Die Grenzen und Grenzsteine in der Heusenstammer
Gemarkung
1661 hat Philipp Erwein von
Schönborn die
Herrschaft Heusenstamm käuflich erworben. Diese
umfasste den
Gravenbrucher Wald,
die Heusenstammer Gemarkung sowie die Gemarkungen von
Hausen und Obertshausen. 1741 kaufte Maria Theresia von
Schönborn das ehemalige Kloster Patershausen. 1806 wurde das
Schönborn'sche Gebiet mediatisiert und dem
Fürstentum Isenburg zugeschlagen (das wiederum 1816 vom
Großherzogtum Hessen übernommen wurde). Die
Eigentumsverhältnisse erfuhren keine Veränderung:
Der Gravenbrucher Wald, Patershausen und das Schloss mit dem westlich
angrenzenden Wald ("Forst") blieben im Besitz der Schönborner
Familie.
Heusenstamm war an der Bieber(Bieger)mark beteiligt, einem gemeinsamen
Waldbesitz verschiedener Gemeinden. Die Markgemeinschaft wurde um 1818
aufgelöst und unter den Markgenossen aufgeteilt. Das
Waldgebiet nördlich von Heusenstamm kam in den Besitz von
Bieber, Bürgel und Offenbach. Offenbach erhielt
zusätzlich ein Areal südwestlich von Heusenstamm, die
Offenbacher Hintermark. Heusenstamm erweiterte seine Gemarkung durch
Waldgebiete im Süden und Südosten, die
die Gemarkung Patershausen fast ringförmig
umschließen (Sporken, Martinsee und Heusenstammer
Hintermark). Die Grenzen zu Obertshausen und Rembrücken
wurden neu gezogen. Auch Patershausen erhielt im Osten
Waldgelände aus der Biebermark.Die Gemarkung Wildhof nordwestlich von Heusenstamm war seit dem Mittelalter im Besitz der Deutschordenskommende Frankfurt. Sie war kein Teil der Biebermark. Als der Deutsche Orden 1809 von Napoleon aufgelöst wurde, kam das Gelände in den Besitz des Fürstentums Isenburg und dann 1816 in den des Großherzogtums Hessen. In dieser Zeit muss es einen "Deal" gegeben haben: Die Heusenstammer Gemarkung wurde im Westen durch einen Waldstreifen der Wildhof-Gemarkung erweitert ("Heusenstammer Rüssel"), der eine "Landverbindung" zum Schönbornschen Gravenbruchwald darstellt. Dieses Flurstück heißt heute noch "Deutschherrenwald".
Die Grenzen von 1850 stimmen nur in geringem Ausmaß mit den heutigen Gemarkungsgrenzen überein. Um den komplexen Prozess der Grenzänderungen nachfolgen zu können, sei hier die Situation um 1964 dargestellt:
1900 und 1930 kaufte der Hessische Staat den Fürstlich Isenburger Forst Dreieich. Er wurde gemarkungsmäßig auf Neu-Isenburg, Sprendlingen, Götzenhain, Dietzenbach (und Offenthal) aufgeteilt. 1954 wurden weitere "gemeindefreien" Gemarkungen an benachbarte Gemarkungen aufgeteilt. Der Gravenbruchwald wurde zwischen Neu-Isenburg, Sprendlingen und Heusenstamm aufgeteilt (rote Grenzlinien). Die Gemarkungen Patershausen und Wildhof kamen zu Heusenstamm. Der Besitzer des Wildhofs, die Hessische Hausstiftung, klagte gegen diese Entscheidung und erhielt Recht. Wildhof war 1964 wieder eine unabhängige Gemarkung geworden. Es entwickelte sich in der Folge ein heftiger Streit zwischen der Stadt Offenbach (die den Wildhof von der Hessischen Hausstiftung für 30 Mio DM gekauft hatte) und Heusenstamm um diese Gemarkung, den ich ausführlich in einem Artikel an anderer Stelle auf dieser Website beschreibe. Der Streit wurde schließlich mit einem akzeptablen Kompromiss beendet.
Die neuen Offenbacher Grenzen sind in der Skizze rot eingezeichnet. Ausgangspunkt war eine Teilung der Gemarkung Wildhof entlang der L 3117. Aber dann machte man Nägel mit Köpfen: Das etwas unglückliche Relikt aus der Markwaldteilung, die Offenbacher Hintermark, kam zu Heusenstamm. Dafür erhielt Offenbach einen Teil des Heusenstammer Gravenbruchwaldes und einen Teil des Wildhofes südlich der L 3117. Zusätzlich definierte man die Nordseite der Autobahn A3 zur Nordgrenze von Heusenstamm. Einige kleinere Grenzkorrekturen im Nordosten rundeten den Flächenaustausch ab.
Die Gemarkungszugehörigkeit sagt nichts über die Besitzverhältnisse aus. Nach wie vor sind die Hintermark im Besitz der Stadt Offenbach, ebenso der komplette Wildhof und die Waldgebiete zwischen der ehemaligen Gemarkungsgrenze und der Autobahn A3. Der Gravenbruchwald südlich der L 3117, auf drei Gemarkungen gelegen, gehört der Stadt Frankfurt, die das Gebiet 1978 von den Schönborns kaufte. Patershausen wurde ebenfalls 1978 von der Stadt Heusenstamm gekauft.
1977 wurde im Zug der Gebietsreform Rembrücken von Heusenstamm eingemeindet. Dabei ergab sich das Problem, dass die Straße Heusenstamm - Rembrücken über das Gemarkungsgebiet von Obertshausen verlief. Daraufhin wurde das Waldstück südlich dieser Straße nach Heusenstamm umgemarkt. Es wäre sicher interessant, die damaligen Diskussionen nachzuvollziehen. Mal sehen, was die Archive hergeben.
Ein Grenzsteinspaziergang um die alte Heusenstammer Gemarkung
Ich bin die Grenzen von Heusenstamm im Frühsommer 2017 abgelaufen. Der Bewuchs war schon relativ stark, so dass ich nicht ausschließen kann, Grenzsteine übersehen zu haben. Sehr hilfreich für die Dokumentation der Heusenstammer Grenzsteine waren die Aufzeichnungen von Frau Luise Hubel, die die Grenzen um 2004 begangen und die gefundenen Steine zeichnerisch (und nur teilweise fotografisch) dokumentiert hat.
Man kann den Spaziergang am Naturschutzgebiet Goldberg an der Grenze von Heusenstamm und Obersthausen beginnen. Die Wege folgen der Grenzlinie. Leider konnten nur einige moderne, jedoch keine historischen Steine dort gefunden werden. Sie müssen wohl bewusst entfernt worden sein, denn auf der anderen Seite der Autobahn findet man historische Steine an der Grenze von Bieber und Obertshausen. Nachdem der See im Naturschutzgebiet umrundet wurde, begibt man sich zum nördlichen Ende des Friedhofsparkplatzes (die Grenze verläuft ab dem Goldberg hinter den Häusern parallel zur Frankfurter
Die Gemarkungsgrenze knickt dort nach Süden ab bis zur Isenburger Straße. Auf diesem Abschnitt entspricht die aktuelle Gemarkungsgrenze der historischen. Während die aktuelle Grenze der Isenburger Straße nach Westen bis zur Dietzenbacher Straße folgt (und dort nach Süden abknickt) verlief die historische Grenze ca. 100 m der Isenburger Straße entlang nach Osten, um dann nach Süden abzubiegen. Das Gebiet um die Königsberger und Stettiner Straße ist dicht bebaut, dort gibt es keine Grenzsteine mehr. Wenn man einige Meter nördlich der Kreuzung Dietrich-Bonhoeffer-Straße und Feldbergstraße den Weg am Waldrand Richtung Westen geht, kommt man am Ende dieses Wegs an einen relativ großen, gut erhaltenen Basaltstein, der mit einem "W" (für Wildhof) und "46" beschriftet ist (HEWI 46). Wenige Meter südlich steht ein weiterer Stein mit einem "W" und der Nummer "47". Ein Stein mit der Nummer 48 findet man unter Efeu versteckt ca. 2 Meter östlich des Weges, dort, wo er einen leichten Bogen macht.
Anmerkung 11/2021:
Der Revierleiter des Offenbacher Forstes, Herr Soltysiak, machte mich
auf einen Grenzstein aufmerksam, der schon seit sehr langer Zeit in
einem ehemaligen Offenbacher Forstgarten unter Gerümpel
versteckt
sei. Er lag mit seiner "schönen" Seite nach unten, so dass wir
erst nach dem Anheben mit hydraulischer Hilfe sehen konnten, dass es
sich um einen Grenzstein des Deutschen Ordens handelt: das
Deutschordenskreuz, darüber C F (für Commende
Frankfurt), darunter 1732 und auf der Seite die Zahl 32. Es
stellte sich jetzt die Frage nach dem ursprünglichen
Standplatz:
Wir haben an der Nordwestecke von Heusenstamm den Stein No 15 und
weiter südlich den Stein No 48. Kristof Doffing hat in seinem
Fundus eine historische
Karte des Wildhofgeländes,
in der die Grenzpunkte eingezeichnet sind. Wir können darauf
die
Steine 15 und 48 identifizieren. Man braucht dann nur die Grenzpunkte
abzuzählen, bis man auf Punkt 32 kommt. Christof Doffing
erstellte
zusätzlich eine zoombare Karte mit eine Überlagerung
der
historischen Karte auf die Open Street Map. Somit
erhält man den recht
genauen ehemaligen Standort.
Dieser war glücklicherweise nicht überbaut, sondern lag an einer Wegegablung mit starkem Begängnis. Der Stein wurde von mir aus dem Forstgarten geholt, Mitarbeiter der Firma Burkard säuberten ihn und setzten ihn mit einem Hebewerkzeug am 12.11.2021 an seinen alten Standort zurück. Dr. Krebs, der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins Heusenstamm und ich betonierten im Anschluss daran eine Stele mit einem QR-Code nebendran. Der Text hinter den QR-Code ist -->hier abzurufen. -->Hier ein Bericht aus der Offenbach-Post.
Fortsetzung des Grenzsteinspaziergangs: Am Ende des Wegs wendet man sich nach rechts, überquert die L 3001 und folgt dem Sprendlinger Weg bis zur Alten Babenhäuser Straße, die dort die Grenze zum Gravenbruchwald bildet. Schräg gegenüber der Einmündung steht ein Stein dieser Grenze, der vom Autor dieser Zeilen vor einigen Jahren dort wieder aufgerichtet wurde. Es sind nur wenig Meter bis zum Hainerweg, wo man auf die alte Grenze zur Hintermark trifft.
Da zunächst die Grenzen von 1850 erfahren werden sollen, biegt man in den Hainerweg ein rechterhand findet man im gut sichtbaren Grenzgraben drei Steine. HEHI 10 ist
Da die Grenze von Heusenstamm zu der Patershäuser Gemarkung erkundet werden soll, folgt man dem Patershäuser Weg am Waldrand entlang nach Norden. Der Stein mit der Inschrift "H+B / 1914" an der Abzweigung des Sporkenwegs (blauer Punkt auf der Karte) ist kein Grenzstein, sondern ein Gedenkstein für Hermann Buchal, über den an anderer Stelle dieser Website berichtet wird. Der Buxbaum-Karte der Gemarkung Patershausen ist zu entnehmen, dass die Grenze vorher vom Patershäuser Weg abzweigte und einen Bogen durch das heutige Feld machte, bis sie wieder an der Einmündung eines Wegs auf den jetzigen Waldrand traf. An dieser Stelle am Fuße einer Eiche steht nur wenig aus dem Boden ragend ein unbehauener und unbeschrifteter Grenzstein aus Basalt (PAT 60). Man folgt dem Weg in den Wald hinein und findet an der nächsten Wegbiegung einen weiteren unbearbeiteten hellen Sandstein (PAT 59), ebenfalls nur wenig aus dem Boden schauend. Am nächsten Querweg erkennt man gegenüber der Wegeinmündung den Stein PAT 58. Die alte Grenze folgt jetzt diesem Querweg. Er ist auf der Nordseite -für eine Grenze typisch- mit Eichen bepflanzt. Weitere Grenzsteine konnten dort aber nicht mehr gefunden werden. Man geht zurück zum Stein PAT 60. Auf dem Messtischblatt von 1934 ist dort die Gemarkungsgrenze von Patershausen eingetragen. Demnach muss es zwischen 1850 und 1937 zu einem Grundstückstausch zwischen Heusenstamm und Patershausen gekommen sein.
ist "SSB" zu erkennen; ein seltsames Zeichen ist auf der anderen Seite eingemeißelt. Es ist eine Überlagerung der Buchstaben A, W und H. Eine Retro-Bildsuche dieses Symbols im Internet brachte kein Ergebnis. Der Weg biegt nach gut 300 Metern nach links ab, während die Grenze ohne Wegbegleitung geradeaus
Die Südgrenzen von Heusenstamm
Die Grenzverhältnisse im Süden Heusenstamms sind recht komplex. Sie sollen anhand der Abbildung näher erläutert werden. Die aktuelle Gemarkungsgrenze Heusenstamms ist rot gekennzeichnet. Sie entspricht in weiten Teilen der Nordgrenze Dietzenbachs. Die dort stehenden Grenzsteine wurden bereits in anderen Kapiteln dieser Website behandelt, daher genügt ein Link auf die entsprechenden Seiten. An den Grenzschneisen nördlich des Punktes G bis hoch zur Offenbacher Grenze wurden keine Grenzsteine gesichtet.
| A - B | Grenze
Gravenbruchwald /
Fürstl. Isenburger Wald: 9 Grenzsteine beschrieben in: Steine im Schönborner Gravenbruchwald |
| B - D | Grenze
Hintermark /
Fürstl. Isenburger Wald: 1 (2) Grenzstein(e) beschrieben in: Steine im Schönborner Gravenbruchwald |
| D - E | Grenze
Hintermark /
Rödermark: 4 Grenzsteine beschrieben in: Steine an der Dietzenbacher Verbindungslandwehr |
| E - F | Grenze
Patershausen /
Rödermark: 6 Grenzsteine beschrieben in: Steine an der Rödermark-Biebermark-Grenze |
| F - G | Grenze
Heusenstamm (Biebermark) /
Rödermark: 17 Grenzsteine beschrieben in: Steine an der Rödermark-Biebermark-Grenze |
| C - D | Grenze
Rödermark /
Fürstl. Isenburger Wald: 5 Grenzsteine (ab B 459) beschrieben in: Steine an der Dietzenbacher Verbindungslandwehr |
Weitere Steine (März 2021)
Herr Horst Graf machte mich auf weitere Steine an der Bieberbachaue aufmerksam. Man erreicht sie, wenn man von der Bieberbachbrücke an der ehemaligen Mühle von Renigishausen dem Wiesenpfad nach Norden folgt. Die drei Steine stehen an einem Graben bzw. an einem Abhang mit eindeuteigem Grenzcharakter: Eine Reihe von sehr alten Eichen weist auf diese Grenze hin, die zwei Flurstücke voneinander trennt. Die Gütersteine sind unregelmäßig geformt und tragen keine Inschrift.