Die Grenze zwischen Frankfurt und Offenbach
Für Luise Hubel
August
2019
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Im Kapitel Frankfurt -
Großherzogtum Hessen (F-GH)
beschäftigten wir uns mit der Frankfurter Grenze
nördlich und westlich von Neu-Isenburg. Dieses Kapitel handelt
von der Grenze von Frankfurt mit der Gemarkung Offenbach. Sie trennte
den Stadtwald der freien Reichsstadt von dem Gebiet des
Fürstentum Isenburg, das 1816 vom Großherzogtum
Hessen übernommen wurde. Im
Frankfurter
Institut für Stadtgeschichte befindet sich ein Grenzbegehungsprotokoll
aus dem Jahr 1767 zur Grenze zwischen Frankfurt und dem
Fürstentum
Isenburg (Signatur:
Privilegien Nr. 496). Es beschreibt die Grenze von
Oberrad bis zum (heute nicht mehr existenten) Dreimärker am
Grenzpunkt Frankfurt -
Ysenburg - Hessen Darmstadt. Aus
diesem Dokument
geht hervor, dass die Grenze Frankfurt - Isenburg vor 1767
(wahrscheinlich um 1654) mit insgesamt 128 nummerierten Steinen
versehen worden ist. Im Offenbacher Stadtarchiv existieren noch weitere
Grenzbegehungsprotokolle aus den Jahren 1825 und 1848.
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Diese Grenze verlief
vom Main aus dem damaligen Röderbach entlang bis zum
"Lehensbrückchen" bzw. "Rödersteglein" an der
Chaussee Frankfurt - Offenbach. Dieser Abschnitt war wegen
Überflutung und Eisgang nicht besteint. An der
heutigen Straßenbahnendstation "Stadtgrenze" führt
eine
Brücke über
einen Graben (= Grenzgraben), in der auf der Nordseite der erste
Grenzstein als Brückenschlussstein eingemauert ist. Es handelt
sich sozusagen um einen "hängenden Grenzstein". Er steht unter
Denkmalschutz. Man erkennt
dort recht undeutlich das
Isenburger Wappen auf der linken Seite (Krone und Herzschild
mit
einem Löwen) und einen
Frankfurter Adler (ohne Kopf) auf der rechten Seite.
Zwischen
beiden Wappen erahnt man einen nach unten auf die Grenzlinie weisenden
Pfeil. Das Protokoll sagt aus, dass der Stein 1654 gesetzt und 1749
erneut in
die (erneuerte?) Brücke eingesetzt worden ist. Die heutige
Brücke stammt sicherlich aus dem 20. Jahrhundert. Der Stein
ist auch sehr schön in
Lit. Zorn
abgebildet.
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Die nebenstehende
Abbildung zeigt den Grenzverlauf auf einem modernen Luftbild sowie auf
der
Stadtwaldkarte
von Vogel aus dem Jahr 1781. Es ist daraus ersichtlich, dass
es zu Grenzänderungen im Kaiserlei-Gebiet und weiter
südlich am Monte Scherbelino/Offenbacher Kreuz kam. Die Grenze
verläuft vom Stein Nr. 1 an der Brücke (roter Punkt
oben) durch bebautes Gelände, Tiefgaragen,
Parkplätzen und entlang von Schrebergärten. Auf dem
Pausenhof des Leibnizschule soll sich Stein 17 verstecken). Den
nächsten Stein der Serie findet man südlich
des Taunusrings (Stein Nr. 25). Die Steine stehen zunächst
direkt an den Grundstücksgrenzen der Häuser am
Buchrainweg. Der Grenzweg (Buchlehenweg) wird durch die A 661
unterbrochen, die
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jetzt drei
Grenzpunkte überdeckt. Auf der
Westseite der Autobahn zieht sich die Grenze
zunächst durch
Hecken und Büsche, dann am Waldrand an Kleingärten
vorbei bis
zum Maunzenweiher und umrundet diesen auf der Ostseite. Von hier ab
erkennt man die Grenzlinie an einem deutlich sichtbaren Graben. Sie
kreuzt den Wendelsweg und die Mittelschneise und endet mit dem Stein
Nr. 64 am Fuß der Rampe der gesperrten Brücke
über die Babenhäuser Landstraße. Auf der
südlichen Seite dieser Straße existieren keine
Grenzsteine mehr (Monte Scherbelino/Offenbacher Kreuz). Der
nächste Stein der Serie steht an der Neu-Isenburger
Friedensallee am Grenzpunkt F-GH 100.
Die Besteinung der Frankfurt - Offenbacher Grenze ist sehr
heterogen.
Fast alle der ursprünglichen Steine der Vogel-Karte
wurden nach 1816 ersetzt. Eine Version (Typ 1) besitzt einen
gewölbten
Kopf und besteht aus Rotliegendem. Sie sind beschriftet mit
SF (+Nummer) und
GH (+Nummer). SF und
F bedeuten Stadt Frankfurt bzw. Frankfurt, GH Großherzogtum
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Hessen. Die
andere Version (Typ 2) hat einen geraden Kopf (24 x 24 cm), besteht aus
Granit und ist mit
F
und
GHbeschriftet
(ohne Nummer). Dann gibt es noch
unregelmäßige Granitsteine, die meist herausliegen
(Typ 3).
Manche von ihnen weisen eine Nummer auf. Mit einem Klick auf die
nebenstehende Abbildung kann eine Übersicht der von Luise
Hubel
abgebildeten Grenzsteine aufgerufen werden.
Die Grenze wurde Anfang der 2010er Jahre von Frau Luise Hubel,
einer pensionierten
Lehrerin aus Offenbach dokumentiert. Ihr maschinengeschriebenes
Konvolut ist im Offenbacher Stadtarchiv unter der Signatur
H49/2 einzusehen. Sie war eine penible Zeichnerin; ihre Abbildungen von
Grenzsteinen sind meist um ein Vielfaches deutlicher als meine
Fotografien. Sie hatte mir um 2014 ihre Unterlagen zum Kopieren
überlassen. Ich nutze hier einige ihrer Zeichnungen.
Hier ist eine
GPX-Datei
und eine
KML-Datei
abrufbar. Sie enthalten alle
Koordinaten der beschriebenen Steine, sowie die der
Grenzpunkte
der von Luise Hubel dokumentierten, aber von mir nicht aufgefundenen
Grenzsteine. Eine
Übersichtstabelle
ist hier abrufbar. Einen Ausdruck dieser Website kann man wie
üblich durch einen Mausklick rechts --> Drucken
erzeugen.
Der
Grenzsteinspaziergang Teil 1
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Aus praktischen Gründen
beginnen wir unsere Tour am nördlichen Parkplatz der
Ausfahrt Monte Scherbelino, durchqueren das Tor und wenden uns an der
nächsten Kreuzung nach rechts. Nach gut 600 m kommen wir an
die Deisfeldschneise, deren Weiterführung nach Süden
(rechts) verspert ist. Der Förster mag's verzeihen,
dass wir trotzdem den aufgelassenen Weg zu der gesperrten
Brücke über die Babenhäuser
Landstraße entlanggehen. Rechts des Fußes der
Rampenauffahrt finden wir den ersten
Stein Nr. 64
mit der Beschriftung SF 64 / GH 64 (Typ 1). 75 m nordwestlich davon
steht der
Stein
Nr. 63, beschriftet mit F / GH (Typ 2). Daneben liegt ein
großer nur grob behauener
Stein mit der
Inschrift 63. Bei der Neubesteinung der Grenze nach 1816
blieb der alte Stein neben seinem Nachfolger liegen. Der
nächste
Stein
Nr. 62 steht wenige Meter südlich der in Karten mit
"F4" bezeichneten Schneise auf einem Hügelgrab.
Er ist gewölbt und auf beiden Seiten mit 62 markiert
(kein SF und kein GH). Die Grenze überquert jetzt die
Schneise. Sie ist gut an einem Graben zu erkennen, dem ein Pfad
parallel entlang läuft. Ca. 40 m vom Weg entfernt entdeckt man
am Graben
Stein
Nr. 61 (Typ 2). Der nächste
Grenzpunkt Nr. 60
an der Klepperschneise birgt eine Überraschung: nicht weniger
als fünf große nur grob behauenen Steine liegen dort
verstreut. Nummern waren nicht zu erkennen. Ob man die alten
Grenzsteine an dieser Stelle entsorgt hat? Weiter geht es zum
Grenzpunkt Nr. 59,
auf dem ein moderner,
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weißgestichener
Grenzstein (mit einer Kreuzmarkierung auf dem Kopf) steht.
Östlich des Wegs findet man einen alten,
quaderförmigen,
unbeschrifteten
Grenzstein. Der nächste
Stein Nr. 58
vom Typ 2 ist schräg in den Wall
hineingedrückt. Am stark vermoosten
Stein Nr. 57
(Typ 2) zweigt die Grenzlinie - deutlich am Graben erkennbar - vom Weg
ab. Wir folgen den Pfaden nach Norden und versuchen dabei,
möglichst dicht am Graben zu bleiben. Wir kommen dann zum
Stein Nr. 56,
der auf der Westseite des Grabens steht. Er ist
unregelmäßig behauen und ist auf beiden Seiten mit
56 gekennzeichnet. Seltsamerweise liegt im Graben ein ca. 1 m langer
grob behauener
Stein
mit der Inschrift GH. Diese Inschrift stammt nach 1816; der
Stein ist sicherlich erheblich älter. Kurz vor den Zuweg zum
Maunzenweiher steht dann sehr schön
Stein Nr. 55
vom Typ 1. Der Stein Nr. 54 (s. Abb. rechts), ebenfalls Typ 1, befindet
sich am
Fuße des Staudamms des Maunzenweihers, noch östlich
des Abflusses.
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Auf der anderen Seite
des Bachlaufs steht ein weiterer, stark bemooster gewölbter
Stein in einem recht feuchten Gebiet. Er ist auf der Ostseite
mit "F
D O" beschriftet. Dieser
Stein steht zwischen den Grenzpunkten 54 und 53, fällt also
aus der Reihe. Die Erklärung: Der Wald östlich der
bisher beschriebenen Grenze gehörte früher zur
Gemarkung "Forst Offenbach" des Fürstlich Isenburgischen
Domanialwaldes. Die Grenze dieses Domanialwaldes zur Feldgemarkung
Offenbach war ebenfalls besteint. Der Stein 53a war demnach ein
Dreimärker am Berührungspunkt der Feldgemarkung
Offenbach, des Isenburgischen Domanialwaldes und des Frankfurter
Stadtwaldes. F
D O bedeutet
wohl "Fürstliches Dorf Offenbach".
Der
Stein
Nr. 53 (Typ 1) findet man unübersehbar auf der
Nordseite des Maunzenweiher-Damms. Ca. 10 m weiter
nördlich liegt schräg im Boden steckend ein
weiterer unbeschrifteter
quaderförmiger
Stein aus Rotliegendem, der an den Ecken stark
beschädigt ist. Die Bruchstellen sind neu. Interessanterweise
erkennt man an
seinem
Kopf eine Vertiefung, in der ein mit Blei
befestigter abgetrennter Eisenstab steckt. Es handelt sich demnach
nicht um einen Grenzstein, sondern um einen Sockel, auf dem ein
Eisenstab senkrecht stand, an dem wohl etwas befestigt war.
Wer glaubt, bisher genügend Grenzsteine gesehen zu
haben, kann sehr kommod auf dem Steinweg bzw. dem Klepperweg zum
Ausgangspunkt zurückkehren.
Der
Grenzsteinspaziergang Teil 2

Die Grenze verläuft ab dem
Stein 53 zwischen dem Rand des Frankfurter Stadtwaldes und einem
Offenbacher Kleingartengelände Richtung Nord-Nordost. Hier
existieren zwei parallele Wege, der Weiherweg auf Frankfurter Gebiet
und der Zugangsweg zu den Kleingärten auf Offenbacher Gebiet,
auf dessen Westseite die Grenze verläuft. Der
Streifen zwischen den Wegen wird leider als Deponie
für Gartenabfälle genutzt. Auf der Karte links sind
die von mir aufgefundenen Steine rot markiert. Die blau markierten
wurden von Luise Hubel beschrieben, konnten von mir nicht gefunden
werden.
Vom
Stein Nr. 52
ist nur der Kopf an der westlichen Seite des Wegs zu erkennen. Auch vom
Stein
Nr. 51
ist nur der gewölbte Kopf zu sehen. Auch hier
wurde auf das Aufgraben verzichtet. Nach Luise Hubel ist es ein Stein
vom Typ 1. Der Grenzpunkt Nr. 50 liegt in dichtem
Brombeergebüch und abgelegten Ästen. Der
dazugehörige
Stein konnte von mir leider nicht gefunden werden. Nur mit Hilfe des
GPS-Gerätes wurde der
Stein
Nr. 47
(Typ 1) ausfindig gemacht. Zwischen Punkt 50 und 47 muss es irgendwann
eine Begradigung gegeben haben: dazwischen existieren heute
keine
aktuellen Grenzpunkte. mehr. Stein Nr. 46 sollte nach Luise Hubel im
Weg
platziert sein und 6 cm
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aus dem Boden
schauen. Es war nicht möglich, ihn zu finden. Er
dürfte wohl nicht mehr vorhanden sein. Über dem
Grenzpunkt von Stein Nr. 45 hat ein Kleingärtner einen
großen Komposthaufen errichtet.
Stein Nr. 44
(Typ 2) findet man etwas südlich der Einmündung der
Hügelschneise in die Weiherschneise. Er ist mit einem roten
Kreuz markiert. Der letzte
Stein Nr. 43
(Typ 2) dieses Abschnitts ist wiederum interessant. Zum einen wird er
von einer Baumwurzel so fst umschlungen, dass bereits Risse
zu
sehen sind, zum anderen liegt dicht dabei ein
grob behauener Stein von 110 cm Länge (s. Abb. rechts). Die
Oberseite ist
unbeschriftet. Man hat sich also hier nicht die Mühe gemacht,
bei der Neubesteinung die alten Steine zu entsorgen.
Den von Luise Hubel beschriebene Stein Nr. 42 ("am flachen Wall im
Gestrüpp") konnte ich leider nicht finden. Der flache Wall ist
mit
Gartenabfällen bedeckt.
Um die Grenzline
auf der anderen Seite der Autbahn weiter zu verfolgen, müssen
wir zurück, um
über die Sprendlinger Landstraße in die
Merianstraße zu kommen.
Der
Grenzsteinspaziergang Teil 3
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
Um an die Grenzlinie
östlich der Autobahn zu gelangen, müssen wir uns an
das Ende der Merianstraße in Offenbach begeben. Wir laufen
auf dem Pfad nach links Richtung Süden bis wir
an einen bemerkenswerten Stein aus Basalt kommen. Sein Kopf
erscheint abgeschlagen, die Seitenteile sind mehr oder weniger
geglättet. auf der Westseite ist eine Höhenmarke
angebracht.
Die
Angabe 129,283 ist nach einer Höhenlinien-
Abschätzung offensichtlich korrekt. Der Stein steht auf der
Grenze, allerdings nicht auf einem der durchnummerierten Punkte. Nach
der ALKIS-Karte befindet sich Grenzpunkt 38 ca. 50 m südlich
von diesem Stein, direkt an der
Autobahnböschung. Luise Hubel hat 2005 dort einen
herausliegenden Stein Typ 3 mit der Inschrift 38 beschrieben, den ich
leider nicht unter den abgelagerten Gartenabfällen finden
konnte. Dicht daneben steht im Gebüsch ein rot markierter
ST-Stein der Straßenbaubehörde. Wir gehen
zurück. Ca. 75 m nördlich des Steins mit der
Höhenmarke schaut der Kopf des
Steins Nr. 37
nur wenig aus dem Boden heraus. Da er von Luise Hubel nicht
beschrieben worden war, wurde er
freigelegt
und als Typ 1 Stein charakterisiert. Der Grenzpunkt 36 ist mit einem
modernen Granitstein mit Zentrierloch markiert. Er befindet sich mitten
im Weg, nur gut 50 m nördlich von Stein 37. Wir gehen weiter
nach Norden an den Gartenzäunen entlang. Bis zum Weg "Am
Teller", der per Brücke über die Autobahn
führt, gibt es an den beiden
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Grenzpunkten keine
Steine mehr. Wenige Meter nördlich dieser für den
Kraftfahrzeugverkehr gesperrten Straße ist der
nächste Grenzpunkt (Nr. 31) ist mit einem modernen Granitstein
markiert. Die Nummerierung der Grenzpunkte ist ab hier etwas
willkürlich. Der nächste Grenzstein fällt
aus der Reihe. Er steht ca. 20 m nördlich von Grenzpunkt Nr.
31, etwa 1 m vom Gartenzaun (= Grenze) entfernt (s. Abb. rechts). Der
unbeschriftete Stein hat eine ungefähre
dreieckige
Grundfläche und

weist eine
Höhe von 42 cm auf. Die Basis ist zwischen 28 und 38 cm breit.
Er steht nicht auf einem modernen Grenzpunkt. Am nächsten
Grenzpunkt steht ordentlich der
Stein
Nr. 30 vom
Typ 2, etwas schief, direkt im Zaun. Den nächsten
Stein Nr. 29 hat
man ziemlich malträtiert: Die Rückseite wurde bei der
Anlage des Zaunfundamentes einfach abgeschlagen. Die Beschriftung ist
schwer zu erkennen; es handelt sich wahrscheinlich um eine
29. Dem letzen
Stein
Nr. 28 unserer Grenzlinie (Typ 2) erging es kaum besser. Er
wurde zur
Hälfte in die Schwelle einer Gartentür
einbetoniert (s. Abb. links). Von hier aus können wir wieder
zum Ausgangspunkt (evtl. auch über die
Buchrainstraße) zum Ausgangspunkt zurücklaufen. Auf
der Nordseite des Taunusrings habe ich bei der Begehung der
zugänglichen Grenzabschntte keine historischen Grenzsteine
gefunden. Luise Hubel hatte damals noch einen weiteren Stein
Nr. 17 im Pausenhof
der Leibniz-Schule dokumentiert, den ich allerdings nicht finden
konnte.
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