrift:
"Besatzungs /
Grenze / 1918 - 1930". Der Stein wurde 2014 auf meine Anregung hin in
die Nähe des ursprünglichen Standplatzes versetzt. S.
dazu den Bericht
unter
"Neuere
Grenzsteine.
Der genaue Grenzverlauf wird in der leicht
zugänglichen Literatur nicht beschrieben.
Vergleicht man
die skizzenhaft Karte (aus Lit. Schäfer, Friedrich Wilhelm, auch Bild links)) mit modernen Karten,
dann
ist es sehr wahrscheinlich, dass die Grenze vom heutigen Krankenhaus
der B 3 (alt) entlang lief, der Hainer Trift zum Buchschlager Wald
folgte, und
dann dem Waldrand entlang über die Buchwaldstraße
nach Norden
verlief.
 Im
Mai 2015 entdeckte ich zufälligerweise im Staatsarchiv in
Darmstadt
zwei Karten, die den Verlauf der Besatzungsgrenze östlich von
Langen
und Egelsbach darstellen. Die Karte P9/260
zeigt die Lage der
Grenzpfähle: Einer stand am Waldeck am Paddelteich, der
nächste an der
Dieburger Straße (wo jetzt der Besatzungsgrenzstein
aufgestellt wurde),
ein weiterer am Forsthaus Koberstadt. Zwischen Paddelteich und dem
Forsthaus war die Grenze demnach nicht durch eine natürliche
Demarkationslinie (Wege, Gräben, Zäune,
Gewässer) definiert, sondern
durch eine imaginäre Luftlinie zwischen Grenzpfählen.
Nach dem
Forsthaus verlief die Besatzungsgrenze dem Waldrand entlang zum Oberen
Steinberg (Grenzpfahl) und weiter bis zur Speierhügelschneise,
der sie
Richtung Süden folgte. Am Egelswoog und an der Brandschneise
standen
zwei weitere Grenzpfähle. Die Karte P9/264
der Hessischen Staatsarchivs bei Doffing zeigt den weiteren
Grenzverlauf bis nach Bayerseich. In Höhe der
Farzenbornschneise
wendete sich die Besatzungsgrenze nach Westen und folgte der
alten
Egelsbacher Gemarkungsgrenze am Forsthaus Krause Buche vorbei
bis zum
Hegbach und weiter nach Bayerseich. Auf der Karte ist eine Fortsetzung
nach Westen angedeutet. Nach der Karte von Schäfer verlief die
Grenze
ab Bayerseich Der Chaussee entlang Richtung Arheilgen.
|
Wir laufen jetzt den Lettkautenweg weiter Richtung Sprendlingen und
bleiben auf dem Weg parallel zur B 3 (alt), biegen dann vor
der
Bahnlinie links Richtung
Rostädter Weg ab. An dieser Stelle - hinter der
"Schilleefabrik" -
befand sich früher eine Sandgrube, die aber seit langem mit
Müll verfüllt ist. Die "Schillee" (Fa. Beck &
Schröder) war eine der ersten Fabriken in
Sprendlingen. Sie
wurde 1894 gegründet und produzierte Marmelade, Gelee, Bonbons
und
Geback. Nach mehreren Wechseln der Besitzer wurde die
Produktion
1939 eingestellt. Wir gelangen zum
Rostädter Weg und kreuzen die Schienen der
Dreieichbahn.

Wir
überqueren dabei
den
hypothetischen
Urlauf
des Hengstbaches. Heinrich Runkel hat darüber
spekuliert, ob der Hengstbach früher über die Rostadt
nach
Buchschlag geflossen sein kann. Hintergrund dieser Überlegung
ist
die Tatsache, dass an der ehemaligen Heine-Schule die Sohle
des Hengstbaches
so tief eingeschnitten ist, dass es sich kaum um einen
natürlichen
Bachlauf handeln kann. Runkel vermutete, dass der Bach vor langer Zeit
umgeleitet worden ist, damit die Niederwiesen (Baierhansenwiesen)
bewässert/ überflutet werden konnten. Es gibt aber
keinen
schriftlichen Beleg für diese Vermutung. Der Bach soll durch
die heutige Ludwigstraße zum Bahnübergang und dann
durch
die
untere Rostadt geflossen sein. Wenn man sich die
Höhenlinien
im Bürger-GIS in diesem Gebiet anschaut, muss man zur Kenntnis
nehmen, dass Runkels Vermutungen sehr plausibel sind. In der Abbildung
rechts wurde der hypothetische Hengstbach-Urlauf vom Mariahall-Weiher
anhand des Höhenlinienverlaufs vom Autor rekonstruiert.
Genug der Spekulationen. Wir sind am Sprendlinger Bahnhof angekommen,
dem Startpunkt unserer Wanderung.
Der Autor hofft, dass der Spaziergang lehrreich
und unterhaltsam war.
Anhang:
Die Rostadt auf Messtischblättern von 1887, 1963 und 2008

Im
Messtischblatt aus dem Jahr 1887 sind keine Grenzen eingetragen. Der
Rossertgraben ist deutlich zu erkennen. An der Brücke
über
den verlängerten Rossertgraben macht die Chaussee einen
deutlichen
Knick. Die Lehmgruben in der Rostadt sind eingezeichnet.


Das
Messtischblatt von 1963 besticht durch eine wunderbare Detailtreue und
Zuverlässigkeit. Wir erkennen z. B. südlich des
Straßenknicks an dem verlängerten Rossertgraben den
Kilometerstein Nr 15. Rolf K. Nieß hat in den 1980er
Jahren einen Kilometerstein mit der Nr. 15 an an der Ostseite der B 3
(alt) etwas
südlich des Parkplatzes zwischen Sprendlingen und Langen im
Wald
gefunden. Er steht jetzt vor der Eingangstreppe des Dreieich-Museums.
Die Grenze verlief noch vom Rosstergraben in einem Bogen zur Chaussee.
Dem Kartenausschnitt aus dem Bürger-GIS ist zu entnehmen, dass
die
Grenze heute einen anderen Verlauf hat. Das Kleingartengelände
gehört jetzt ganz zur Sprendlinger Gemarkung. In den 1960er
Jahren
muss es an dieser Stelle eine Grenzänderung zum Vorteil
Sprendlingens gegeben haben.

Vergleicht
man das Messtischblatt von 2008 mit dem von 1963, dann erkennt man,
dass der Knick in der Chaussee (um 1970) "entschärft" worden
ist.
Der Autor kann sich noch gut daran erinnern, dass einige seiner Freunde
versucht haben, diesen Knick mit getunten Käfern so schnell
wie
nöglich zu passieren.
Zur besseren Vergleichbarkeit der drei Messtischblätter sind
sie
-->hier
auf einer Seite zusammen dargestellt.
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